Facebooks Like-Button: Was das EuGH-Urteil für Unternehmen und Nutzer bedeutet
Betreiber von Internetseiten werden für Facebooks Datensammlung in die Verantwortung genommen. Drei Anwalte erklären die Folgen für Firmen und Kunden.
Am Ende könnte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) für Internetnutzer überschaubare Folgen haben: einen weiteren Klick. Doch für sozialen Netzwerke, Unternehmer und Datenschützer dürfte die Entscheidung vom Montag folgenreich sein. Sie besagt, dass Betreiber einer Internetseite mitverantwortlich für die Daten sind, die durch einen eingebundenen Facebook-Like-Button erhoben werden. Sollte eine Einwilligung nötig sein, ist nicht Facebook, sondern der Seitenbetreiber dafür zuständig diese Zustimmung einzuholen.
Seit 2009 gibt es den Like-Button bei Facebook, inzwischen ist er zum Symbol des sozialen Netzwerks geworden. Und schon kurz nach seiner Implementierung tauchte er plötzlich auch auf anderen Internetseiten auf. Nutzer konnten ihr Gefallen für ein Produkt nun direkt im Onlineshop kundtun. Doch gerade im Zuge der Datenskandale, die Facebook seit Jahren produziert und die dem Konzern gerade erst eine Strafzahlung von fünf Milliarden Dollar eingebrockt haben, rückt auch die Art der Datenerfassung beim Like-Button immer stärker in den Fokus.
Like-Button weniger genutzt
Hintergrund des aktuellen Urteils ist allerdings ein Streit aus dem Jahr 2015 zwischen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen und dem Mode-Online-Händler Fashion ID, der zu Peek & Cloppenburg gehört. Die Verbraucherzentrale hatte argumentiert, die Verwendung des „Gefällt mir“-Buttons verstoße gegen Datenschutzrecht und reichte eine Unterlassungsklage gegen Fashion ID ein.
Für viele verständlich, denn anders als auf den ersten Blick ersichtlich schöpft der Facebook-Like-Button die Daten nämlich nicht erst ab, wenn man ihn klickt, sondern registriert IP-Adresse, Datum und Zeit des Aufrufs sowie weitere Informationen über den genutzten Computer sofort, wenn der Kunde auf die Seite kommt – egal ob er diese liken wird oder überhaupt bei Facebook angemeldet ist. Wegen zahlreicher Rechtsstreitigkeiten über dieses Verfahren wurde der Button zuletzt von immer weniger Seiten verwendet.
Doch nun nimmt der EuGH mit seinem Urteil nicht nur Facebook, sondern auch den Seitenbetreiber dafür in die Haftung und zielt eine „gemeinsame Verantwortlichkeit“ ab, wie Juristen es nennen. Aus Sicht von Karsten Bartels ist diese Sichtweise jedoch falsch. „Es ist sehr fraglich, ob hier wirklich gemeinsam über Mittel und Zwecke der Datenverarbeitung entschieden wird“, meint der Vorsitzende der Arbeitsgruppe IT-Recht des Deutschen Anwaltvereins. „Denn wer mit dem Like-Button von Facebook arbeitet, kann nur über das Ob der Nutzung entscheiden, mehr aber auch nicht.“
Die Informationen, wofür die Daten verwendet werden, gibt Facebook schließlich nicht heraus. Es dürfte schwierig sein, „Kunden über die übermittelten Daten mit Personenbezug zu informieren, wenn ich selbst den Umfang der Übermittlung nicht kenne“, kritisiert er.
Auch Youtube, Twitter und Google betroffen
Und so stellt die neue Rechtsprechung Firmen vor neue Herausforderungen. Denn das Urteil könnte analog auch für die Einbettung anderer Webinhalte gelten, wie etwa Google Maps, Youtube-Videos oder Twitter-Buttons. „Die betroffenen Unternehmen sollten unbedingt prüfen, wie sie mit Social-Media-Plugins umgehen“, rät Bartels. Sogenannte „Share-Buttons“, über die man Links zu bestimmten Seiten verschicken kann. „Hier wird die Datenübertragung erst mit dem Klick auf den Button, meist sogar in einem eigenen Fenster, gestartet“, so Bartels.
Möglichkeiten auch Like-Buttons datenschutzkonform zu gestalten gibt es schon lange. Schon vor er im vergangenen Jahr eingeführten Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) waren hierfür zwei Möglichkeiten am Markt. „Die erste Variante ist als „Zwei-Klick-Lösung“ bekannt“, erklärt Friederike Lemme, Fachanwältin für Internetrecht. Hier sei der Like-Button so lange inaktiv, bis der Nutzer ihn anklickt und in dadurch aktiviert. „Um dann auch wirklich zu „liken“, muss er ein zweites Mal klicken.“
Bei der zweiten Variante namens „Shariff“ ist der Button ebenfalls so lange inaktiv bis er angeklickt wird. „Hier ist allerdings kein zweiter Klick nötig, da Aktivierung und Like durch ein und denselben Klick ausgelöst werden. „Ich hielte es für sinnvoll, wenn derartige Möglichkeiten angesichts des heutigen Urteils wieder vermehrt genutzt werden“, meint Lemme.
Ist eine Einwilligung der Nutzer nötig?
Möglich ist allerdings auch, dass die Seitenbetreiber die Zustimmung vor dem Betreten der Seite einholen – ähnlich wie es seit der Einführung der DSGVO bei Cookies üblich ist. Es sei allerdings auch nicht auszuschließen, dass das Urteil folgenlos bleibt, warnt Lemme. „Einige Mutige könnten argumentieren, ihr berechtigtes Interesse, ihr Geschäft durch die unkomplizierte Nutzung des Like-Buttons profitieren zu lassen, würde schwerer wiegen als das datenschutzrechtliche Interesse, eine IP-Adresse nicht ohne Einwilligung zu übertragen“, erklärt sie. „Ich würde allerdings annehmen, dass die Aufsichtsbehörden dieser Argumentation nicht folgen würden.“
Auch Bartels sieht das skeptisch: „Es dürfte schwierig werden, ein eigenes berechtigtes Interesse zu begründen, wenn nicht klar ist, was Facebook mit den übermittelten Daten anstellt und wie die Freiheits- und Persönlichkeitsrechte der Betroffenen gewahrt werden können.“
Dass es diese Überlegung überhaupt gibt, liegt daran, dass der EuGH eben nicht über die Notwendigkeit einer Einwilligung der Kunden geurteilt hat, sondern nur über die Frage, wer dafür die Verantwortung trüge. Ob es diese Einwilligung überhaupt braucht, entscheidet das Oberlandesgericht Düsseldorf, vor dem sicht die Verbraucherzentrale und Fashion ID streiten. Für Medienanwalt Christian Solmecke ist das Ergebnis allerdings klar. „Ich gehe davon aus, dass eine Einwilligung notwendig sein wird.“
Thorsten Mumme
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