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Samsung warnt: Der Fernseher hört mit.
© dpa

Lauschangriff im Wohnzimmer: Welche Geräte mithören - und wie

Smartphones, Konsolen und TV-Geräte: Internetfähige Technik hört zu, wenn wir sprechen. Zuletzt erregte Samsungs lauschender Fernseher die Gemüter. Doch wie gefährlich sind mithörende Geräte wirklich?

Es sind beunruhigende Geräte, die George Orwell in seinem Roman „1984“ beschreibt: Die sogenannten Televisoren dienen in dem fiktiven Überwachungsstaat als Fernseher und Überwachungskamera gleichzeitig. Sie übermitteln selbst dann Ton- und Bilddaten, wenn der Fernseher ausgeschaltet ist. Daran fühlte sich womöglich so mancher erinnert, als in den vergangenen Tagen Nachrichten über den lauschfreudigen Fernseher von Samsung die Runde machten.

Zugegeben: Der Vergleich hinkt. Die mit dem Internet verbundenen Smart TVs haben mit den gruseligen Televisoren natürlich wenig gemein. Doch der südkoreanische Konzern befeuerte das öffentliche Interesse an seinen Fernsehern, weil er offiziell vor dem Einsatz der integrierten Sprachsteuerung warnte. „Sämtliche gesprochenen Worte”, heißt es in der Datenschutzerklärung des Unternehmens, würden bei der Nutzung der Spracherkennung registriert und an einen Drittanbieter weitergeleitet – und zwar „auch persönliche oder sensible Informationen“.

Wer hört unsere Gespräche mit?

Selbst wenn die TV-Geräte nach Aussage von Samsung nicht permanent Gespräche ihrer Nutzer über das Internet an Server übertragen, sondern nur bei explizit aktivierter Sprachsteuerung – es bleibt doch die Frage: Wann belauschen uns unsere Geräte? Wer kann zuhören? Und was passiert mit den Daten? Denn schließlich sind es nicht nur smarte Fernseher, die über eine Sprachsteuerung verfügen und auf gesprochene Befehle hören.

Wer sein iPhone an das Stromnetz angeschlossen hat, kann Apples virtuelle Assistentin Siri mit „Hey Siri!“ ansprechen. Die App Google Now hört auf „OK Google“. Amazons bereits in den USA erschienener Lauscher „Echo“ will mit „Alexa“ angesprochen werden. Und Microsofts Spielekonsole Xbox One wird mit dem Wort „Xbox“ aktiviert – zusätzlich erhältlich ist im Übrigen die Kamera Kinect, die die Gesichter der Menschen vor dem Fernseher scannen kann. Die Aufzählung ließe sich beliebig weiterführen.

Manche Geräte schicken alle Daten direkt in die Cloud

Fakt ist, dass Geräte mit einer geringen Rechenleistung wie etwa Smartphones jede Anfrage nach aktivierter Sprachsteuerung an die Cloud senden und diese dort verarbeitet wird. Samsung nutzt für seine smarten Fernseher dagegen zwei verschiedene Sprachsteuerungen. Bei der herkömmlichen reagiert das Gerät auf Signalwörter wie „Hi TV”. Auf diese Weise lässt sich etwa das Programm wechseln. Dafür lauscht der Fernseher zwar permanent in den Raum hinein, leitet die Audiodaten aber nicht weiter. Eine Verbindung zum Internet besteht in diesem Fall nicht.

Bei der zweiten Variante reagiert das Gerät auf konkrete Fragen, die der Nutzer hat. Etwa, welcher Film zur besten Fernsehzeit empfohlen wird. Um diese Frage zu beantworten, braucht das Gerät eine Internetverbindung. Die Frage wandelt der Dienstleister Nuance in Text um, damit sie eine Internetsuchmaschine beantworten kann. Der Nutzer aktiviert diese Funktion über eine Taste auf der Fernbedienung. Nur solange die Funktion angeschaltet sei, erfolge die Übertragung der Daten in die Cloud, heißt es bei Samsung.

Sind die Daten in der Cloud sicher?

Samsung warnt: Der Fernseher hört mit.
Samsung warnt: Der Fernseher hört mit.
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„Im Augenblick ist die Cloud als Ort der Datenspeicherung sehr angesagt“, sagt IT-Sicherheitsexperte Sebastian Schreiber. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Daten dort sicher sind. Zwar werden sie auf dem Weg in die Speicherwolke in der Regel verschlüsselt. Entscheidend ist dabei jedoch die Art der Verschlüsselung. Für Profis wie Schreiber, der für Unternehmen deren Sicherheitssysteme testet – quasi als Hacker im Auftrag –, stellt die Codierung oft keine große Hürde dar. Die Daten könnten von Angreifern – Geheimdiensten oder Kriminellen – im Prinzip an jeder Stelle abgegriffen werden, sagt er. „Mich macht betroffen, dass die Daten irgendwie und an irgendwen weitergeleitet werden. Es gibt keinerlei Transparenz für den Kunden, von welchen Unternehmen, von welchen Personen und aus welchen Ländern auf die Daten zugegriffen werden kann.” Auch die Drittfirmen beauftragen wiederum eigene Drittfirmen. Und so bleibt die Kette der Abnehmer häufig im Dunkeln. Unsichtbar verbreiten sich die Daten über die Rechenzentren der Welt.

Bei Samsung gehen die Daten nach Irland

Schreiber sieht es bereits als Fortschritt, wenn die Unternehmen auf die Weiterverarbeitung der Daten hinweisen. „Im Prinzip müssen die Gerätehersteller so transparent wie Samsung sein: Die sagen klar, in welchen Fällen Daten an wen weitergeleitet und verarbeitet werden.” Im Fall der lauschenden Fernseher gehen die Daten eben an Nuance – ein US-Unternehmen, das seinen europäischen Sitz in Irland hat. Es gelten also die verglichen mit Deutschland großzügigeren Datenschutzregeln.

Weniger klar geht es bei Samsung zu, wenn es um die Gegenmaßnahmen der Datenverarbeitung geht. „Sie können die Datenerhebung der Spracherkennungsfunktion jederzeit im Einstellungsmenü deaktivieren”, heißt es in der Datenschutzerklärung. Auf Nachfrage erklärte das Unternehmen außerdem, dass Kunden selbst entscheiden können, ob sie die Nutzungsbedingungen akzeptieren. Im Endeffekt heißt das wohl: Wer der Datenerhebung und Übertragung an Drittanbieter Nuance nicht zustimmt, der kann auch die Sprachsteuerung nicht nutzen. Es geht also nur ganz oder gar nicht. Gesa Diekmann vom IT-Branchenverband Bitkom sagt: „Die Sprachsteuerung lässt sich jederzeit problemlos ausschalten. Das ist oft in drei Schritten getan.“ Der Käufer sollte sich eben sorgfältig darüber informieren, welche neuen Möglichkeiten sein Gerät bietet, damit er die Angebote selbstbestimmt nutzen könne.

Smartphone-Apps haben Zugriff auf Kamera oder Mikrofon

Unterdessen sehen Datenschützer nicht nur Probleme mit der Übertragung der Sprachdaten an Drittanbieter. „Auch viele Anwendungen, die etwa auf Smartphone oder Smart TV installiert sind, haben je nach Funktion Zugriff auf Kamera und Mikrofon“, sagt Marco Biewald, Vorstand im Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD). „Beim Smart TV hat man keine Möglichkeit, diese Berechtigungen auch nur ansatzweise zu sehen oder zu beeinflussen“, kritisiert er.

Auf Android-Telefonen lassen sich diese Berechtigungen zumindest mit Spezialapps anzeigen, und bei Apple-Produkten kann der Nutzer für jedes einzelne Programm einstellen, ob es auf Kamera und Mikrofon zugreifen darf. Im Endeffekt muss er dann bei jeder App neu entscheiden, ob er ihr genug vertraut, um den Zugriff zu erlauben. Ein Grundproblem bleibt aber bei allen Geräten mit Lauschfunktion:„Der Nutzer muss darauf vertrauen, dass nur dann Daten übertragen werden, wenn er das Stichwort zur Datenübertragung sagt. Überprüfen kann er es aber nicht.“

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