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Nur Bares ist Wahres.
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Kartenzahlung statt Münzen und Scheine: Banken wollen den Deutschen das Bargeld austreiben

Die Deutschen zahlen bevorzugt mit Scheinen und Münzen, daran ändern auch neue Technologien wie Bezahl-Apps nichts. Warum sie nicht vom Bargeld lassen können und warum die Banken es ihnen aber unbedingt abgewöhnen wollen.

Es geht auch ohne, meint Björn Ulvaeus. Ein Jahr lang hat der frühere Abba-Sänger auf Bargeld verzichtet. Und das sei gar nicht schwer gewesen. Nur eines habe er vermisst: die Münze für den Einkaufswagen im Supermarkt.

Nicht bar, sondern alles mit Karte bezahlen? Für viele Deutsche ist das unvorstellbar. Mehr als die Hälfte ihrer Einkäufe bezahlen sie noch immer bar. 33 Prozent der Bundesbürger nutzen sogar ausschließlich Münzen und Scheine.

Entsprechend heftig sind die Reaktionen, wenn das Bargeld auf einmal ausgeht – wie derzeit zum Teil in Berlin und Brandenburg. Seit mehr als einer Woche streiken in der Region Mitarbeiter der Geldtransportfirma Prosegur. Weil das Unternehmen hier etliche Bankfilialen mit Bargeld versorgt, kommt es zu Engpässen. Viele Automaten geben keine Scheine mehr aus, manchem Händler fehlt das Wechselgeld.

Die Prosegur GmbH, die zu einem spanischen Konzern gehört, ist nach eigenen Angaben in Deutschland Marktführer bei Geld- und Werttransporten. In der Hauptstadtregion ist die Firma besonders stark vertreten, seit sie vor zwei Jahren das Deutschlandgeschäft des US-Wettbewerbers Brink’s übernommen hat. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert für die Beschäftigten in der Region nun mehr Geld und eine bessere Absicherung im Ernstfall. Angehörige sollen besser versorgt werden, falls ein Mitarbeiter im Dienst überfallen oder gar getötet wird. Doch Gewerkschaft und Unternehmen werden sich nicht einig. Derzeit gibt es noch nicht einmal einen Termin, wann sie sich erneut zusammensetzen wollen. Ein Ende des Streiks ist daher nicht absehbar – die Versorgung mit Bargeld bleibt schwierig.

Bargeld vermittelt ein Gefühl von Kontrolle über die Ausgaben

Je länger der Streik dauert, desto deutlicher zeigt sich, wie abhängig wir Deutschen doch vom Bargeld sind. 103 Euro tragen die Bundesbürger im Schnitt in Scheinen und Münzen bei sich. An dieser Summe, die die Bundesbank regelmäßig erhebt, ändert sich seit Jahren wenig. Und das, obwohl die Finanzindustrie es uns immer noch einfacher macht, mit Karte zu zahlen.

Die meisten schätzen Scheine und Münzen vor allem, weil sie haptisch sind. Man kann schnell schauen, wie viel Geld noch im Portemonnaie ist. Mehr als 60 Prozent der Barzahler begründen ihre Vorliebe für Scheine und Münzen damit, dass sie ihnen ein besseres „Gefühl für die Ausgabenkontrolle“ geben.

Dabei könnte dieses Argument künftig an Schlagkraft verlieren. Fast alle Banken bieten schon jetzt Apps fürs Smartphone an, mit denen man von unterwegs den Kontostand abfragen kann. Auch helfen Programme für Laptop oder Tablet bei der Haushaltsführung: Mit ein paar Klicks können Nutzer ihre Kartenzahlungen in Kategorien einteilen und so sehen, wofür sie wie viel Geld ausgeben. Doch selbst wenn Verbraucher solche Dienste nutzen, bedeutet das nicht das Ende des Bargelds. Zumindest nicht hierzulande. Viele Deutsche halten die Barzahlung auch für einfacher, sicherer und schneller als das Bezahlen per Karte.

Und diese Einstellung ändert sich nur sehr langsam – wenn auch kontinuierlich. Denn die Jugend ist neuartigen Bezahlmethoden gegenüber durchaus aufgeschlossen. Bei der Bundesbank glaubt man, von den „an Internet und Smartphone gewöhnten Generationen“ könne langfristig „ein Wandel im Zahlungsverhalten ausgehen“.

Die Lobby gegen das Bargeld ist groß

Schon jetzt experimentieren immer mehr Anbieter mit der sogenannten NFC-Technologie: Über einen Chip im Handy können Kunden an der Kasse zahlen, in dem sie einfach kurz ihr Smartphone vor ein Lesegerät halten. Das Geld wird automatisch vom Konto abgebucht. Pin oder Unterschrift sind nicht erforderlich. Die Branche setzt dabei auf diejenigen, die sowieso ihr Smartphone ständig bei sich tragen: Sie könnten durchaus bereit sein, damit auch zu bezahlen. Bislang ist die Zahl derer, die mobil bezahlen, noch verschwindend gering. Doch Experten glauben, dass der Durchbruch diese neuen Technologie gelingen könnte, sobald Apple sein Bezahlsystem fürs iPhone auch in Deutschland einführt. Das Beratungsunternehmen PWC prognostiziert, dass 2020 bereits elf Millionen Deutsche an der Kasse per Handy zahlen werden.

Zumal die Lobby für die neue Technik und gegen das Bargeld groß ist. Die Finanzbranche hat ein enormes Interesse daran, die Scheine und Münzen zurückzudrängen. Denn das Vorhalten des Bargelds, das Rollen eingezahlter Münzen, das Prüfen alter Scheine: All das kostet. Allein für das Befüllen eines Automaten zahlt eine Bank Experten zufolge etwa 80 bis 90 Euro. Denn im Automaten darf nur Geld landen, das die Bundesbank zuvor auf Echtheit getestet hat.

Deshalb sind täglich bundesweit 2500 Geldtransporter unterwegs. Sie holen bei den Banken eingezahlte Scheine ab, bringen sie zu einer der 38 Bundesbank-Filialen und verteilen die geprüften Noten dann wieder an die Geschäftsbanken. So werden jeden Tag Scheine im Wert von drei Milliarden Euro ausgetauscht: ein riesiger Aufwand. Forscher der Steinbeis Hochschule Berlin haben errechnet, dass das Bargeldsystem deshalb jährlich 12,5 Milliarden Euro kostet: 150 Euro pro Bürger.

Die Branche verdient gut an Kartenzahlungen

Deshalb wirbt die Branche so stark für Kartenzahlungen, an denen sie gut verdient – auch wenn die EU die Gebühren dafür gerade gedeckelt hat. Vor allem Kartenanbieter sehen die Liebe der Deutschen zum Bargeld nicht gern und machen aktiv Stimmung gegen Scheine und Münzen. Ein Beispiel: 2013 schreckte eine Studie der Oxford University viele Barzahler auf. Demnach befinden sich auf einem Geldschein gut 26 000 Bakterien. Auftraggeber der Untersuchung: Der Kreditkartenanbieter Mastercard.

Die Deutschen lassen sich ihr Bargeld dennoch nicht schlechtreden. Auch wenn Jüngere neuen Bezahlsystemen gegenüber aufgeschlossen sind: Abgeschafft werden die Münzen und Scheine so schnell nicht. Die Deutschen zeigten „wenig Bereitschaft zu Experimenten“, schreibt die Bundesbank. Daher ändere sich das Zahlverhalten extrem langsam – eher evolutionär als revolutionär. Das Forschungsinstitut EHI geht davon aus, dass der Anteil der Barzahlungen an den Umsätzen in nächster Zeit maximal um einen Prozentpunkt jährlich sinken wird. Die Deutschen bleiben ihren Münzen und Scheinen also trotz neuer Technik treu.

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