Schönheitsoperationen: Was Mann machen kann
Immer mehr Männer entschließen sich zur Schönheitsoperation, dabei gibt es einiges zu beachten.
Alles neu macht der Mai, dichtete Hermann Adam von Kamp einst. Wer auf den Wonnemonat nicht warten oder den Versprechungen des Poeten nicht vertrauen mag, kann auch zum Schönheitschirurgen gehen. So hat es Frederick Mennckes getan, Unternehmensberater aus Berlin-Schöneberg. Vor einem halben Jahr entschloss sich der 34-Jährige zum chirurgischen Eingriff; der ungeliebte Hügel auf dem Nasenbein sollte verschwinden. Als zwei Wochen später der Verband vom Gesicht verschwand, war die Freude groß: „Es war wie der erste Tag in einem neuen Leben“.
Männer unterm Messer – das ist noch eine Seltenheit, die aber immer häufiger vorkommt. Rund 130 000 ästhetische Eingriffe zählte die Deutsche Gesellschaft der Plastischen und Ästhetischen Chirurgen (DGÄPC) 2014 insgesamt. Lediglich ein Sechstel davon (15 000 Eingriffe) wurde an Männern vollzogen. Das könnte sich aber bald ändern: „Über die vergangenen Jahre hinweg haben wir eine gewisse Zunahme der Operationen bei Männern beobachtet“, sagt Sven von Saldern, DGÄPC-Präsident und Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie in Augsburg.
66 Euro pro Millimeter Manneskraft
Auch beim zweiten großen Branchenverband, DGPRÄC, glaubt man, dass die Zahl der Patienten mit XY-Chromosom steigen wird: „Leute wie Jürgen Klopp ziehen natürlich Nachahmer nach sich“, betont DGPRÄC-Geschäftsführerin Kerstin van Ark. Auf dem Kopf des Fußballtrainers waren vor zwei Jahren Haare aufgetaucht, mit denen niemand mehr gerechnet hatte.
Die Haartransplantation ist dabei einer der wenigen Eingriffe, bei dem männliche Patienten die Mehrheit stellen. Ausschließlich von Männern nachgefragt werden hingegen, wenig verwunderlich, Eingriffe am besten Stück. Paul Edelmann, Facharzt für Chirurgie in Frankfurt am Main, operiert nach eigener Aussage jedes Jahr „eine ganze Reihe von Patienten“ unter der Gürtellinie. Die Anatomie macht es möglich: „Ein Teil des Schwellkörpers ist im, ein anderer Teil ist außerhalb des Körpers gelegen“, sagt Edelmann. Wenn man die richtigen Bänder per Skalpell kappt, gelinge es manchmal – allerdings nicht immer – das Geschlechtsorgan zu verlängern. Auf bis zu drei Zentimeter Zuwachs können Männer durch den Eingriff hoffen, was wiederum ein Arzthonorar von etwa zwei bis dreitausend Euro nach sich zieht, im günstigsten Fall also stolze 66 Euro pro zusätzlichen Millimeter Manneskraft.
Schnelle Heilung
Preislich gleich, medizinisch aber weitaus einfacher funktioniert das Umfangswachstum: Dafür kann Fettgewebe von jeder beliebigen anderen Körperstelle verwendet und unter die Haut gespritzt werden. Die Heilung dauert in beiden Fällen nicht lange: Männer mit Bürojobs könnten meist nach drei bis vier Tagen wieder arbeiten gehen, bei schweren körperlichen Arbeiten dauere es etwas länger, so Edelmann. Selbst evolutionsdienliche Aktivitäten können binnen kurzer Zeit wieder aufgenommen werden: „Sex sollte nach zwei Wochen wieder möglich sein.“
Wie groß das Geschäft mit der Schönheit ist, das weiß indes keiner so genau – weder Frau van Ark noch Herr von Saldern. Es sei schon schwierig, die Umsätze zu schätzen, die allein von den plastischen Chirurgen gemacht werden, sagt von Saldern. Er könne sich vorstellen, dass jährlich mit Schönheitsoperationen knapp über eine Milliarde Euro umgesetzt werden. „Eine wirklich seriöse Schätzung ist aber nicht möglich“, die Grauzone sei riesig.
Falten weg im Beauty-Salon um die Ecke
Mittlerweile können kleinere Eingriffe schon im Beauty-Salon um die Ecke erledigt werden – fernab von ausgebildeten Medizinern. Etwa wenn es darum geht, Gesichtsschluchten in Flachland zu verwandeln: „Einige Substanzen zur Faltenunterspritzung gelten rechtlich als sogenannte Medizinprodukte“, sagt von Saldern, „und die dürfen auch von Nicht-Ärzten angewendet werden.“ Von Saldern sieht das skeptisch: „Auch Medizinprodukte können schwerwiegende Komplikationen verursachen.“
Aber selbst wenn es ein Schönheitschirurg ist, der Spritze oder Skalpell zückt - verlassen darauf, dass es sich auch wirklich um einen Chirurgen handelt, kann sich der Patient nicht. Denn die Berufsbezeichnung ist rechtlich nicht geschützt: „Schönheitschirurg darf sich im Prinzip jeder nennen, der Arzt ist und die Approbation besitzt“, sagt von Saldern. Es gebe daher am Markt auch Ärzte, die keine ausreichende Ausbildung für die Eingriffe haben, die sie anbieten. „Die Facharztbezeichung für plastische und ästhetische Chirurgie ist die einzig nachprüfbare Garantie, dass der Arzt eine geregelte Ausbildung durchlaufen hat.“
Großer Aufklärungsbedarf
Dörte Elß, Rechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Berlin, rät deshalb, die Qualifikation des Operateurs vorab bei der Ärztekammer zu überprüfen. Gleichzeitig dringt die Verbraucherschützerin darauf, Fragen zu stellen: „Der Aufklärungsbedarf bei Schönheitsoperationen ist weitaus höher als bei normalen Eingriffen.“ So müssen Patienten auch über Erfolgsaussichten und mögliche Misserfolge oder Komplikationen aufgeklärt werden. Und: Der Patient sollte darauf achten, dass er diese Informationen vom Arzt auch tatsächlich bekommt. „Die Ärzte sind durch das Patientenrechtegesetz dazu verpflichtet, ein mündliches Aufklärungsgespräch zu führen und Kopien der schriftlichen Aufklärungsunterlagen auszuhändigen."
Auch Fragen zum schnöden Mammon sollten bei dieser Gelegenheit geklärt werden: „Sind beim Gesamtpreis auch die Narkose eingerechnet und die Krankenhausleistungen? Und was ist, wenn etwas schiefläuft? Sind Nachoperationen im Preis eingeschlossen?“ All das sollte im Kostenvoranschlag vorab schriftlich festgehalten werden, so Elß.
Was bei Behandlungsfehlern zu tun ist
Aber was tun, wenn nach dem Koma nicht der Schöne, sondern das Biest aus dem Spiegel grüßt? Geht die Operation schief und der Patient möchte einen Behandlungsfehler geltend machen, müsse zunächst geklärt werden, ob der Arzt gegen die allgemein anerkannten fachlichen Standards verstoßen hat, so Elß. Zudem müsse der Patient beweisen, dass aufgrund dieses Fehlers bei ihm ein Schaden entstanden ist. Die Rechnung für den Gutachter muss dann aber aus eigener Tasche beglichen werden, die Krankenkassen springen in diesem Fall nicht ein. „Da ist man auf sich selbst gestellt und es bleiben nur die Wege über eine Schlichtungsstelle oder ein Klageverfahren“, warnt die Verbraucherschützerin.
Immerhin, Frederick Mennckes neue Nase gab bislang keinen Grund zur Klage. Hat sich der Eingriff also gelohnt? „Das kommt darauf an, wen man fragt“, sagt der Schöneberger, „mein Freund sagt ja, meine Mutter sagt nein.“ Aber ach, was wissen Mütter schon.
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