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Der Stresstest soll sicherstellen, dass die Institute ein erneute Krise besser überstehen würden.
© dpa

Banken im EZB-Stresstest: Nur wer sich neu erfindet, überlebt

An diesem Sonntagmittag veröffentlicht die EZB die Stresstest-Ergebnisse. Darüber, wie nachhaltig die Geschäftsmodelle der Banken sind, sagen sie wenig aus. Die Zukunft sieht nicht rosig aus.

Hart und gründlich werde sie vorgehen. Das hat die neue EZB-Chefaufseherin, Danièle Nouy, den Geldhäusern angedroht. 6000 externe Prüfer hat sie in den vergangenen Monaten losgeschickt, um die Bilanzen der Institute zu untersuchen. An diesem Sonntag legen nun die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bankenaufsicht EBA die Ergebnisse ihres Stresstests vor. Sie zeigen, welche Banken eine erneute Wirtschafts- und Finanzkrise überstehen würden – und welche dafür zu schwach sind. Die Institute hoffen, dass sie nach dieser schonungslosen Bestandsaufnahme endlich das verlorene Vertrauen zurückgewinnen. Doch Experten bezweifeln, dass ihnen das gelingen kann.

Der Grund: Die Zahlenkolonnen, die die EZB nun veröffentlicht, zeigen nur, mit wie viel Kapital die Banken ausgestattet sind. Darüber, wie nachhaltig die Geschäftsmodelle der Institute tatsächlich sind, sagen sie wenig aus, meint Claus-Peter Praeg. Der Wissenschaftler erforscht am Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart die Zukunft der Banken. Und die sieht – wenn alles weiterläuft wie bisher – nicht gerade rosig aus.

Die Banken stecken in einem Strukturwandel

Glaubt man der Unternehmensberatung Bain, steckt der Bankensektor in einem „Strukturwandel, der mit dem Umbruch der Stahlindustrie im vergangenen Jahrhundert vergleichbar ist“. Nur wenn sich die Institute jetzt neu erfinden, werden sie langfristig überleben. Seit Ausbruch der Finanzkrise sind die Banken in erster Linie mit Aufräumarbeiten beschäftigt. „Andere Themen fristen meist ein Schattendasein“, sagt Bain-Partner Wilhelm Schmundt. So blieb der Ausbau ihrer Digitalstrategie bei vielen Instituten bislang auf der Strecke.

Die meisten Geldhäuser bieten ihren Kunden zwar Online-Banking an und haben auch eine App, mit der sich der Kontostand per Smartphone abrufen lässt. Aber mehr eben auch nicht. „Den Banken fehlt der Mut zu Innovationen“, sagt Wissenschaftler Praeg. Dabei ist gerade das gefährlich. Junge Kunden fühlen sich schon jetzt viel weniger einem Institut verbunden. Sie legen ihr Geld dort an, wo sie besonders günstige Konditionen bekommen – und das ist häufig nicht bei der Hausbank. Institute, die darauf nicht reagieren, werden in Zukunft große Probleme bekommen, meint Christoph Kaserer, Bankenprofessor an der TU München. Denn in gut zehn Jahren wird ein Großteil der besonders internetaffinen Kunden, die „Digital Natives“, über 30 Jahre alt sein – und damit in das Alter kommen, in dem sie für Banken besonders interessant sind. Deshalb müssten die Banken eigentlich jetzt in neue Technik investieren – tun es aber nicht. „Die Banken haben dafür keine Budgets“, sagt Kaserer.

Die Geldhäuser müssen sparen

Die meisten Institute müssen derzeit sparen. Zum einen sind die Zinsen extrem niedrig, wodurch die Institute am klassischen Bankgeschäft nur noch wenig verdienen. Zum anderen hat sich das Kundenverhalten geändert. Viele Verbraucher kommen heute nur noch selten in die Filiale – wodurch sich die Zweigstellen immer weniger rechnen.
Gerade auf dem Land schließen die Institute daher vermehrt Filialen. Und dieser Trend dürfte sich in Zukunft noch verstärken. Das Fraunhofer Institut hat kürzlich 400 Bankvorstände und Führungskräfte befragt. 38 Prozent gaben an, ihre Häuser würden noch in diesem Jahr weitere Zweigstellen schließen oder zusammenlegen müssen. Die Unternehmensberatung Bain rechnet damit, dass in den nächsten zehn Jahren in Deutschland 11.000 Bankfilialen dicht machen. Einher ginge das mit einem Abbau von Arbeitsplätzen. Etwa ein Fünftel der rund 630.000 Jobs im Bankensektor könnten wegfallen, vermuten die Berater.

Und helfen wird diese Kosten-Kur nur kurzfristig, glaubt Wissenschaftler Praeg. „Sparen ist kein Geschäftsmodell“, sagt er. Seiner Meinung nach müssten die Institute stärker auf die Bedürfnisse der Verbraucher eingehen. „Banken wissen extrem viel über ihre Kunden, nutzen diesen Daten-Schatz aber kaum“, sagt Praeg. So könnten die Institute zum Beispiel nicht nur zur Immobilien den passenden Kredit vermitteln. „Sie haben auch die Handwerker in ihrer Firmenkartei, die die neue Küche einbauen oder den Umzug durchführen könnten“, sagt Praeg. Ziel müsse es sein, Banken noch intensiver mit ihren Kunden zu vernetzen. Auf diese Weise könnten die Instituten Dienstleistungen im Paket verkaufen – und damit Geld verdienen.

Es dürfte zu mehr Fusionen im Bankensektor kommen

Ohne solche Innovationen werden die Institute es schwer haben. „Das Bankgeschäft wird zu einer ganz normalen Industrie – mit geringeren Renditen und weniger Risiken“, sagt Bain-Deutschlandchef Walter Sinn. Als Folge dieser Entwicklung dürfte es unter den Banken in den kommenden Jahren mehr Fusionen geben. Erst Recht nach dem Stresstest. Denn die Prüfung schafft Klarheit darüber, wie es den Instituten geht – und zwar nicht nur für die Aufseher, sondern auch für die Konkurrenz. Manch eine Bank könnte sich daher dazu animiert fühlen, einer anderen ein Übernahmeangebot zu unterbreiten. In Deutschland könnte zum Beispiel die Beteiligung des Bundes an der Commerzbank zum Verkauf stehen. Schon jetzt zeigen erste Institute vor allem aus dem europäischen Ausland Interesse an deutschen Häusern. So hat erst kürzlich die französische Großbank BNP Paribas entschieden, die DAB Bank zu kaufen – eine Direktbank mit Sitz in München, die derzeit noch zur Hypovereinsbank gehört. Und erst Anfang dieser Woche hat die Pariser Investmentbank Oddo verkündet, die Seydler Bank aus Frankfurt am Main zu kaufen.

Kommt es künftig zu mehr Übernahmen dieser Art, hat das Folgen: Die großen Banken werden größer, während kleinere Geldhäuser vom Markt verschwinden. Der Chefin der EZB-Bankenaufsicht, Danièle Nouy, ist das durchaus klar. Bereits Anfang diesen Jahres hatte sie gesagt: „Wir müssen akzeptieren, dass einige Banken keine Zukunft haben.“ Den Ausspruch „too big to fail“ (zu groß, um unterzugehen) haben Experten deshalb bereits umgemünzt – in „too small to survive“ (zu klein, um zu überleben).

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