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Käufer gesucht. Der Garten der Villa von Heidi Klum im Stadtteil in Los Angeles (USA). Das Model bietet ihre Villa in Kalifornien für 25 Millionen Dollar zum Verkauf an.
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Zweifel an Oxfam-Studie: Werden die Reichen wirklich immer reicher?

Das reichste Prozent der Menschheit besitzt fast so viel wie die restlichen 99 Prozent zusammen, rechnet die britische Organisation von Oxfam vor - und leitet daraus Forderungen ab. Doch die Zahlen sind kaum belastbar.

Der 1,62 Meter kleine ehemalige Englischlehrer Jack Ma machte den größten Sprung: Der Mitgründer der chinesischen Handelsplattform Alibaba konnte sein Privatvermögen im vergangenen Jahr um 25,1 Milliarden Dollar (21,7 Milliarden Euro) steigern – heißt es in einer Liste des Finanzdienstleisters Bloomberg. Ma gelang dies, indem er einen Großteil Firmenanteile an der Börse verkaufte. Auch Star-Investor Warren Buffet und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg aus den USA legten zu. Das lässt sich auf Basis von Börsenhandelsdaten ablesen. Alles andere ist Kaffeesatzleserei.

Bill Gates verfügt über ein Milliarden-Vermögen.
Bill Gates verfügt über ein Milliarden-Vermögen.
© dpa

Die Reichen werden immer reicher. Das klingt wie eine Binse, ein Naturgesetz. Und eine am Montag in London vorgelegte Analyse der britischen Hilfsorganisation Oxfam stützt die These weiter – aber stimmt sie wirklich? Es finden sich auch Einschätzungen, die das Gegenteil belegen sollen. Nur sind die nicht so populär.

Das Vermögen der Superreichen hat sich seit 2009 verdoppelt

Oxfam hat jedenfalls errechnet, dass im vergangenen Jahr 2014 das eine Prozent der reichsten Menschen der Welt rund 48 Prozent des Weltvermögens besaß. 2009, also vor fünf Jahren, hatten das reichste Prozent nur 44 Prozent des Weltvermögens besessen. Aus dem Trend leitet Oxfam die Prognose ab, dass diese Gruppe der Reichsten im kommenden Jahr gleich viel besitzen wird, wie der Rest. Eine anderes Ergebnis besagt, dass die wohlhabendsten 80 Persönlichkeiten der Welt, angeführt von Microsoft-Gründer Bill Gates mit einem geschätzten Privatvermögen von 76 Milliarden Dollar, schon heute so viel besitzen wie die ärmste Hälfte der Menschheit. Das Vermögen der 80 Superreichsten habe sich seit 2009 verdoppelt.

Einer der reichsten Männer der Welt: Carlos Slim
Einer der reichsten Männer der Welt: Carlos Slim
© dpa

Die Organisation stützt sich dabei unter anderem auf Daten der berühmten Forbes-Liste der Superreichen und dem Vermögensreport der Schweizer Großbank Credit Suisse, zwei Institutionen also, die man kaum sozialrevolutionärer Umtriebe verdächtigen wird. Anlass der Auswertung ist das am Mittwoch beginnende Weltwirtschaftsforum im Schweizer Skiort Davos. Oxfam-Generaldirektorin Winnie Byanyima wird das Gipfeltreffen der Staatslenker und Spitzenmanager in diesem Jahr mit leiten und kündigte an, diese Rolle dafür zu nutzen, politische Forderungen an die Adresse der Entscheidungsträger zu formulieren. „Die wachsende soziale Ungleichheit droht, uns im Kampf gegen die Armut um Jahrzehnte zurückzuwerfen“, erklärte die Lobbyistin der Armen. Heute habe jeder neunte Mensch nicht genügend zu essen, eine Milliarde Menschen müssten sich von weniger als 1,25 Dollar, also gut einem Euro, am Tag ernähren.

Auch in Davos wird die Ungleichheit Thema sein

Derartige Zahlen provozieren – erfolgreich. „Die Oxfam-Studie zeigt erneut, dass die Ungleichheit in der Welt weiter zunimmt“, teilte zum Beispiel Joachim Poß, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Parteivorstand der SPD, am Mittwoch mit. „Der soziale und ökonomische Schaden wachsender Ungleichheit wird bisher auch in der europäischen und deutschen Politik nicht ausreichend beachtet“, führte Poß aus – ohne zu vergessen daran zu erinnern, dass die Koalition ja bereits Gegenmaßnahmen umgesetzt habe, darunter den Mindestlohn, Verbesserungen bei den Renten und den Ausbau von Bildungschancen.

Warren Buffet ist seit Jahren einer der reichsten Männer der Welt.
Warren Buffet ist seit Jahren einer der reichsten Männer der Welt.
© picture alliance / dpa

Das deckt sich exakt mit Forderungen, mit denen auch die Oxfam-Chefin Davos-Besucher konfrontieren will. Überdies macht sich Winnie Byanyima für konkrete Maßnahmen gegen die Steuervermeidung von Konzernen stark, fordert mehr Investitionen in öffentliche Dienstleistungen auf den Feldern Gesundheit und Bildung, eine höhere Besteuerung von Einkommen aus Vermögen sowie eine gerechtere Bezahlung von Frauen.

„Gegen diese politischen Forderungen kann man überhaupt nichts sagen, die klingen vernünftig“, sagte Gert G. Wagner, der im Vorstand des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sitzt. „Allerdings halte ich die Zahlen für nicht plausibel“, erklärte der Ökonom, der sich seit Jahrzehnten mit diesen Themen befasst. Niemand könne seriös die Einkommen der Reichsten schätzen und deren Vermögen schon gar nicht. „Bei vielen Gütern kennt man deren Wert erst, wenn sie verkauft werden“, so Wagner.

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