Burnout bei Führungskräften: Wenn Manager durchbrennen
Top-Manager arbeiten viel und schlafen wenig. Mancher kollabiert oder landet in der Klinik. Häufigste Strategie: weitermachen.
Rüdiger Grube braucht nicht mehr als vier Stunden Schlaf. Der Chef der Deutschen Bahn behauptet, auch nach einer sehr kurzen Nacht wieder fit zu sein, um den Schienenkonzern mit 300 000 Beschäftigten führen zu können. Wenn Grube morgens um 5 Uhr 30 aufsteht, um zwei bis drei Mal in der Woche joggen zu gehen, freuen sich andere Menschen noch über ein oder zwei weitere Stunden Schlaf.
„Ein Zusammenbruch ist einfach nicht vorgesehen.“
Der Bahn-Chef ist kein Einzelfall. Viele Top-Manager berichten, dass sie die Nacht zum Tag machen, um zu arbeiten. Sie studieren Akten, schreiben E-Mails, lesen Zeitungen, treiben Sport – alles, bevor sie ins Büro fahren. Auf 70 Wochenstunden kommen einer Studie zufolge deutsche Führungskräfte im Schnitt. Macht knapp zwölf Stunden pro Tag, wenn man annimmt, dass wenigstens ein Tag in der Woche frei bleibt. Mit Schlafmangel, Stress, Termin- und Leistungsdruck kommen aber nicht alle Macher zurecht. So auch nicht Harald Krüger, der neue BMW-Chef. Anfang der Woche brach der 49-Jährige vor der Weltpresse auf der Bühne der Automesse IAA zusammen. Kreislaufkollaps. Mehrere Dienstreisen, unter anderem in die USA, und die stressige Einarbeitung in den Job als Vorstandsvorsitzender waren wohl zu viel. Bis zum Ende der Woche wollte Krüger Termine absagen und sich erholen.
„Auch Top-Manager müssen mal Privatmenschen sein dürfen“, sagt Christoph Middendorf, medizinischer Geschäftsführer der Oberbergkliniken Berlin-Brandenburg. „Im Rausch der Macht und des sozialen Prestige neigen Führungskräfte häufig zur Selbstüberschätzung.“ Middendorf kennt die Folgen: Burnout, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Zusammenbruch. Die Oberbergkliniken behandeln rund 150 Privatpatienten stationär, darunter Führungskräfte. „Viele Manager sind menschlich und emotional verhungert“, berichtet Middendorf. Bilder wie die vom Blackout des BMW-Chefs halte man von sich weg. „Mir passiert so etwas nicht“, redeten sich Manager ein. „Damit wird nicht gerechnet“, sagt Middendorf. „Ein Zusammenbruch ist einfach nicht vorgesehen.“
Rund um die Uhr präsent: als Lenker, als Wohltäter und als Entertainer
Verschiedene Untersuchungen belegen zwar, dass Menschen auf den obersten Führungsetagen oft besonders robust sind und auf ihre Gesundheit achten. Zugleich räumen aber Top-Manager ein, an der Grenze ihrer Belastbarkeit zu arbeiten. Zum Beispiel gaben 61 Prozent in einer aktuellen Umfrage der Max-Grundig-Klinik unter 1000 Führungskräften an, nicht ausreichend und gesund zu schlafen. Jeder Fünfte sagte in einer früheren Studie, er treibe in mehr als vier Monaten im Jahr „Raubbau an der Gesundheit“. Die Bühler Grundig-Klinik hat sich auf die Behandlung gestresster und überforderter Unternehmer, Manager und anderer Leistungsträger spezialisiert.
„Die Ansprüche an Top-Manager werden immer größer“, sagt der Mediziner Middendorf. „Sie müssen rund um die Uhr präsent sein, sei es im Internet, im eigenen Unternehmen, in der Öffentlichkeit oder im globalisierten Netzwerk eines Konzerns, der auf der ganzen Welt Standorte hat.“ Sitzt dem ersten Mann (selten: der ersten Frau) im Unternehmen auch noch die Börse im Nacken, kann der Druck unerträglich werden. Gerade in der Autoindustrie zeigt sich, dass Vorstände mehr können müssen, als ein großes Unternehmen zu steuern. Sie treten als Verkäufer auf, sie diskutieren in Talkshows, von ihnen wird gesellschaftspolitisches Engagement verlangt, sie sollen – wie auf der IAA – Entertainer für ihre Marke sein.
Alkohol- und Drogenmissbrauch sind keine Seltenheit
Mehr als jeder zweite Manager sorgt sich, im Laufe seiner Karriere einen Burnout zu erleiden, ergab eine Umfrage der Unternehmensberatung Baumann. Die Ursachen: immer komplexere Entscheidungen, hohes Tempo, Unsicherheit und Erfolgsdruck. Nicht selten spielen Alkohol und Drogen eine Rolle. Zugleich haben Spitzenmanager häufig keine geeignete Strategie, um den Stress zu bewältigen. Stattdessen hetzen sie einfach weiter.
Das bestätigt auch der medizinische Leiter der Oberbergkliniken. Es werde in den Unternehmen häufig nicht oder zu spät erkannt, wie ernst es um gefährdete Top-Manager stehe. So landet der eine oder die andere in der Klinik. „Wir empfehlen etwas ganz Einfaches“, sagt Christoph Middendorf. „Freiräume einbauen, die Privatsphäre schützen, mitmenschliche Kontakte, Meditation, Sport, Hobbys.“ Es gehe um „Rituale der Psychohygiene“.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität