Karriere und Jobwechsel: Wie ein Coach hilft
Erfahrene Ratgeber arbeiten darauf hin, dass man selbst eine Lösung findet. Die kann ungewöhnlich sein.
Und dann ging es plötzlich um Katzen. Obwohl eigentlich die berufliche Zukunft einer Medizinerin das Thema war. Wolf-Dietrich Groß coachte eine Oberärztin. Eines ihrer beruflichen Probleme war die Zusammenarbeit mit der leitenden Krankenschwester. Sie habe unglaubliche Schwierigkeiten mit ihr, sagte die Ärztin. Groß stellte viele Fragen. Irgendwann erwähnte die Ärztin in einem Nebensatz, die Schwester habe zwei Katzen. In einer vorhergehenden Sitzung hatte die Ärztin dem Coach erzählt, dass auch sie mal eine Katze hatte. „Die hatten doch ein gemeinsames Thema – da haben wir ein Katzenszenario gemacht“, erzählt Groß.
„Seitdem können die beiden gut miteinander. Sie haben sich ihre Beziehung auf der emotionalen Ebene erschlossen. Andere schwierige Mitarbeiter auf der Station, mit denen die Ärztin ebenfalls Probleme hatte, zogen nach.“ Natürlich haben nicht alle Menschen Katzen – aber vielleicht Kinder, einen Garten oder ein gemeinsames Hobby, über das man zusammenfindet. „Klingt banal, ist aber emotional ganz tief gehend“, sagt Groß. Mit seinen Coachings helfe er Menschen, zu „entdecken, wie man emotionale Zugänge zu anderen findet“.
Neue berufliche Perspektiven entwickeln
Coaching – das Wort hört man inzwischen eigentlich dauernd, wenn es darum geht, beruflich weiterzukommen. Aber wie genau funktioniert ein gutes Coaching? Wie kann es die Karriere voranbringen? Braucht man das nur als Führungskraft? Oder auch als „normaler“ Arbeitnehmer? Und wie findet man nicht nur einen guten, sondern den richtigen Coach?
Dass Coaches Berufstätige in schwierigen Situationen im Job unterstützen, etwa bei Konflikten mit Mitarbeitern sei den meisten bekannter als eine andere Form des Coachings, sagt Christina Engel, die sich als Redakteurin bei der Stiftung Warentest intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat. „Ein Coaching lässt sich auch nutzen, um neue berufliche Perspektiven zu entwickeln: einen Sprung in die Selbstständigkeit, einen Wechsel des Arbeitgebers oder gar des Berufs. Wer sich verändern möchte, kann per Coaching seinen Wünschen, Stärken und Potenzialen auf die Spur kommen und Strategien für seinen Berufsweg entwickeln.“ Es sei aber schwierig zu beantworten, wann und für wen ein Coaching wirklich wichtig und sinnvoll sei.
Ein persönliches Vorgespräch ist wichtig
Ob das Ergebnis eines Coachings für einen selbst zufriedenstellend sei, hängt auch vom eigenen Engagement ab. Um ein gutes Ergebnis zu erzielen, müsse man vor allem „im Vorhinein sein Anliegen genau darlegen, gemeinsam mit dem Coach bestimmte Ziele erarbeiten und diese dann auch vom Coach einfordern.“ Vorab ist vor allem die Auswahl des Coaches wichtig. „Es empfiehlt sich immer ein persönliches Vorgespräch, etwa eine halbe Stunde“, sagt Engel. „Das nur telefonisch zu machen, ist keine gute Idee, weil Sympathie hier ein großer Faktor ist. Man erzählt Dinge, die man vielleicht noch nie jemandem erzählt hat.“ Einige Coaches bieten so ein Vorgespräch gratis an, bei anderen kostet es etwas.
Rund 8000 Coaches, die sich auf berufliche Fragen spezialisiert haben, gibt es in Deutschland. Jeder, der möchte, darf sich so nennen, die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Die Stiftung Warentest hat Kriterien erarbeitet, worauf man bei der Auswahl eines Coaches achten sollte. So ist es sinnvoll, zu prüfen, ob der Coach Erfahrung mit dem eigenen Anliegen und der Branche habe und ob er eine mehrmonatige Qualifizierung absolviert und Psychologie, Sozial- oder Wirtschaftswissenschaften studiert habe. Wichtig sei auch, ob er einem Coaching-Verband angehöre, da diese eine gewisse Qualifizierung für die Mitgliedschaft forderten. Auch solle man nachhaken, wie lange er schon als Coach tätig sei. „Komplexere Anliegen sind bei einem erfahrenen Coach besser aufgehoben“, so die Stiftung Warentest. Christina Engel empfiehlt bei der Suche nach einem Coach eine spezielle Datenbank zu verwenden, da diese oft die Qualität prüfen, ehe sie sie aufnehmen.
Den Ausschlag gab ein gutes Gefühl
Michael Höfer hat nicht über eine Datenbank nach einem Coach gesucht. „Das war vor etwa sechs Jahren, damals ging ich auf die 30 zu, sollte bald die Betriebsleitung eines Aluminiumwerks übernehmen und hatte den Wunsch, nach Unterstützung, um mich weiterzuentwickeln, was Personalführung angeht: Es ging mir um den Umgang mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, bestimmten Situationen, wie Verhandlungen. Ich hatte dabei nicht so die Karriere im Hinterkopf, sondern wollte mich persönlich weiterentwickeln. Ich wollte, dass es mir besser geht.“
Einige Jahre vorher war er bei einem Seminar eines Unternehmerverbands gewesen, das Coach Wolf-Dietrich Groß geleitet hatte. Höfer nahm Kontakt zu Groß auf, aber auch zu anderen Coaches, die er über persönliche Empfehlungen fand. Den Ausschlag für Groß gab „ein gutes Gefühl“, sagt Höfer. „ Mir gefiel schon, wie er am Telefon auf meine Fragen reagiert hat. Beim ersten Termin wurde das bestätigt. Ich fühlte mich einfach gut aufgehoben.“ Das war ihm wichtig, denn „das ist ja eine sehr persönliche, fast schon intime Sache, man öffnet sich sehr, um wirklich herauszufinden, was die Themen sind. Wir haben geschaut, wo ich hinwill und konkrete Situationen, die ich mir aufgeschrieben hatte, beleuchtet.“ Zunächst trafen sie sich einmal jährlich.
Vor etwa drei Jahren beschloss Höfer dann Branche und Bundesland zu wechseln, vom Aluminium in den Baustoffhandel. Sie verstärkten die „Intensität des Coachings“, trafen sich etwa alle acht Wochen. „Ich kann die Verantwortung jetzt nicht mehr weitergeben an die nächste Instanz. Gemeinsam haben wir einen Fahrplan für die erste Zeit im neuen Job entwickelt. Etwa, welche Gespräche ich wie führe.“ Es ist aber nicht so, dass Coach Groß ihm ständig gute Ratschläge gibt. „Er stellt einfach unheimlich gute, akribische Fragen. Und zwar sehr hartnäckig. Damit kommt er tief auf den Grund, die Antworten hatte ich immer selbst parat.“
Erfolgstagebücher und Kompetenzbilanzverfahren
Ein Coach soll seine Klienten zum Nachdenken anregen
Ein Coach solle ein „neutraler Diskussionspartner“ sein, „der seine Klienten zum Nachdenken anregt und sie mithilfe von Fragen, Rollenspielen, Perspektivwechseln und anderen Methoden zu neuen Einsichten führt“, so Engels von der Stiftung Warentest. „ Ein Coach, der nicht gut Zuhören kann, sollte lieber in einer Autowerkstatt arbeiten“, sagt Coach Wolf-Dietrich Groß, 61, der Politologie, Jura und Psychologie im Nebenfach studiert hat und zum Coaching erst nach vielen Jahren als „PR-Mann“ gekommen ist.
„Wenn ich möchte, dass sich Menschen verändern, geht das nur, wenn ich sie emotional berühre. Das macht man durch Fragen, Fragen, Fragen. Das ist Hilfe zur Selbsthilfe. Ich frage oft: Wie fühlt sich das an? Ein Ziel ist es, zu lernen, die eigenen Emotionen wahrzunehmen und wert zu schätzen – das können viele nicht. Aber vor allem Führungskräfte brauchen die Bereitschaft, mit den Emotionen der Menschen umzugehen.“ Groß coacht hauptsächlich Führungskräfte. „Ein Coaching zur Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt sich mit vermeintlich banalen Themen, vor allem mit Selbstmanagement.“
Oft gehe es darum, dass Klienten nicht „mit ihrer Zeit zurechtkommen oder Schwierigkeiten, haben, sich selbst zu organisieren. Viele seiner Klienten würden sich mit „der Anerkennung der eigenen Leistungen“ schwer tun. Die meisten bittet er, ein Erfolgstagebuch zu führen: Jeden Tag, auch am Wochenende wird ein „Erfolg“ eingetragen: „Ganz kleinteilig: ein gutes Telefonat geführt, den Sohn ausnahmsweise rechtzeitig aus der Kita abgeholt. Darauf lassen sich alle ein. Sie merken, dass Erfolg anders definiert ist, als bisher gedacht. Dass Erfolg nicht nur bedeutet, zwei Mal im Jahr ein großes Projekt abzuschließen. Das ist wichtig, weil ich Leistungen anderer nur dann anerkennen kann, wenn ich auch die eigenen sehe.“
Wer privat zahlt, kommt oft günstiger davon als Firmen
Normalerweise coacht Groß seine Klienten etwa ein Jahr lang: vier bis sechs Mal in Abständen von fünf Wochen, meist jeweils drei Stunden. 200 Euro nimmt er pro Stunde. „Das geht bei Führungskräften oft vom Arbeitgeber aus“, sagt Groß. „Der zahlt dann eine bestimmte Anzahl Stunden. Man sollte so ein Coaching als Auszeichnung sehen, ein Chef investiert damit in seinen Mitarbeiter. Viele denken aber, sie hätten etwas falsch gemacht, weil ihr Chef so etwas anregt.“
Fünf bis zehn Sitzungen seien die Regel bei Coachings, heißt es bei der Stiftung Warentest. 100 bis 350 Euro pro Zeitstunde nähmen die Coaches. Wer privat zahlt, kommt oft günstiger davon als Firmen. „Es gibt auch günstigere Coaches und solche für ganz normale Mitarbeiter, aber man muss immer überlegen, ob es einem das Geld wirklich wert ist“, sagt Engel von der Stiftung Warentest. Als „günstige Alternative“ empfiehlt sie so genannte Kompetenzbilanzverfahren: „Die sind noch unbekannt und der Titel schreckt ab, aber die meisten sind wirklich gut gemacht.“
Zu so einem Verfahren gehören meist Fragebögen, eine Beratung mit Workshops in den Gruppen. „Es geht darum, zu schauen, was kann ich, was kann ich gut und was ich damit beruflich erreichen möchte. So etwas ist gut bei beruflicher Neuorientierung. Für Führungskräfte ist das natürlich nichts.“
Führungskraft Michael Höfer ist durchs Coaching inzwischen für seine Erfolge „sensibilisiert“, sagt er. „ Wenn ich in meinem Erfolgstagebuch blättere, kann ich mit einem sehr guten Gefühl durchatmen und hier und da schmunzeln.“
TIPPS UND LINKS
Auswahlkriterien:
Wie man einen guten Coach findet, kann man im Internet nachlesen: http://weiterbildungsguide.test.de/file/Coach_finden_2014_04.pdf
Arbeitsagentur:
Man kann sich ein Coaching von der Arbeitsagentur finanzieren lassen, wenn man entweder arbeitslos oder „von Arbeitslosigkeit bedroht“ ist, etwa wenn ein Vertrag bald ausläuft – über einen „Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein“ (AVGS). Es gibt keinen Rechtsanspruch darauf. Man muss sich den Coach selbst suchen, ein Angebot einholen, und es bei der Arbeitsagentur einreichen, die dann zustimmt oder ablehnt.
Infos unter http://weiterbildungsguide.test.de/infothek/beratung/coaching-arbeitsagentur
Datenbanken:
Kompetenzbilanzverfahren:
Es besteht meist aus Frage- und Aufgabenbögen, ergänzt um eine Beratung, ein Coaching oder Seminar. Die Stiftung Warentest hat elf Kompetenzbilanz-Verfahren von Experten begutachten lassen. Es gibt kostenlose sowie kostenpflichtige Angebote (78 bis 830 Euro). Infos unter http://weiterbildungsguide.test.de/infothek/beratung/kompetenzbilanzierung.
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