Radikaler Umbau: Kann die Deutsche Bank das überleben?
Deutschlands größtes Geldhaus steht vor einem dramatischen Wandel. Er kommt womöglich zu spät. Ein Kommentar.
Die Deutsche Bank – steht sie vor dem Aus und weiß es nur noch nicht? Oder weiß sie es und sagt es nur noch nicht, weil sie sich für eine Übernahme aufhübschen will? Das ist mehr als möglich. Ihr Radikalumbau kann auch weitergehende radikale Folgen haben.
Der inzwischen nicht mehr ganz so neue Chef, Christian Sewing, hat ja schon damit begonnen, Mitarbeiter abzubauen, wie es beschönigend heißt. Unter Tränen packen die ersten in NYC und London ihre Sachen. Mehr als 18.000 werden am Ende verabschiedet worden sein, in aller Welt, das ist ein Fünftel aller Deutschbanker. Und die Zeit drängt, der Aktienkurs zeigt es.
Zu den Irritationen dieser Tage gehört, dass die drei geschassten Vorstände Frank Strauß (Privatkunden), Sylvie Matherat (Regulierung) und Garth Ritchie (Investmentbanking) mit properen Abstandszahlungen rechnen können, insgesamt 26 Millionen Euro. Das wird angesichts der Vorhersage, dass die Bank absehbar nicht nur keine Gewinne machen, sondern Milliardenkosten produzieren wird, den einfachen Mitarbeitern und nicht zuletzt den Kunden wie eine Provokation vorkommen. (Der Verweis aufs Arbeitsrecht und gültige Verträge zieht da vermutlich nur bedingt zur Besänftigung.)
Aber hier geht es weniger um die Ästhetik des Auftritts dieser Tage. Wichtiger ist die Frage: Kann die Deutsche Bank das Ganze überleben? Zweifel sind deshalb aufgetaucht, weil die Gewinne in der Zukunft auch erst noch gemacht werden müssen. Was schwierig wird.
Der Markt, auf den die Deutsche Bank zurückkehren will, ist verteilt
Im Kreditgeschäft, eher traditionell, sind die Zinsen am Boden, nämlich bei null. Da ist kein Geschäft drin. Dazu ist der Heimatmarkt, auf den die Deutsche Bank zurückkehren will, weitgehend verteilt. Da muss sie aber unbedingt mit Macht hinein, um auf dem großen Markt überhaupt interessant zu sein: für den Kunden - oder einen (europäischen) Konkurrenten, der sie aus diesem Grund übernimmt.
Die Bank hat eben lange, wie sie jetzt weiß zu lange, aufs Investmentbanking gesetzt. Und zum Schluss ohne großen Erfolg. Der Handel in dem Sektor ist nur noch existenzbedrohend.
Deutschlands größtes Geldhaus ist ein Übernahmekandidat
So ist die Deutsche Bank also ein Übernahmekandidat. Ihr geht es schon schlecht – und dabei werden die Konjunkturaussichten erst noch trüb. Man kann sich vorstellen, was dann los ist… Bei weiteren Verlusten und einem durchsackenden Aktienkurs kann die Deutsche Bank allein nicht mehr bestehen. Wenn es diese Bank erwischt, ausgerechnet, mit diesem Namen, wird das ein schlechtes Zeichen für den Standort D.
Insofern hatte Vizekanzler Olaf Scholz schon die richtige Idee, die Deutsche Bank durch Fusion mit der Commerzbank (immerhin gestützt von staatlicher Hand) für die Zukunft abzusichern. Aber die beiden wollten ja partout nicht. Dieser Fehler wird sich noch als einer herausstellen.
Kluge Köpfe stellen in dem Zusammenhang doch schon die Frage: Ist Deutschland völlig overbanked? Denn seit Jahrzehnten werden die Sparkassen politisch protegiert, und fünf Landesbanken, sehr umstritten, gibt es auch immer noch. Heißt: Eine hochpolitische Frage – die politisch mal beantwortet werden müsste.
Das Thema ist somit nicht nur die Zukunft der Deutschen Bank, schon schwierig genug, sondern die der deutschen Banken.
Stephan-Andreas Casdorff