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Die Lufthansa hat ihr Ziel erreicht.
© Tobias Schwarz,AFP,Promo,Getty Images, iStockphoto,Montage Tsp
Update

Lufthansa-Deal: Was wird aus Air Berlin nach dem Verkauf?

Lufthansa übernimmt mehr als die Hälfte der insolventen Fluggesellschaft. Was bedeutet das für Mitarbeiter und Kunden? Fragen und Antworten.

Carsten Spohr genoss es sichtlich, als erster und persönlich die großen Weichenstellungen für den Konkurrenten Air Berlin zu verkünden – zunächst im Frühstücksfernsehen, dann nochmal detaillierter vor knapp 100 Unternehmern im Berlin Capital Club mit Blick auf den Gendarmenmarkt.

Der Termin am Donnerstag sei schon vor einem halben Jahr vereinbart gewesen, erklärte der bestens aufgelegte Lufthansa-Konzernboss – und wollte so Kritikern begegnen, die eh glauben, die Teil-Übernahme der Air Berlin sei ein „abgekartetes Spiel“, wie es hieß. Jedenfalls habe er seinen besten Füllfederhalter dabei für den Besuch um 12 Uhr beim Notar. Erst am Nachmittag bestätigte Air Berlin selbst den Vollzug in einer Mitteilung. Es werden nicht die letzten Worte in der Sache gewesen sein. Doch für viele dürften diese Unterschriften schon jetzt Konsequenzen haben.

Was wird aus dem Personal in Cockpit und Kabine?

Die meisten Piloten und Flugbegleiter werden anders als die Flugzeuge sowie die Start- und Landerechte nicht von der Lufthansa und anderen möglichen Käufern direkt übernommen, sondern müssen sich bei den jeweiligen Airlines neu bewerben. Beim Lufthansa-Konzern erfolgt die mögliche Anstellung nicht bei der Muttergesellschaft, sondern zu wesentlich schlechteren Bedingungen bei der aus tariflichen Gründen in Österreich registrierten Eurowings Europe. In Kreisen der Betroffenen heißt es, dass Piloten hier bei erheblich höherer Arbeitsleistung Gehaltseinbußen von 20 bis 40 Prozent hinnehmen müssten. Spohr versprach immerhin, die Mitarbeiter sollten in Österreich deutsche Verträge bekommen.

Was wird aus dem Bodenpersonal?

Viele Mitarbeiter der Air Berlin – vor allem die 1400 aus der Verwaltungszentrale – werden sich neue Arbeitgeber suchen müssen. Viele dürften dabei zügig Erfolg haben. Bei einer Jobmesse am Dienstag präsentierten sich zahlreiche große Arbeitgeber der Region, Unternehmen von Deutsche Bahn bis Zalando. Auch das Land Berlin möchte Air Berliner einstellen, vor allem jene mit Kompetenzen in IT und Buchhaltung. Wer diese Kriterien nicht erfüllt, könnte in einer Transfergesellschaft umgeschult werden, die Geschäftsführung und Betriebsrat gründen müssten. Das Geld dafür müsste zu großen Teilen aus der Kasse des Landes Berlin kommen. Ob NRW und Bayern, wo Air Berlin ebenfalls Standorte hat, sich beteiligen, war zunächst unklar.

Die Gewerkschaften sind gleichwohl unzufrieden mit dem Verfahren. „Wir kritisieren scharf, dass die Lufthansa auf Profitsteigerungen und Unternehmenserweiterungen aus ist, sich aber der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern entziehen will“, sagte Christine Behle aus dem Bundesvorstand von Verdi. Offenbar sei geplant, durch das Verfahren der Neueinstellung eine gezielte Personalauswahl zu betreiben, bei der vermutlich Jüngere und somit billigere Arbeitskräfte bevorzugt eingestellt werden sollen.

Was wird aus dem Standort Berlin?

Die Lufthansa hatte Berlin lange stiefmütterlich behandelt und selbst nur noch die Zubringerflüge zu ihren Drehkreuzen in Frankfurt und München angeboten. Alle übrigen Inlands- und Europastrecken wurden an die Billigtochter Eurowings abgetreten. 2012 – in Erwartung, dass der BER eröffnet – stockte der Konzern die Zahl der Direktflüge ab Berlin von neun auf bis zu 49 Ziele auf. Heute sind es wieder nur 25.

Wie viele Direktflüge durch die Übernahme des bisherigen Berliner Marktführers dazukommen, ist noch offen. Spohr kündigte lediglich an, die Langstrecke nach New York weiterführen zu wollen, die im Sommer 2018 dann von Eurowings bedient werden soll. Andere Air Berlin-Destinationen in Nordamerika und der Karibik werden die Berliner künftig nur per Umsteigeverbindung erreichen können. Zu erwarten ist, dass ausländische Billigflieger wie Norwegian, EasyJet und Ryanair ihr Engagement in Berlin weiter ausbauen werden. Beide letztgenannten fliegen aber nicht in die USA oder nach Asien.

Wird es Auflagen für die Lufthansa geben?

Bei Teilübernahme von Air Berlin durch die Lufthansa rechnet der Vorsitzende der Monopolkommission, Achim Wambach, mit Auflagen der Kartellbehörden. Die Kartellbehörden würden sich die einzelnen von dem Verkauf betroffenen Strecken nun genau anschauen, sagte Wambach der "Rhein-Neckar-Zeitung". "Und wenn Wettbewerbsprobleme erkannt werden, wird es sicherlich Auflagen geben." Dies halte er "sogar für wahrscheinlich".

Möglich wäre etwa, dass Deutschlands größte Fluggesellschaft verpflichtet werde, "bestimmte Start- und Landerechte an Wettbewerber abzugeben", führte Wambach aus. Er gehe allerdings davon aus, dass sich die Lufthansa dazu vorab habe beraten lassen und "mögliche kartellrechtliche Schranken sehr genau kennt".

Wambach kritisierte, dass die Bundesregierung der insolventen Air Berlin einen Überbrückungskredit in Höhe von 150 Millionen Euro gewährt hatte, um den Flugbetrieb vorerst zu sichern. "Dass bei einer Unternehmensinsolvenz der Staat einspringt, ist nicht gut", sagte der Experte. In solch einem Fall müsse es "andere Lösungen geben - zum Beispiel Insolvenzversicherungen wie bei Pauschalreisen".

Wird Fliegen jetzt teurer?

Nach einer Berechnung von Ryanair steigt der Marktanteil der Lufthansa in Deutschland mit der Übernahme von großen Teilen der Air Berlin um 13 auf 60 Prozent, im Inlandsverkehr sogar um 27 auf 95 Prozent. Der Verband Deutsches Reisemanagement hat bereits im September festgestellt, dass die Ticketpreise für Geschäftsreisen bei der Lufthansa anziehen. Auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat vor einer zunehmenden Zahl von Lufthansa-Monopolstrecken gewarnt.

Die Air Berlin-Langstrecken ab Düsseldorf in die Karibik werden von Eurowings übernommen, im Frühjahr 2018 sollen Ziele in Nordamerika folgen. Eine zunehmende Konkurrenz durch ausländische Billigflieger wird die Lufthansa nicht verhindern können. Langfristig dürften also nur ausgewählte Routen viel teurer werden.

Verfallen die Tickets?

Air Berlin wird wohl ab Ende Oktober nicht mehr unter eigenen Flugnummern fliegen. Tickets für spätere Flüge verlieren ihre Gültigkeit. Geld zurück gibt es nur für Flüge, die nach dem 15. August gekauft worden sind. Diese Ansprüche können nur im späteren Insolvenzverfahren geltend gemacht werden, wo Kleingläubiger gegenüber denen mit wesentlich höheren Forderungen aber geringe Chancen haben.

Zugleich gibt es politische Forderungen, dass Lufthansa und andere Käufer der Air Berlin den geprellten Kunden entgegenkommen (siehe Interview mit Verbraucherschützer Klaus Müller). Im Frankfurter Konzern denkt man darüber nach, wie man hört. Bei Touristen, die eine Pauschalreise gebucht haben, die einen Flug mit Air Berlin beinhaltet, muss sich der Reiseveranstalter um entsprechende Umbuchung kümmern.

Was wird aus dem Rest von Air Berlin?

Die Verhandlungen mit EasyJet dauern an, gestalten sich aber schwierig. „Wir kommentieren keine Details des Vorgangs“, sagte Firmensprecher Paul Moore zu Gerüchten, nach denen der britische Billigflieger sein Angebot für 30 Airbusse reduziert hat, nachdem ihm Lufthansa die gewünschten Slots in Berlin und Düsseldorf weggeschnappt hat. Auch der zum Thomas Cook-Touristikkonzern gehörend Ferienflieger Condor ist offenbar wieder im Rennen, wie es scheint. Auch dazu: kein Kommentar. (mit AFP)

Die Lufthansa hat bei Air Berlin zugegriffen.
Die Lufthansa hat bei Air Berlin zugegriffen.
© Reuters/Hannibal Hanschke

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