Ausbildungsmarkt: Weniger Bewerber, weniger Lehrstellen
Die duale Ausbildung verliert in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Gewerkschaften verlangen, dass Firmen sich stärker um Schwache und Migranten bemühen.
Weniger Bewerber, weniger Lehrstellen, die duale Ausbildung verliert in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Wollten in Berlin vor acht Jahren noch 28000 Jugendliche eine Lehre beginnen, waren es 2013 nur 19000. Zeitgleich hat sich die Anzahl der angebotenen Plätze von 22000 auf 17500 verringert. Die Bertelsmann-Stiftung hat diese Ergebnisse am Montag in ihrem „Ländermonitor berufliche Bildung“ vorgestellt.
In Berlin ist der beschriebene Trend besonders extrem: Sind die Bewerberzahlen von 2007 bis 2013 bundesweit um 19 Prozent gesunken, schwanden sie in der Hauptstadt um 32 Prozent. Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg dementierten das: „Zuletzt ist die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze in Berlin wie in Brandenburg spürbar gestiegen.“ Im Westen Deutschlands betrug die Differenz laut der Bertelsmann-Stiftung minus sieben, im Osten minus 40 Prozent. Der Einbruch hänge dort vor allem mit dem demografisch bedingten Rückgang der Schülerzahlen zusammen.
Trend zur Akademisierung
Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass sich immer mehr Abiturienten für ein Studium entscheiden. Nicht für die Kombination aus Lernen im Betrieb und an der Berufsschule. „Der Trend zur Akademisierung in Deutschland ist unumkehrbar“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann-Stiftung. Dazu kommt, dass generell weniger Betriebe ausbilden. Bei den Stellenangeboten betrug der Rückgang in Berlin 20 Prozent, das bundesweite Minus lag bei 12,5 Prozent. Vor allem kleinere Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten reduzierten ihr Ausbildungsengagement, stellte die Bertelsmann-Stiftung fest.
Weil es weniger Mitbewerber gebe, seien die Chancen für eine Lehrstelle laut der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) für den Einzelnen gestiegen. „Für Unternehmen wird es jedoch immer schwieriger, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen“, hieß es in der Stellungnahme. Auch deswegen, weil die Bewerber oft nicht zu den Stellen passen würden und sie deswegen unbesetzt blieben. „Der Wettbewerb um die Fachkräfte von morgen hat sich seit einigen Jahren erheblich verschärft“, kommentierte der Deutsche Industrie- und Handelskammertag. Und die fehlenden Azubis von heute seien immerhin die fehlenden Fachkräfte von morgen.
Wer besonders Probleme hat
Europaweit gilt die duale Berufsausbildung als mustergültiges Mittel gegen Jugendarbeitslosigkeit. Hierzulande kämpft sie mit sinkender Nachfrage. Trotzdem haben Hauptschüler Probleme, einen Ausbildungsplatz zu finden. Vor zehn Jahren hatten 51 Prozent der Hauptschüler nach ihrem Abschluss eine betriebliche Lehre in Berlin begonnen. 2013 waren es 58 Prozent. Zum Vergleich: In Bayern begannen im vorletzten Jahr 71 Prozent der Hauptschüler eine Ausbildung, in Schleswig-Holstein 37 Prozent. Die geringste Erfolgsquote haben Hauptschüler ohne deutschen Pass. Nur 37 Prozent von ihnen finden bundesweit sofort eine Lehrstelle, in Berlin liegt die Quote bei 49 Prozent.
Die Gewerkschaften kritisierten am Montag, dass viele Firmen genau diesen Jugendlichen keine Chance geben würden. „Wenn sich die Zahl der Ausbildungsplätze im Sinkflug befindet, liegt dies nicht an einem vermeintlichen Akademisierungswahn“, hieß es vom Deutschen Gewerkschaftsbund. „Sondern an Betrieben, die sich an eine Bestenauslese gewöhnt haben.“ Auch Jörg Dräger von der Bertelsmann-Stiftung meinte, das Ausbildungssystem müsse sich verstärkt für Jugendliche mit schwächeren Schulabschlüssen und Migrationshintergrund öffnen.“ Um das duale System zu stärken, forderte er eine bessere Berufsorientierung in den Schulen, eine intensivere Betreuung der Betriebe, der Azubis, und eine Flexibilisierung der Ausbildungsgänge.
Ausbildungsverhältnisse sehr instabil
In Berlin schwinden nicht nur die Bewerber- und Lehrstellenzahlen am stärksten. Die Ausbildungsverhältnisse sind hier auch besonders instabil. Mehr als ein Drittel der Verträge ist 2013 vorzeitig gelöst worden. Der Spitzenwert im bundesweiten Vergleich. Im vorletzten Jahr lag der Durchschnitt nämlich bei 25 Prozent. Besonders häufig trennen sich Azubis und Berliner Betriebe in den Branchen Handwerk (47 Prozent) und Hauswirtschaft (48 Prozent). Im öffentlichen Dienst ist der vorzeitige Abbruch mit elf Prozent am seltensten.
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