Bundesagentur für Arbeit: Weniger als 2,5 Millionen ohne Job
Die Arbeitslosenzahl befindet sich auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren. Das ist aber nur ein Teil der Realität - es bleiben gravierende Probleme.
Er werde sich daran messen lassen, ob es ihm gelingt, die Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren, die seit Jahren stagniert. Ganz gleich wie gut sich die Wirtschaft in Deutschland entwickelt hat. Als BA-Chef Detlef Scheele nun zum dritten Mal die Arbeitsmarktzahlen vorgestellt hat, war er damit halbwegs zufrieden. Die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, habe im Mai bei 910 000 gelegen. Was 97 000 weniger waren als vor einem Jahr. „Diese Entwicklung ist zwar nicht befriedigend – es sind immer noch zu viele. Aber es gibt einen stetigen Abwärtstrend“, sagte Scheele. Den Betroffenen mangele es häufig an der erforderlichen Ausbildung. Viele Langzeitarbeitslose suchten daher eine Stelle als Hilfskraft. Doch nur 17 Prozent der Jobs, die der BA gemeldet werden, seien Helferberufe. „Da fallen Angebot und Nachfrage auseinander.“
Euphorischer klang er bei der Betrachtung des gesamten Arbeitsmarkts: Die Zahl aller Jobsuchenden sei auf unter 2,5 Millionen gefallen. Weniger als im vergangenen Monat, im vergangenen Jahr und so wenige wie seit über einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Die Arbeitslosenquote sank um 0,2 Punkte auf 5,6 Prozent. Würde man jene zur amtlichen Arbeitslosigkeit hinzu zählen, die derzeit an Aus- und Fortbildungskursen sowie Trainingsmaßnahmen der Arbeitsagenturen und Jobcenter teilnehmen, waren eine Million mehr Menschen auf Arbeitssuche – nämlich rund 3,53 Millionen.
Flüchtlinge werden auf Arbeitsmarkt vorbereitet
Die sogenannte Unterbeschäftigung sei im Vorjahresvergleich weniger stark gesunken als die Arbeitslosigkeit. Der Grund dafür sei die große Zahl von Flüchtlingen in Integrations- und Aufbaukursen. Die Zahl der offiziell als arbeitslos registrierten Flüchtlinge stagniert seit Monaten bei rund 180000, während die Zahl der Asylsuchenden, die als arbeitssuchend eingestuft sind, bei 484 000 lag. Tendenz steigend. Die meisten werden also nach wie vor noch auf den Arbeitsmarkt vorbereitet. Nicht enthalten sind in der Statistik zudem rund 100000 Asylbewerber, denen nach der Ablehnung ihres Asylantrags kaum Chancen auf einen Verbleib in Deutschland eingeräumt werden.
In Berlin ist die Zahl der Arbeitslosen auf knapp 168000 gesunken. Das sind über 13000 Personen weniger als im Mai 2016. In Brandenburg fiel der Rückgang um 13 900 Personen auf rund 91 000 noch etwas stärker aus. Berlin unterschritt zum ersten Mal überhaupt die Marke von neun Prozent. „Erfreulich ist, dass auch die Anzahl der Langzeitarbeitslosen in Berlin um fast 10 000 auf rund 49 000 gesunken ist“, sagte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne).
Budget der Jobcenter soll aufgestockt werden
Um mehr Langzeitarbeitslosen eine Jobperspektive zu bieten, setzt BA-Chef Scheele auf eine intensivere Betreuung. Die Mitarbeiter der Jobcenter sollen die sozialen und familiären Verhältnisse der Betroffenen stärker berücksichtigen und in engerem Kontakt zu ihnen stehen. Um die Jobcenter dafür personell besser auszustatten, müsse die künftige Bundesregierung das seit 2013 bei 6,5 Milliarden gedeckelte Jobcenter-Budget aufstocken. „Das thematisiere ich bei meinem Gesprächen in Berlin jedes Mal. Da bin ich sehr beharrlich“, sagte Scheele.
Im Mai erhielten 699 000 Personen Arbeitslosengeld, 53 000 weniger als vor einem Jahr. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung lag bei rund 4,4 Millionen was einem Anstieg von 97 000 entsprach. Somit sind gut acht Prozent der Menschen in Deutschland, die arbeiten könnten, hilfebedürftig.
Ein anderes Schwerpunktthema ist für Scheele die Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit. Im europäischen Vergleich hat Deutschland mit 6,8 Prozent die niedrigste Quote, während Griechenland mit 47,9 Prozent (Februar) den mit Abstand höchsten Wert aufweist. Insgesamt ist die Jugendarbeitslosigkeit mit 16,7 Prozent in der EU immer noch hoch, sinkt aber – wie auch die generelle Arbeitslosigkeit. Nach Angaben des Statistikamts Eurostat betrug sie im April 9,3 Prozent. Wobei es auch hier enorme Unterschiede gibt: Niedrig ist sie nach den Eurostat-Berechnungen außer in Deutschland in Malta (4,1 Prozent) und den Niederlanden (5,1); hoch in Griechenland (Februar: 23,2), Spanien (17,8) und Zypern (11,6).
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Stimmen zum Arbeitsmarkt:
BA-Vorstandschef Detlef Scheele:
„Ich finde, dass man über eine Arbeitslosenzahl unter 2,5 Millionen nicht einfach hinweggehen sollte.“
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD):
„Diese Zahlen sind der beste Beweis für die erfolgreiche Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik dieser Bundesregierung.“
Michael Müller, Regierender Bürgermeister (SPD):
„Das weitere Absinken der Arbeitslosenquote unter die Neun-Prozent- Marke ist ein erfreuliches Zeichen für die anhaltend positive Entwicklung von Konjunktur und Wirtschaft in Berlin.“
Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke):
„Wir wissen, dass viele Berlinerinnen und Berliner atypisch oder prekär beschäftigt sind.“
Christian Amsinck, Chef der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg:
„Die Arbeitsmarkt-Daten vom Mai sind eine Wucht.“
Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer:
„Für Unternehmen wird es immer schwerer, Stellen zu besetzen. Fachkräftemangel droht zur Wachstums- und Wohlstandsbremse zu werden.“
DGB-Vorstand Annelie Buntenbach:
„Wir brauchen wieder mehr Aufwärtsmobilität am Arbeitsmarkt – hier sind in erster Linie die Unternehmen gefordert. Sie müssen mehr ausbilden und in die Weiterbildung der Beschäftigten investieren.“
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