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Das Bargeld liegt den Deutschen am Herzen.
© dpa

Bar- oder Kartenzahlung: Warum wir Deutschen nicht auf Bargeld verzichten wollen und sollen

Experten schlagen die Abschaffung des Bargeldes vor, die Skandinavier sind schon fast soweit. Sie wollen die Kriminalität austrocknen. Warum dieses Argument nicht zieht und warum wir Deutschen auf Bargeld nicht verzichten wollen und sollen - ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Das Klimpern der Münzen in der Hosentasche, das Rascheln der Scheine in der Hand: Das sind die Geräusche des Wohlstands. Geräusche, auf die wir Deutschen nicht verzichten wollen. Seit der Ökonom und Wirtschaftsweise Peter Bofinger erklärt hat, wir sollten die Münzen und Scheine doch besser abschaffen, ist die Empörung groß. Die Deutschen verteidigen, was ihnen lieb und teuer ist: ihr Bargeld. Und zwar zu Recht.

Die Welt wäre ohne Scheine und Münzen deutlich besser, flüstern uns die Bargeld-Kritiker ein. Sie argumentieren, kriminelle Geschäfte, die oft mit Scheinen bezahlt werden, wären dann nicht mehr möglich. Das Ende des Bargelds wäre also auch das Ende des Schwarzgelds. Ernsthaft? Als wenn Drogenbosse und Mafiachefs keine geheimen Bankkonten hätten. Außerdem gibt es da ja auch noch Bitcoins: Die Internetwährung dürfte Kriminellen ganz neue Möglichkeiten eröffnen – ohne Bargeld.

Dabei müssten wir nur einen Blick in den Norden werfen, meinen die Kritiker. Dort würde man schließlich schon jetzt größtenteils aufs Bargeld verzichten. Die Schweden sind bereits so weit, dass in etlichen Kirchen das Kartenlesegerät den Klingelbeutel verdrängt hat. In Stockholm kann man selbst die Obdachlosenzeitung auf der Straße per Karte bezahlen. Und im Nachbarland Dänemark sollen kleine Geschäfte vom kommenden Jahr an kein Bargeld mehr annehmen müssen. Ende 2016 will die dänische Zentralbank die Herstellung von Scheinen und Münzen dann ganz einstellen. Schweden und Dänen machen es uns also vor: Ein Leben ohne Bargeld ist möglich. Na und? Die entscheidende Frage ist nicht, ob wir theoretisch auch ohne Bargeld leben könnten – sondern ob wir das wollen. Und wir Deutschen wollen auf unsere Scheine und Münzen definitiv nicht verzichten.

74 Prozent der Deutschen sind gegen eine Abschaffung des Bargeldes

Gerade erst haben sich 74 Prozent in einer Umfrage gegen die Abschaffung ausgesprochen. Denn das Bargeld ist für uns Deutsche vor allem eins: eine emotionale Sache. Es gibt uns das Gefühl von Sicherheit und Unabhängigkeit.

Sicherheit, weil wir die Scheine und Münzen anfassen und nachzählen können. Ein Blick in den Geldbeutel reicht, um zu sehen, ob wir uns den teuren Wein, das neue Paar Schuhe oder die Fahrt im Taxi tatsächlich leisten können. Unabhängig macht uns das Bargeld, weil wir nicht auf die Banken angewiesen sind. Im Zweifel können wir unser Erspartes einfach abheben. Wie wichtig das sein kann, zeigte sich besonders deutlich nach Ausbruch der Finanzkrise. Die Kanzlerin musste uns damals höchstpersönlich versichern, dass das Ersparte auf der Bank wirklich sicher sei.

Denn eines sollten wir nicht unterschätzen: Die Freiheit, unser Guthaben jederzeit als Bargeld abzuheben, bedeutet für uns Bankkunden Macht. Dass das den Geldinstituten nicht gefällt, ist klar. Ohne Bargeld ließen sich zum Beispiel auch so genannte Negativzinsen viel leichter einführen. Das Guthaben auf dem Konto würde dann einfach von Monat zu Monat weniger. Ohne dass die Kunden etwas dagegen tun könnten. Noch ist das Zukunftsmusik. Aber was für Großkunden gilt, kann eines Tages durchaus auch Kleinsparern drohen. Die Möglichkeit, sein Konto abzuräumen, verhindert das.

Bei der Diskussion um die Abschaffung des Bargelds geht es also um mehr als ein Gefühl. Es geht um die Sicherheit, Unabhängigkeit und Macht der Bankkunden. Alles drei ist: unbezahlbar.

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