Blackrock: Ein Geldkonzern auf dem Weg zur globalen Vorherrschaft
Er verwaltet die Ersparnisse von Millionen Anlegern, ist Europas größter Aktionär – und seine langen Arme reichen bis in Regierungen. Wie der Finanzkonzern Blackrock zum mächtigsten Unternehmen der Welt wurde.
Den 16. Januar 2018 werden viele Top-Manager so schnell nicht vergessen. An diesem Tag erhielten die Chefs fast aller Weltkonzerne in Europa und Amerika den gleichen Brief. Und der Absender aus New York schrieb in einem Ton, den die Mächtigen der globalen Wirtschaft nicht gewohnt sind.
Die „Besitzer von Kapital haben seit der Finanzkrise enorme Gewinne eingestrichen“, und „gleichzeitig müssen viele Menschen mit geringem Lohnwachstum und unzureichender Altersvorsorge leben“, hieß es darin. „Diese Trends sind die wesentliche Ursache für die Angst und die Polarisierung, die wir in der ganzen Welt beobachten“, beklagte der Autor und forderte radikale Veränderungen. Der „finanzielle Erfolg“ reiche nicht mehr, um Unternehmen zu erhalten. Vielmehr sollten sie auch „einen sozialen Zweck“ erfüllen, schrieb er. Sie müssten „allen einen Nutzen bringen, Ihren Aktionären genauso wie Ihren Angestellten und Kunden. Andernfalls würden sie „Ihre Existenzberechtigung verlieren. Wir werden die Verantwortung wahrnehmen, diesen Wandel voranzutreiben“, kündigte der Briefeschreiber an.
Sozialer Zweck, Nutzen für alle, und das gleich für Tausende von Unternehmen – das klingt nach einem idealistischen Weltverbesserer mit Größenwahn. Aber der Eindruck täuscht. Der Brief kam von einem der mächtigsten Männer der Weltwirtschaft: Laurence Fink, Chief Executive Officer von Blackrock, dem größten Finanzkonglomerat der Welt. Fink und seine Manager verwalten 6300 Milliarden Dollar Anlagekapital. Damit ist der Konzern an mehr als 17 000 Unternehmen beteiligt und bei allen börsennotierten Weltkonzernen aus Europa und den USA einflussreicher Großaktionär (siehe Karte). Zugleich ist er eng vernetzt mit Regierungen, Behörden, Banken und Versicherungen .
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Blackrock - Europas größter Aktionär
Die Karte zeigt die jeweils 50 größten Beteiligungen an Aktiengesellschaften
Sollten Sie auf Ihrem Gerät Darstellungsprobleme mit der Karte haben, finden Sie hier eine Vollbildversion. Der Aktienbesitz, den der Blackrock-Konzern im Namen seiner Kunden verwaltet, ist über zahlreiche Tochtergesellschaften in aller Welt verteilt. Investigate Europe hat mit Hilfe des Forscherteams „corpnet“ der Universität Amsterdam die jeweiligen Anteile über die Datenbank Thomson One ermittelt und sie auf dem Stand vom 3. März 2018 für jedes betroffene Unternehmen als Summe zusammengefasst. Die so ermittelten Anteile in Prozent am Gesamtbestand der Aktien der jeweiligen Firmen sind in manchen Fällen größer als die von Blackrock offiziell mitgeteilten Stimmrechtsanteile. Blackrock lehnte eine Stellungnahme zu diesen Daten ab. Datenrecherche: Crina Boros und Thomas Bollen. Karte: David Meidinger (Google News Lab Fellow Tagesspiegel) und Hendrik Lehmann.
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Kein Blackrock-Manager wollte sich kritischen Fragen stellen
Welche Konsequenzen hat diese Macht für Europas Unternehmen und ihre Arbeitnehmer? Wie setzen die Verantwortlichen des Konzerns sie ein? Und verbessert Blackrock tatsächlich die Welt, wie es Fink in seinem Schreiben verspricht? Diesen Fragen ist das Team von Investigate Europe gemeinsam mit der niederländischen Rechercheplattform „Follow the money“ europaweit nachgegangen. Kein Blackrock-Manager war bereit, sich kritischen Fragen zu stellen. Auch die eigens angeforderten schriftlichen Fragen blieben ohne Antwort. Dagegen zeichneten Ökonomen, Politiker, Banker, Manager und frühere Blackrock-Mitarbeiter im Gespräch mit den Reportern das Bild eines einzigartigen Unternehmens, wie es das noch nie gab:
Blackrock, der globale Geldriese mit Kunden in 100 Ländern
- untergräbt als allgegenwärtiger Großaktionär den marktwirtschaftlichen Wettbewerb; - arbeitet so eng mit Aufsichtsbehörden und Regierungen zusammen, dass die Grenzen zwischen privatem Kapital und dem Staat verschwimmen; - treibt die Privatisierung der Altersvorsorge voran, um Sparkapital in seine Fonds zu lenken; - und verfügt über ein starkes Netzwerk politischer Verbindungen, das einer möglichen Regulierung entgegensteht.
Blackrock „steht für eine extreme Konzentration wirtschaftlicher Macht in den Händen weniger, die werden sie nutzen“, konstatiert der Politikwissenschaftler Elke Heemkerk von der Universität Amsterdam, der mit dem Forscherteam „Corpnet“ die Strukturen der globalisierten Ökonomie analysiert. „Die schiere Größe von Blackrock erzeugt eine Marktmacht, die kein Staat mehr kontrollieren kann“, fürchtet auch der FDP-Bundestagsabgeordnete Michael Theurer, der als langjähriger EU-Parlamentarier Erfahrungen mit dem Wirken des Geldriesen machte. „Larry“ Fink, wie er gemeinhin genannt wird, habe „den besten Weg zur globalen Vorherrschaft“ gefunden, urteilte jüngst auch das britische Magazin „Economist“.
Im privaten Gespräch drücken Branchenkenner es meist bildhafter aus: Der Konzern sei „eine Krake, die ihre Arme überall hat“, sagt ein früherer Top-Manager der Deutschen Bank. Noch vor zehn Jahren war die Reichweite der Krake gering. Blackrock war nur ein Vermögensverwalter unter vielen. Allerdings hatte deren Gründer und Manager eine starke Vision und einen großen Plan.
Fink gibt sich gern wie ein Durchschnittsbürger
Das merkt ihm zunächst niemand an. Fink, 65, ein großer Mann mit Brille und Bauchansatz, gibt sich gern wie ein Durchschnittsbürger. Wenn er über seinen Konzern spricht, formen die schmalen Lippen oft ein ironisches Lächeln, gerade so als wundere er sich noch immer über seinen Aufstieg vom Sohn eines kleinen Einzelhändlers zum mächtigsten Mann der Wall Street. Dort gilt er heute als der erfolgreiche Macher, den nichts erschüttern kann. Als junger Mann aber war ihm ein schwerer Fehler unterlaufen. Bei einer Investmentbank verspielte er mit nur einem Deal 100 Millionen Dollar und verlor seinen Job. Das, so erzählt es Fink, sei der Ursprung des späteren Erfolgs. Die strenge Kontrolle des Risikos bei Kapitalanlagen wurde seine „Obsession“, wie ein früherer Mitarbeiter berichtet. Als er gemeinsam mit sieben Partnern 1994 seine eigene Firma gründete, sollte der Name höchste Sicherheit suggerieren. Doch statt eines Felsens entstand ein Organismus, dessen Fangarme sich weltweit ausbreiten.
Blackrock - der größte Gewinner der Finanzkrise
Dafür setzte Fink vor allem auf den Kauf von Wettbewerbern. Gleichwohl hatte die Firma auch nach 14 Jahren gerade mal ein Sechstel der heutigen Größe erreicht. Jenseits der Finanzbranche war sie weitgehend unbekannt. Erst mit der Krise im Frühjahr 2008 änderte sich das radikal.
Die Mächtigen der Finanzwelt saßen auf Bergen unverkäuflicher Wertpapiere im Nennwert von vielen hundert Milliarden Dollar und wussten nicht, wie sie damit umgehen sollten. Für Fink und seine Partner die Chance ihres Lebens. Sie hatten ein computergestütztes System für die Analyse großer Portfolios entwickelt. Damit wussten sie Rat für den Umgang mit den „toxischen“ Konstrukten der Banken. „Aladdin“ nannten sie ihr Programm, vermeintlich nur ein Akronym, aber eines mit dem Klang der Magie, nach der die gescheiterten Hasardeure der Wall Street so dringend suchten. JP Morgan, die Schweizer UBS, der Versicherungskonzern AIG, ein Geldhaus nach dem anderen heuerte die Blackrock-Berater und ihren Aladdin an, um aufzuräumen.
Am 18. März 2008 schließlich meldete sich der prominenteste aller Kunden: die US-Zentralbank Federal Reserve. Über Nacht hatte die „Fed“ die faulen Wertpapiere der insolventen Investmentbank Bear Stearns übernommen, und Timothy Geithner, damals noch Chef der Aufsicht und späterer Finanzminister, engagierte Blackrock für die Abwicklung.
Über Nacht verdoppelte sich das verwaltete Vermögen
Das öffnete dem Unternehmen eine neue Dimension. Bald darauf entwarfen Finks Experten für das Finanzministerium den Plan für den Bankenrettungsfonds TARP, verwalteten die faulen Papiere von Citibank und AIG und prüften die Billionen-Portfolios der staatseigenen Hypothekenversicherer Fannie Mae und Freddy Mac. Blackrock wurde de facto die operative Abteilung der Regierung für das Krisenmanagement.
Ein Jahr später folgte der entscheidende Coup. Die britische Großbank Barclays war angeschlagen und musste ihr Fondsgeschäft verkaufen. Fink schlug zu, und Blackrock übernahm im Juni 2009 die erfolgreiche Barclays Investment Group (BIG) – ein sagenhafter Deal. Über Nacht verdoppelte sich das verwaltete Vermögen und mit der übernommenen Marke „iShares“ wurde Blackrock zum führenden Anbieter für das wichtigste Finanzprodukt der Zukunft: börsengehandelte Indexfonds, kurz ETFs genannt.
Die Idee dahinter ist einfach. Anders als bei klassischen Investmentfonds gibt es keine teuren Experten, die aktiv einzelne Wertpapiere für ihren Kunden kaufen. Stattdessen erwerben die Anleger mit ihren Fondsanteilen indirekt gleich alle Aktien, die in einem Index wie dem deutschen Dax 30 oder dem amerikanischen S&P 500 und vielen weiteren gelistet sind. Der Wert dieser Fondsanteile folgt stets dem Wert des gesamten Index. Wann immer ein Anleger Anteile kauft, zeichnet der Fondsverwalter für die gleiche Summe die zu Grunde liegenden Wertpapiere. Steigt der Dax, steigt so auch der zugehörige Fondswert; fällt er, dann verlieren auch die Anleger.
Das ist für jedermann leicht verständlich, und es ist billig, alle Prozesse laufen automatisiert. Wer seine Anteile wieder verkaufen will, kann auch das elektronisch über die Börse bequem am eigenen Rechner erledigen. Die Anleger müssen daher für diese „passive“ Kapitalanlage, wie es im Finanzjargon heißt, zumeist nur 0,2 Prozent der Anlage als Gebühren abführen. Das Konzept ist schon alt, richtig populär wurde es aber erst nach dem Crash, als vom Kleinanleger bis zum Versicherungskonzern die ganze Welt nach einfachen Geldanlagen suchte. Längst bieten alle großen Finanzhäuser entsprechende Fonds, aber keines ist dabei so erfolgreich wie Blackrock. Allein in den iShare-Fonds sind schon 1,8 Billionen Dollar angelegt. Millionen von Sparern sind damit Kunden bei Blackrock, ohne es zu wissen. Gleichzeitig verwaltet der größte aller Geldriesen auch für Hunderte Stiftungen und Pensionsfonds weitere 2,3 Billionen Dollar nach dem Index-Prinzip. Und der Trend ist ungebrochen. Im vergangen Jahr flossen Blackrock weitere 300 Milliarden Dollar zu.
Eine noch nie dagewesene Macht
Blackrock-Vizechefin Barbara Novick, Finks Geschäftspartnerin der ersten Stunde, beschreibt diesen Erfolg als „Demokratisierung“ der Aktienanlage, weil ein jeder auch mit kleinen Summen einsteigen könne. Doch dieser Prozess verändert zugleich fundamental die Struktur der westlichen Marktwirtschaften. Je größer das Volumen des „passiv“ verwalteten Kapitals wird, um so mehr konzentriert sich der Aktienbesitz bei einigen wenigen Fondsverwaltern. Neben Blackrock operieren auch die US-Finanzfirmen Vanguard und State Street schon im Billionen-Dollar-Bereich. Die großen Drei, wie sie in der Branche genannt werden, halten ihre Aktienvermögen zwar nur im Auftrag ihrer Kunden. Aber das damit verbundene Stimmrecht als Aktionär erzeugt eine noch nie dagewesene potenzielle Macht.
Nach Berechnung des Forschungsteams Corpnet von der Universität Amsterdam stellen die „Big Three“ bereits bei 88 Prozent der 500 führenden US-Konzerne den größten Aktionär. Faktisch seien sie nun deren „permanentes Leitungsgremium“, konstatieren die Corpnet-Forscher. Das gleiche Muster ergibt sich in Europa. Allein bei den 30 Dax-Konzernen, so zeigt die Datenbank „Thomson One“ des Informationsdienstes Thomson Reuters, hält Blackrock Aktien im Wert von mehr als 90 Milliarden Euro oder rund acht Prozent des Gesamtkapitals und stellt einen der größten drei Aktionäre. In den anderen großen EU-Staaten ist es ähnlich (siehe Karte).
Blackrock ist auch eine politische Macht
So sind die Geldkonzerne nicht nur maßgebliche Eigentümer einzelner Unternehmen, sondern ganzer Branchen. Egal ob in der Luftfahrt- oder der Computer-Industrie, im Pharmavertrieb oder bei Elektrogeräten, in vielen Sektoren haben nun alle wichtigen Anbieter dieselben Aktionäre. Auch die fünf US-Großbanken stehen indirekt unter Kontrolle der neuen Geldriesen.
In Europa hat vor allem Blackrock die Fangarme weit ausgedehnt. Dort ist der Fink-Konzern schon beim britischen Bankriesen HSBC, den spanischen Banken Bilbao und Santander, der italienischen Banco Intesa und der Deutschen Bank größter oder zweitgrößter Aktionär. In der Chemieindustrie sitzt Blackrock sogar transatlantisch auf allen Seiten. Bei Bayer und Monsanto, BASF und DowDuPont, beim Gase-Hersteller Linde ebenso wie bei dessen US-Konkurrent Praxair zählt der Konzern zu den führenden Aktionären. Trotzdem haben die Kartellbehörden diese schleichende Konzentration lange nicht wahrgenommen.
Das änderte sich erst, als der junge deutsche Ökonom Martin Schmalz von der US-Universität Michigan gemeinsam mit zwei Kollegen im Jahr 2016 eine spektakuläre Untersuchung veröffentlichte. Diese baute auf eine einfache, aber logische Hypothese: Die gemeinsamen Eigentümer von Firmen derselben Branche haben nichts davon, wenn sich ihre Unternehmen gegenseitig unterbieten. Der Wert ihres gesamten Portfolios bleibt im besten Fall gleich, wenn eine Firma auf Kosten einer anderen an Umsatz gewinnt. Wenn im Preiswettbewerb die Gewinne schrumpfen, sinkt er sogar. Ohne harte Konkurrenz dagegen können alle Unternehmen gemeinsam auf Kosten der Verbraucher den Gewinn steigern und ihr Wert legt zu. „In der Theorie war das Problem lange bekannt“, erinnert sich Schmalz, „aber niemand hatte das untersucht, es gab keinen empirischen Beleg."
Darum analysierten er und zwei Kollegen die US-Luftfahrtindustrie, wo das Phänomen am weitesten fortgeschritten ist. Bei allen vier großen Fluggesellschaften stellten Blackrock und Vanguard zwei der vier größten Aktionäre, und prompt wurden die Forscher fündig. Sie wiesen nach, dass die Kunden bis zu zehn Prozent höhere Preise zahlen müssen, als es bei dem früher üblichen harten Wettbewerb zu erwarten gewesen wäre. Ein ähnliches Resultat ergab sich für die Bankbranche. Je höher die Eigentümerkonzentration in einer Region war, umso höher waren die Kontogebühren und umso weniger Zins erhielten die Kunden.
"Die größte Bedrohung des freien Wettbewerbs unserer Zeit"
Die Studien schreckten Fachleute und Behörden auf wie ein Feueralarm bei Nacht. Seitdem formiert sich eine ungewöhnliche Allianz: Traditionelle, marktliberale Ökonomen und Juristen machen Front gegen die neuen Billionen-Herrscher der Finanzsphäre. Professor Einer Elhauge zum Beispiel, Wettbewerbsexperte an der Universität Harvard, warnt, „der horizontale Aktienbesitz“ über ganze Branchen hinweg sei „die größte Bedrohung des freien Wettbewerbs unserer Zeit“. Diese Entwicklung erkläre auch „die Lücke zwischen Gewinnen und Investitionen“ und „die wachsende wirtschaftliche Ungleichheit“. Die deutsche Monopolkommission setzte prompt eine eigene Untersuchung an. Es gebe gebe „ein wesentliches wettbewerbsverzerrendes Potenzial durch indirekte Horizontalbeteiligungen zwischen Portfoliounternehmen desselben Wirtschaftsbereichs über institutionelle Investoren“ schrieben die Kartellexperten in ihr Gutachten für die Bundesregierung. Die OECD, bei der die Wohlstandsstaaten ihre Wirtschaftspolitik koordinieren, lud vergangen Dezember eigens zu einer internationalen Anhörung zum Thema nach Paris.
Zuletzt meldete auch die EU-Kommission Bedenken an. Es sei „zunehmend üblich, dass dieselben Investoren Aktien verschiedener Unternehmen derselben Branche halten“, erklärte EU-Kommissarin Margrethe Vestager, Chefin der EU-Kartellaufsicht. „Für diese ist Wettbewerb nicht so attraktiv“, bemerkte die streitbare Dänin spitz. Ihre Behörde hat darum eine ausführliche Studie über die Folgen in der EU in Auftrag gegeben, bestätigte die Behörde gegenüber Investigate Europe.
Dafür könnte sich Vestager auch in Amerika Rat holen. Die Ökonomin Fiona Scott Morton, heute Professorin in Yale, war jahrelang Staatsanwältin in der Kartell-Abteilung des US-Justizministeriums und hält die Zähmung der Geldverwalter „für die wichtigste Aufgabe der Kartell-Abwehr.“ Darum forderte sie, die Anteile der Finanzkonzerne auf maximal ein Prozent pro Unternehmen zu begrenzen, wenn sie quer durch ganze Branchen investieren. Käme es dazu, müssten die Fondsriesen allerdings ihr Geschäftsmodell ändern.
Die versuchen darum, Schmalz und seine Kollegen zu diskreditieren. Diese hätten „fragwürdige statistische Methoden“ benutzt, schrieb Blackrock-Vizechefin Novick in einem Statement. Ihr Kollege Christian Staub, bis 2017 Deutschlandchef, legte beim Bundeswirtschaftsministerium Widerspruch gegen die Expertise der Monopolkommission ein. Da werde den Kritikern „eine empirische Gewissheit bescheinigt, ohne dass diese von anderen Experten auf ihre Richtigkeit hin überprüft wurden“, klagte er. Daraufhin schickte das Ministerium im Juni 2017 dem Bundestag eine Stellungnahme, wie sie auch die Presseabteilung von Blackrock hätte schreiben können. Die Regierung, so heißt es da, sehe „ein grundsätzliches Problem bei der empirischen Untersuchung des Phänomens“ , weil die Faktoren für Unternehmensentscheidungen „nicht eindeutig bestimmt werden“ könnten. Folglich handele es sich nur um eine „theoretische Vermutung“. Mit anderen Worten: Es gibt gar kein Problem.
Aber die Einwände tragen nicht. „Unsere Studien wurden gründlich geprüft, die ökonomische Zunft hat sie für korrekt befunden“, berichtet Schmalz. Es gehe auch „gar nicht um böse Manager, die im Geheimen ein Kartell schmieden“, sagt der Finanzökonom. Die Bremse im Wettbewerb trete selbst dann schon ein, wenn die Überall-Aktionäre „nichts tun." Denn bereits bei mangelndem Druck lasse der Wille zur Konkurrenz nach, „da fehlen die Anreize“. Die Kritik an den neuen Universalaktionären sei keineswegs nur eine akademische Übung, versichert auch John Weche, der zuständige Experte der Monopolkommission. „Völlig klar“ sei, „dass man heute mit Anteilen von fünf bis zehn Prozent an den börsennotierten Konzernen erheblichen Einfluss“ habe, sagt Weche. Und anders als die Blackrock-Chefs Fink und Novick stets behaupten, seien sie als Großaktionäre ganzer Branchen keineswegs neutral gegenüber der Geschäftspolitik der einzelnen Unternehmen. So forderten Blackrock-Manager wiederholt die EU-Regierungen auf, die Fusion europäischer Großbanken über alle Grenzen hinweg zu fördern. Käme es dazu, würde das vor allem dem Konzern selbst nutzen, weil der Wert seiner Beteiligungen stiege. Für den Wettbewerb vermutlich weniger gut, die Verbraucher müssten womöglich wie in den USA mit höheren Gebühren bezahlen.
Trotz aller Warnungen wagt aber bisher keine EU-Regierung, das drohende Kartell der Geldverwalter anzugehen. „Es untergräbt die Grundregeln unserer Marktwirtschaft, aber die meisten Politiker fürchten den Einfluss des Riesen und trauen sich nicht einmal kritische Fragen zu stellen“, beobachtete der langjährige FDP-Europa- und heutige Bundestagsabgeordnete Michael Theurer.
Larry Fink wird in Europa empfangen wie ein Staatschef
Wer dafür Erklärungen sucht, trifft auf ein erstaunliches Phänomen: Blackrock ist selbst eine politische Macht. Die Arme der Geldkrake reichen bis in die Regierungen. Das signalisiert schon die Symbolik im Umgang mit Larry Fink. Wenn Fink Europa bereist, wird er empfangen wie ein Staatsgast. Gleich ob in Rom, Paris, Den Haag oder Athen, der Herr über die Billionen hat stets ein Rendezvous mit dem Staatschef persönlich. „In den letzten paar Wochen hatte ich Treffen mit vier Staatschefs“, prahlte Fink im April 2017 beim Wirtschaftssender Bloomberg TV.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron traf ihn im vergangenen Jahr sogar zwei Mal. Dafür machte zunächst Macrons Finanzminister dem Geldfürsten in New York seine Aufwartung. Dann empfing ihn der Präsident exklusiv in der vergoldeten Pracht des Elysée-Palasts. Anschließend geleitete man Fink zum Hôtel de Matignon für ein Tête-à-Tête mit Premierminister Edouard Philippe. Im September war Fink erneut geladen, dieses Mal zum Treffen über die anstehende Privatisierung der Staatsunternehmen.
Parallel dazu unterhält Blackrock in Brüssel eine bestens ausgestattete Vertretung. Seit 2011 verzehnfachte es die Ausgaben für EU-Lobbying von 150 000 Euro auf 1,5 Millionen Euro pro Jahr. Vielfach erscheinen Blackrock-Lobbyisten auf den Terminlisten von EU-Kommissar und Vizepräsident Valdis Dombrovskis sowie seinem Stabschef, die für die Finanzmarktregulierung zuständig sind. Alle Vorschläge zur Regulierung von „Schattenbanken“, wie auch Blackrock eine ist, sind seither nicht weit gediehen. Der eigentliche Jackpot aber winkt mit der geplanten Einführung von pan-europäischen Pensionsfonds. Die Privatisierung der Altersvorsorge ist schon bisher die wichtigste Quelle für Blackrocks Aufstieg. Kommissar Dombrovskis will die zugehörigen Fonds nun von den Arbeitgebern lösen. Die Sparer sollen individuell über die Anlage entscheiden, und Blackrock könnte mit Kampfpreisen einen weiteren Billionenmarkt aufrollen. Ein Pilotprojekt für das Vorhaben gibt es bereits. Der von der EU-Kommission geförderte Fonds „Resaver“ bietet eine Altersvorsorge für Wissenschaftler. Das Anlagemanagement ging prompt an Blackrock.
Zur Sicherung des Erfolgs arbeiten vor Ort prominente Statthalter mit guten Kontakten. Dafür steht in Deutschland Friedrich Merz, der frühere Chef der Unionsfraktion im Bundestag, der seit 2016 den Aufsichtsrat von Blackrock Deutschland führt. Auch in Frankreich ist mit Jean-François Cirelli ein Ex-Politiker Präsident der nationalen Blackrock-Filiale. Früher arbeitete er für Präsident Jaques Chirac sowie dessen Premier und im Wahlkampfstab eines Präsidentschaftskandidaten der Konservativen. Jetzt dient er Macron in der Kommission für den Rückbau des französischen Staates. Wichtiger Punkt auf der Agenda: die Neuorganisation der privaten Altersvorsorge.
Noch weiter trieb Blackrock die Politisierung des Geschäfts in Großbritannien. George Osborne, der nach dem Brexit-Referendum seinen Posten als Finanzminister verlor, wurde im Februar 2017 bei Blackrock zum bestbezahlten Lobbyisten des Landes. Für vier Arbeitstage pro Monat bezahlt ihn Blackrock mit umgerechnet rund 750 000 Euro jährlich, das sieht nach einer Belohnung aus. Während seiner Amtszeit traf sich der Minister mindestens fünf Mal mit Blackrock-Vertretern, und er gewährte dem Konzern einen Vortrag zum Honorar von umgerechnet 40 000 Euro. Zur selben Zeit traf die Regierung lukrative Entscheidungen für die Fondsbranche. So müssen Sparer in Pensionsfonds ihre Rente nicht mehr in jährlichen Raten beziehen, sondern können sich nun die gesamte angesparte Summe auszahlen lassen und selbst anlegen. Das habe im Vereinigten Königreich Altersersparnisse im Wert von 25 Milliarden Dollar „in Bewegung gesetzt“, erklärte Fink-Partner und Blackrock-Präsident Robert Kapito bei einer anschließenden Telefonkonferenz. Zudem verschaffte Osborne der Branche noch eine Steuererleichterung von jährlich rund 200 Millionen Euro.
Gut vernetzt ist auch Philipp Hildebrand, der seit 2012 als ein weiterer Vize-Chef des Konzerns für die Großkunden in Europa zuständig ist. Zuvor war er Präsident der Schweizer Notenbank. Nun pflegt er guten Kontakt zu seinen früheren Kollegen bei der Europäischen Zentralbank (EZB), der Bank of England und der Federal Reserve. Gemeinsam sind sie Mitglied der „Group of Thirty“, einem privaten Club für diskrete Gespräche unter den Mächtigen der Finanzwelt. So verkörpert Hildebrand einen besonders starken Fangarm von Blackrock: die direkte Verbindung zu den Zentralbanken. Mit „BlackRock Solutions“, wie der Consulting-Zweig heißt, dringt die Geldkrake bis zum Allerheiligsten des Geschäfts vor: den Kreditbüchern der Banken, die auch alle Daten der Kreditnehmer preisgeben.
Das begann im Dezember 2010 mit einem Anruf aus Dublin. Die irische Zentralbank hatte bei der Aufsicht kläglich versagt, und Irland musste sich bei den anderen Eurostaaten und dem Internationalen Währungsfonds 50 Milliarden Euro leihen, um vier Großbanken zu retten. Aber der IWF, so berichtete später die Bank of Ireland, bestand auf einer „unabhängigen“ Prüfung durch Externe, „das führte, natürlich, zur Ernennung von Blackrock“. Eine Ausschreibung fand nicht statt, und Fink frohlockte gegenüber Investoren über den „gigantischen Auftrag“. Doch das war nur der Anfang. Zwei weitere Großaufträge in Dublin folgten.
2012 brachte der IWF die Blackrock-Truppe auch in Griechenland ins Geschäft, ebenfalls ohne Ausschreibung. Dort operierte das Team zunächst klandestin. Unter dem Decknamen „Solar“ bezog Finks Eingreiftruppe ein Büro in einem schäbigen Athener Viertel, die Mitarbeiter wurden angewiesen, keine Logos der Firma zu zeigen. Umgeben von Strip-Clubs und ausgebrannten Ruinen prüften die Berater die Daten aller 18 griechischen Banken und formulierten den Plan, wie sie fusioniert werden sollten. Die Prüfung der daraus entstandenen vier Großbanken vergab die griechische Zentralbank 2013 erneut an „Blackrock Solutions“ und genauso 2015 den Auftrag für die Abwicklung von deren faulen Krediten. Im Juli 2015 kam heraus, dass Blackrock griechische Schuldtitel zu Niedrigstpreisen gekauft hatte. Mit der Firma Artum investierte der Konzern auch in das Immobiliengeschäft, das mit der erzwungenen Privatisierung des Staatsbesitzes in Schwung kam. Passend dazu wechselte ausgerechnet Paschalis Bouchoris, der Leiter des damit beauftragten staatlichen Fonds, auf den Chefposten der griechischen Blackrock-Tochter. All das geschah unter Aufsicht der Beamten von EU-Kommission und EZB, die ansonsten mit eiserner Hand jeden Schritt der Athener Regierung kontrollieren.
Dass da ein Konzern mit besten Insiderinformationen auf allen Seiten spielt, war für Kontrolleure der Euro-Finanzminister kein Thema. Im Gegenteil: Auch die Notenbanken in Frankreich, Spanien und den Niederlanden heuerten Blackrock für die Bankenaufsicht an. Die Konditionen der Verträge sind durchweg geheim. Es handele sich „um vertrauliche Informationen der Finanzaufsicht“, erklärte ein Zentralbanksprecher ganz ohne Ironie.
Das endgültige Vertrauenssiegel für Blackrock erteilte schließlich die EZB selbst. Schon 2014 ließ Präsident Mario Draghi die Mitarbeiter seines Club-Freundes Hildebrand ein Konzept zum Kauf von besicherten Wertpapieren entwickeln. Zwei Jahre später holte die EZB schließlich ein Blackrock-Team für mehrere Monate ins Haus, um den „Stresstest“ für die 39 größten Banken der Eurozone durchzuführen. Die Berater wirkten so an der Aufsicht all der Banken mit, an denen ihr Arbeitgeber selbst große Aktienpakete hält. Zur Begründung teilte die EZB mit, die rund 1000 Mitarbeiter der EZB-Bankenaufsicht genügten „nur für die alltägliche Arbeit“. Für „große und zeitweilige Projekte wie den Stresstest“ werde „externe Unterstützung“ benötigt, und Blackrock habe eine entsprechende Ausschreibung gewonnen. Wie viele Leute der Konzern schickte, und was für ihre Arbeit bezahlt wird, ist allerdings geheim – ein bizarrer Vorgang. Hier werde „einem privaten Unternehmen eine hoheitliche Aufgabe anvertraut, das ist grundsätzlich falsch“, mahnt der Bankökonom Martin Hellwig, ehemals Chef der Monopolkommission und bis 2017 Leiter des Max-Planck-Instituts für Gemeinschaftsgüter. Die EZB-Beamten haben dagegen kein Problem damit. „Die Vertraulichkeit der gegebenen Informationen“ sei „vertraglich gesichert“, versichert ein Sprecher. Es gebe eine „chinesische Mauer“ zwischen den angeheuerten Beratern und den übrigen Aktivitäten von Blackrock, sagt auch ein mit den Vorgängen vertrauter Experte. Jeder Einzelne müsse eine „Verschwiegenheitserklärung“ unterzeichnen, und die Mitnahme von Daten sei technisch ausgeschlossen. Ohnehin ergebe es für Blackrock keinen Sinn, „mit unseren Informationen Insider-Geschäfte zu machen.“ Käme das raus, „würde es das Unternehmen zerstören“.
Der exklusive Zugang zur EZB-Bankenaufsicht ist strategischer Vorteil
Das klingt plausibel – und verstellt doch den Blick auf das Wesentliche. Denn unvermeidlich erwächst aus dem exklusiven Zugang zu Europas höchster Aufsichtsbehörde „ein enormer strategischer Vorteil gegenüber allen Wettbewerbern“, erklärt Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim. Der Zugang verschafft dem Konzern noch mehr Einfluss auf die betroffenen Banken, um dort den Verkauf von Blackrock-Fonds zu befördern.
Selbstverständlich gibt dafür keinen handfesten Beleg. Aber es gibt überraschende Vorgänge. Bei der Großbank ING etwa ist Blackrock Großaktionär und sowohl über die EZB als auch über die niederländische Zentralbank an deren Überwachung beteiligt. Seit anderthalb Jahren ist die Online-Tochter der Bank jetzt auch ein Vertriebskanal für Blackrock. Dazu kaufte sich der Konzern beim Fintech-Startup „Scalable Capital“ ein, das die automatische Geldanlage per „Robo-Advisor“ vermarktet. Für diese Firma wiederum übernahm die ING Werbung und Vertrieb. Bis heute sammelte sie bereits rund 800 Millionen Euro ein, großteils angelegt in Blackrock-Fonds.
Ein weiteres Indiz für die versteckte Macht des Konzerns in der Finanzbranche ist auch der Erfolg beim Verkauf des elektronischen Analysesystems Aladdin, über das Anlage-Manager ihre Portfolios testen und ihre Deals abwickeln. Das klingt harmlos, doch mit keinem Fangarm durchdringt die Blackrock-Krake die Weltwirtschaft tiefer als mit diesem. Denn Aladdin ist längst ein eigener globaler Organismus. In den USA läuft dafür ein mehr als 6000 Rechner starker Serverpark. Schon mehr als 200 Finanzinstitutionen aller Art nutzen das System, darunter sogar direkte Wettbewerber des Konzerns wie die Deutsche Bank und die französische BNP Paribas, die wiederum Blackrock zu ihren wichtigsten Aktionären zählen.
Mit jedem neuen Kunden fließen Blackrock mehr Informationen zu, die dem Konzern einen gigantischen Datenschatz zum Geschehen auf den Finanzmärkten verschaffen. Schon werden weltweit mehr als 20 Billionen Dollar Vermögen mit dem System verwaltet, und die Summe wächst jedes Jahr um mehr als zehn Prozent. „Blackrock wird für den Finanzmarkt bald ein Monopol haben wie SAP für die Betriebsführung“, prophezeit ein Brüsseler Banker.
Soziales Engagement oder nur eine PR-Übung?
Lobbyarbeit für die Privatisierung der Altersvorsorge, Zugriff auf Behördendaten, Erschließung neuer Vertriebskanäle – die sichtbaren Aktivitäten der vielen Arme von Blackrock dienen nur einem Zweck: Wachstum und damit noch mehr Einfluss. Aber setzen die Blackrock-Manager diesen auch ein, um die Welt zu verbessern, wie es ihr Boss Larry Fink in seinem Brief verspricht? Drängt der weltgrößte Aktionär seine Unternehmen auf bessere Bezahlung für jene, „die von der Globalisierung zurückgelassen wurden“, wie er im Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos beklagte?
Möglich wäre das schon. Großaktionäre wie Blackrock „haben einen massiven Einfluss“ bestätigt Michael Kramarsch von der Unternehmensberatung hkp-group, der seit vielen Jahren Konzernvorstände beim Umgang mit ihren Aktionären berät. Dafür seien auch Anteile von fünf bis zehn Prozent der Aktien ausreichend. Bei den Hauptversammlungen sei meist nur die Hälfte der Aktien vertreten, „dann werden aus sieben Prozent Aktienanteil 14 Prozent der Stimmen“. Zudem sei Blackrock ein Leit-Investor; „wenn die den Daumen senken, dann folgen auch andere“. Doch anders als Fink suggeriert, spielen soziale Ziele in der Praxis des Aktionärs Blackrock fast keine Rolle. Gerade mal 30 der 13 000 Blackrock-Mitarbeiter sind damit befasst, das Management der Firmen zu kontrollieren, an denen der Konzern größere Anteile hält. Künftig sollen es zwar doppelt so viele werden, kündigte Fink an. Angesichts der Beteiligung an mehr als 17 000 Unternehmen ändert das jedoch wenig. Blackrock werde eben „für den Anlageerfolg bezahlt, nicht für die Unternehmensführung“, erklärt Kramarsch.
Bei mehr als 90 Prozent aller Aktionärsbeschlüsse folgen die Blackrock-Verteter denn auch einfach nur dem Vorschlag des jeweiligen Managements, geht aus der konzerneigenen Statistik hervor. Und wenn nicht, dann stellt sich das Unternehmen nur gegen die Abwehr feindlicher Übernahmen oder gegen überhöhte Gehälter. Die „stakeholder“ dagegen, die Beschäftigten und Kunden, von denen Fink schrieb, kümmern den Aktionär Blackrock nicht. Sichtbar wird das etwa im Fall der geplanten Fusion der deutschen Linde AG mit dem US-Konkurrenten Praxair, wo Blackrock auf beiden Seiten große Aktienpakete hält. „Davon profitieren nur die Aktionäre“, berichtet Gernot Hahl, der Vorsitzende des Konzern-Betriebsrats bei Linde. „Für unsere Leute wird das sehr bitter“, sagt er. Obwohl Linde ein gesundes Unternehmen ist, sollen allein in Deutschland 5000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Die in Deutschland geltende Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat wollen die Manager auch gleich abschaffen. Dafür wird die Firmenzentrale nach Irland verlegt. Für den Aktionär Blackrock ist all das jedoch kein Thema. „Im Aufsichtsrat wurde nichts von einem Einspruch eines Großaktionärs erwähnt“, sagt Hahl.
Dass die Interessen der Beschäftigten für Blackrock wenig zählen, wurde auch bei einer Anhörung im britischen Parlament deutlich, als die Regierung erwog, nach deutschem Vorbild Vertreter der Arbeitnehmer in die Aufsichtsräte wählen zu lassen. Dagegen führte ein Konzernvertreter das krude Argument an, es gebe „keinen Beleg dafür, dass die Präsenz von Arbeitnehmervertretern zu besseren Entscheidungen geführt haben, und wir haben Beispiele von Wertminderung trotz der Anwesenheit von Direktoren der Angestellten“. Wirklich ernst ist es Fink mit dem Engagement gegen die Ungleichheit offenbar nicht. „Am Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit muss sich nichts ändern, das wird nicht passieren“, bekannte er jüngst ganz offen. Vorschläge, wie die von ihm selbst beklagte „Polarisierung“ zu bekämpfen sei, machte er noch nicht.
So ist das soziale Engagement des neuen Königs der Wall Street bisher kaum mehr als eine gut orchestrierte PR-Übung. Was zählt, ist dann wohl doch nur der Anlageerfolg. Der allerdings kann sich sehen lassen, vor allem für Finks eigene Aktionäre. Seit Januar 2017 stieg der Kurs der Blackrock-Aktie um 40 Prozent.