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Wintereinbruch. Die Deutsche Bahn hatte auf zahlreichen Strecken mit Verspätungen und Zugausfällen zu kämpfen.
© imago/Bettina Strenske

Wintereinbruch und Fahrplanwechsel: Was die Störungen im Bahnbetrieb auslöste

Die Pannen bei der Deutschen Bahn setzen sich fort – auch auf der neuen Superstrecke Berlin-München geht es nicht so schnell voran wie versprochen.

Fahrplanwechsel, Schnellstreckeneröffnung, Wintereinbruch – für die Deutsche Bahn (DB) war das zu viel. Nach dem Pannenwochenende lief auch am Montag nicht alles rund beim Schienenkonzern. Fahrgäste, die zum Beispiel am Montagmorgen in Berlin um 7.38 Uhr den ICE auf der am Freitag offiziell eröffneten Schnellfahrstrecke nach München besteigen wollten, hatten Pech: Der Zug fiel aus. Auch ein ICE, der am Morgen in München um 9.55 Uhr starten sollte, nahm die Fahrt nach Auskunft von Fahrgästen erst mehr als eine Stunde später auf und sollte Berlin nach Bahn-Auskunft mit mehr als zwei Stunden Verspätung erreichen. Passagieren wurde empfohlen, den Zug zu wechseln. Die Bahn begründete dies mit den Folgen der Ausfälle am Sonntag: Züge und Personal hätten an den jeweiligen Abfahrtsbahnhöfen noch „nicht entsprechend der Planung bereitgestellt werden können“. Die Züge am früheren Morgen fuhren planmäßig. Die DB setze alles daran, kurzfristig einen „möglichst fahrplanmäßigen Verkehr“ sicherzustellen, hieß es in der Berliner Zentrale.

Dort liefen am Montag weitere Pannenmeldungen ein, denn auch auf anderen Strecken gab es zum Start der ersten Woche mit dem neuem Fahrplan Probleme. Der Eurocity von Hamburg nach Prag, der um 8.51 Uhr starten sollte, fiel laut Online-Auskunft ebenfalls aus. Auf einer weiteren morgendlichen Verbindung von Hamburg nach Berlin fuhr nur ein Ersatz- Zug. Ein Zug, der in Berlin in Richtung Hamburg startete, war so voll, dass nicht mehr alle Reisenden mitfahren konnten. Von Berlin nach Hannover hatte ein ICE deutlich weniger Wagen als geplant – und es wurde eine hohe Auslastung erwartet.

Auf der Schnellfahrstrecke Köln- Rhein/Main fuhren die Züge am Montag wieder. Wie geplant wurde die Hochgeschwindigkeits-Trasse zwischen Köln und Frankfurt wieder freigegeben. Auf einigen Abschnitten gab es jedoch noch Geschwindigkeitsbegrenzungen, daher waren Verspätungen wahrscheinlich. Am Sonntag hatte die Deutsche Bahn die Trasse wegen des Wintereinbruchs gesperrt und die Fernverkehrszüge umgeleitet, damit sie mögliche witterungsbedingte Schäden beheben kann. Am Montag teilte die Bahn mit, es stünden aktuell wegen der Schäden rund „ein Dutzend ICE zur Reparatur in den Werkstätten“.

Etwas mehr konnte das Unternehmen auch zu den Gründen für die Störungen auf der neuen ICE-Strecke Berlin-München sagen, in die rund zehn Milliarden Euro investiert worden waren. Sie war im Beisein von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Michael Müller, eröffnet worden. Bei der Eröffnungsgala in der Nacht zum Samstag hatte ein Zug mit rund 200 Ehrengästen und Journalisten München wegen diverser Pannen auf der Strecke aber mehr als zwei Stunden zu spät erreicht. Laut Bahn hatte es gleich mehrere Störungen gegeben, für die aber nicht der Konzern allein verantwortlich war. „So war aufgrund eines Personenunfalls bei Ingolstadt die Strecke Nürnberg-Ingolstadt-München für acht Stunden gesperrt“, sagte ein Bahn-Sprecher. Hinzu seien technische Störungen bei einzelnen Fahrzeugen gekommen; Details nannte die Bahn nicht. Die auf der Strecke eingesetzten ICE Sprinter-Züge wurden von dem Herstellerkonsortium unter Federführung von Bombardier und Siemens produziert. „Wir arbeiten hier aktuell gemeinsam mit den Herstellern daran, die Ursachen zu ermitteln und schnellstmöglich zu beheben“, teilte die Bahn mit. Die planmäßige Fahrzeit von Berlin nach München soll sich auf der neuen Strecke um zwei auf vier Stunden verkürzen.

Fahrgastverband kritisiert mangelhafte Information

Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte die unzureichende Fahrgastinformation bei Störungsfällen. Was da „abgeliefert wird, ist absolut unbefriedigend“, sagte der Ehrenvorsitzende des Verbands, Karl-Peter Naumann, im Bayerischen Rundfunk. Er beklagte, dass die Bahn neben technischen Problemen nicht genügend Personal habe, das im Störungsfall eingreifen und informieren könne. Es nütze nichts, „wenn jemand, der gleichzeitig im Stellwerk mit der Organisation des Schienenverkehrs beschäftigt ist, auch noch die Information geben muss“, sagte Naumann. Dafür habe er im Störungsfall gar keine Zeit. Die neuen ICE-Züge kritisierte Naumann ebenfalls, sie seien zu sehr mit Elektronik vollgestopft und nicht alltagstauglich. Hier liefere die Industrie nicht, was gebraucht werde.

Eine süße Überraschung gab es für Reisende am Berliner Ostkreuz: Mit dem Fahrplanwechsel wurde dort der neue Regionalbahnsteig am Gleis 1-2 in Betrieb genommen - die Deutsche Bahn feierte diesen Anlass mit dem Verteilen von Schokoladenherzen.

Wie Bahnkunden entschädigt werden

Die Bahn bittet Reisende für kurzfristige Verspätungen und Umleitungen um Verständnis. Man biete spezielle Kulanzregelungen an, die in den jeweiligen Zügen kommuniziert worden seien, teilte die Bahn am Montag mit. Betroffene Fahrgäste werden gebeten, die Service-Hotline der Bahn unter der Nummer 01806/996633 anzurufen. Darüber hinaus würden die üblichen Fahrgastrechte bei Verspätungen oder Zugausfällen gelten. Doch diese sind in Gefahr. Die EU-Kommission will die Kundenrechte einschränken und den Regelungen im Flugverkehr anpassen. Bisher stehen Bahnreisende deutlich besser da. So muss die Bahn anders als Airlines auch dann eine Entschädigung zahlen, wenn Verspätungen oder Zugausfälle auf höhere Gewalt – also etwa schlechtes Wetter oder Streiks – zurückzuführen sind. Bei Verspätungen von 60 Minuten kann man 25 Prozent des Fahrpreises zurückverlangen, kommt der Zug mit zwei- oder mehrstündiger Verspätung am Ziel an, sind es sogar 50 Prozent. Die EU-Kommission will die Bahn nun jedoch von der Haftung für Verspätungen freistellen, die durch schlechte Witterungsbedingungen oder große Naturkatastrophen verursacht werden. Ob die Bundesregierung mitmacht, ist aber unklar. Man habe noch keine abschließende Position, heißt es im federführenden Bundesjustizministerium. mit dpa/AFP

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