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Die EZB übernimmt am Dienstag die Aufsicht über die größten europäischen Banken.
© dpa

Europäische Zentralbank: Wie die EZB künftig Banken beaufsichtigt

Am Dienstag übernimmt die EZB die Aufsicht über die größten Banken Europas. Das soll helfen, die nächste Krise zu verhindern.

Ein Umzug ist ein großer Schritt. Ein Neuanfang. Das gilt auch für die Europäische Zentralbank (EZB). Am Wochenende rollten in ihrem Auftrag die ersten Umzugswagen durch die Frankfurter Innenstadt. 20.000 Kisten müssen transportiert werden – vom Eurotower, in dem die Europäische Zentralbank (EZB) bislang saß, zum Neubau im Frankfurter Ostend.
Allerdings ziehen längst nicht alle Mitarbeiter der EZB um in die beiden neuen Türme am Mainufer. Zurück bleiben die gut 1000 neuangestellten Fachkräfte, die unter dem Dach der EZB ab Dienstag die Aufsicht der größten Banken der Euro-Zone übernehmen. In dem neuen Gebäude ist für sie kein Platz – denn als man die Türme plante, war von einer europäischen Bankenaufsicht noch keine Rede. Die Aufseher müssen daher mit dem alten EZB-Sitz, dem Eurotower, vorlieb nehmen.

"Der größte Integrationsschritt in Europa"

Umzug hin oder her: Für die Aufseher beginnt am Dienstag eine wichtige Phase. Fast ein Jahr haben sie sich darauf vorbereitet, ab dem 4. November die Aufsicht über die 120 größten Institute der Euro-Zone zu übernehmen. Andreas Dombret, Mitglied im Vorstand der Bundesbank, spricht von dem „größten Integrationsschritt in Europa seit der Einführung des Euro“.

Dass die EZB nun die Aufsicht über die Banken übernimmt, ist ein wichtiger Schritt im Rahmen der europäischen Bankenunion. Er soll für mehr Stabilität im europäischen Finanzsystem sorgen und verhindern, dass es erneut zu einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise kommt wie nach 2008. Deshalb haben die Prüfer der EZB auch die größten Banken zuletzt einem Bilanz- und Stresstest unterzogen. Sie wollten damit verhindern, dass marode Banken unter das Dach der neuen Aufsicht schlüpfen. Tatsächlich müssen sich 13 Institute vor allem aus Italien und Griechenland bis Mitte 2015 insgesamt 9,5 Milliarden Euro an frischem Kapital beschaffen.

Die Aufsicht soll strenger werden

„Streng, aber fair“ werde ihre Aufsicht sein, hatte Danièle Nouy bereits im Vorfeld angekündigt. Die Französin ist die Chefin des „Single Supervisory Mechanism“ (SSM), wie die EZB-Aufsicht in Fachkreisen genannt wird. Experten zufolge vereinen die Regularien der neuen Aufseher zu 80 Prozent das Beste aus den bisherigen Aufsichtsregeln, zu 20 Prozent komplett neue Ansätze.

Die 120 Banken, die nun der EZB unterstellt sind, werden laufend vor Ort von Teams aus Aufsehern verschiedener Nationalitäten überwacht. Klare Vorgabe: Der Leiter des Teams darf nicht aus demselben Land kommen wie die Bank, die er überwacht. Außerdem müssen die Teams rotieren. Sie dürfen nicht zu lange dieselbe Bank kontrollieren.

Mindestens einmal im Quartal müssen die Institute Daten über ihr Eigenkapital, ihre Wertpapierbestände und Kredite liefern. Die Aufseher analysieren die Zahlenpakete dann auf ihre Plausibilität – und zwar auch mit Blick auf die Wirtschaftslage und die Entwicklung an den Finanzmärkten.

Die Prüfer kommen öfter zu Besuch

Öfter als bislang werden die Aufseher persönlich bei den Banken vorbeischauen. Sie prüfen dann die Bücher und untersuchen, ob Liquidität und Kapital ausreichen. Außerdem sollen sie die Struktur der Bank und ihre internen Modelle zur Bewertung von Risiken analysieren.

Auf diese Weise will die Aufsicht Schwachstellen frühzeitig entdecken. Im Zweifel kann sie den Banken Auflagen machen. Die Prüfer können zum Beispiel Kapitalzuschläge vorschreiben, so dass die Eigenkapitalquote zur Absicherung von Risiken über den gesetzlich geforderten acht Prozent liegen muss. Setzen die Banken die Auflagen nicht um, drohen Strafen. Die können bis zum Doppelten des Jahresgewinns reichen oder bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes betragen. Auch können die Aufseher der Bank untersagen, eine Dividende auszuschütten.

Experten kritisieren die Doppelrolle der EZB

Steht es schlecht um ein Institut, können die Prüfer die Abwicklung fordern. Die Kosten dafür sollen aus einem neuen Abwicklungsfonds gedeckt werden. Bis 2024 sollen Banken ihn mit rund 55 Milliarden Euro ausstatten. Allerdings warnen Kritiker davor, dass diese Summe nicht ausreiche. Erst recht dann nicht, wenn eine Großbank dicht gemacht werden muss.

Über die Abwicklung entscheidet letztlich der EZB-Rat. Hier sehen Beobachter einen erheblichen Schwachpunkt. Denn faktisch liegen damit Geldpolitik und Bankenaufsicht in einer Hand. Es könnte die Versuchung aufkommen, durch eine Lockerung der Zinses einem maroden Bankhaus am Ende indirekt die Existenz zu sichern. Diese Sorge hat Elke König, Chefin der deutschen Bafin. „Natürlich gibt es einen potenziellen Konflikt“, sagte sie kürzlich. „Man sollte nicht versuchen, das zu ignorieren.“

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