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Noch lachen sie. Svenja Schulze (SPD, l.) und Julia Klöckner (CDU) wollen vermeiden, dass Deutschland Strafe für zu viel Gülle zahlen muss.
© picture alliance/dpa

EU mahnt wegen Nitrat-Belastung: Warum Klöckner und Schulze zum Gülle-Rapport nach Brüssel müssen

857.000 Euro Strafe pro Tag muss Deutschland möglicherweise bald zahlen, weil zu viel Nitrat ins Grundwasser kommt. Zwei Ministerinnen versuchen zu schlichten.

Der Streit zwischen der EU und Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser ist uralt. Immer wieder hat die Kommission gedroht, Deutschland verklagt und wirksame Maßnahmen angemahnt. Vergeblich. Jetzt geht der Kommission die Geduld aus. Sie hat ein zweites Vertragsverletzungsverfahren gestartet. Am Mittwoch müssen Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) in Brüssel zum Rapport.

Das Problem ist, dass in Deutschland zu viel Nitrat ins Grundwasser gelangt. Der EU-Grenzwert liegt bei 50 Milligramm je Liter. In 28 Prozent der deutschen Grundwasserspeicher wird der Grenzwert überschritten. Teils werden Werte von 200 bis 300 Milligramm pro Liter gemessen. Die hohen Werte sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die Böden die hohen Mengen an natürlichem und künstlichem Dünger nicht aufnehmen können.

Gesundheitsgefahren bestehen zwar nicht, weil die Wasserbetriebe dafür sorgen, dass aus dem Wasserhahn erstklassiges Trinkwasser kommt. Dafür müssen sie aber in vielen Regionen Deutschlands einen hohen Aufwand treiben. Sie müssen belastetes Grundwasser mit unbelastetem Wasser mischen sowie neue Grundwasserspeicher erschließen, was die Wasserrechnung der Verbraucher erhöht.

Mast- und Anbaubetriebe sind das Problem

Das größte Problem ist die Massentierhaltung mit ihren Betrieben, in denen Zehntausende Schweine oder Tausende Kühe stehen. Auch Geflügelmassenbetriebe sind beteiligt. Die Tiere scheiden so viel Mist aus, dass er von den Äckern nicht mehr absorbiert werden kann. Regionen mit extrem hoher Viehkonzentration liegen vor allem in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, aber auch in Nordrhein-Westfalen und Bayern.

Aber auch Landwirte, die sich auf bestimmte Pflanzen spezialisiert haben, tragen zur Nitratbelastung bei. Beim Anbau von Spargel, Obst und Gemüse, aber auch von Weizen kommen zur Steigerung der Erträge in der konventionellen Landwirtschaft hohe Dosen von mineralischem Kunstdünger zum Einsatz, die ebenfalls häufig ins Grundwasser gelangen. Dies führt im Rhein-Main-Gebiet, aber auch in Teilen Baden-Württembergs zur Überschreitung des Grenzwertes.

Hinzu kommt der Gülletourismus: Betriebe mit Massenviehhaltung aus den Niederlanden, wo die Gesetzgebung zum Grundwasserschutz schärfer ist, exportieren Gülle nach Norddeutschland, um sie auf den dortigen Äckern zu entsorgen.

EU setzt Deutschland Frist bis März

Die EU-Kommission fordert lediglich, dass die seit mehr als 25 Jahren geltenden Grenzwerte auch in Deutschland eingehalten werden. Wasserbetriebe und Umweltschützer sagen, dass dies nur möglich sei, wenn sich die Landwirtschaft radikal umstellt. Nur wenn es drastisch weniger industriell arbeitende Vieh-, Gemüse- und Getreidebauern gibt, sinke die Ausbringung von natürlichem und künstlichem Dünger nachhaltig.

Die Kommission fordert, dass in den Problemgebieten die Ausbringung von Dünger je Acker um 20 Prozent reduziert wird. Die Bundesregierung hat lediglich angeboten, dass die Betriebe in den problematischen Gegenden die Düngung im Schnitt um 20 Prozent absenken. Die Kommission gibt Deutschland bis kommenden März Zeit, die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Zu viel Dünger schadet dem Grundwasser.
Zu viel Dünger schadet dem Grundwasser.
© dpa

Sollte Deutschland weiterhin die Grenzwerte nicht einhalten, drohen hohe Strafzahlungen: 857.000 Euro pro Tag stehen im Raum, sollte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zum Schluss kommen, dass Berlin nicht konsequent gehandelt hat.

Politisch ist das vor allem für Julia Klöckner riskant: Sollte Deutschland verurteilt werden, wäre dies eine Riesenblamage für die Landwirtschaftsministerin. Die deutschen Bauern stünden als Umweltsünder da. Die Niederlande und Dänemark haben längst gezeigt, wie man mit strikteren Gesetzen dafür gesorgt, dass die Grenzwerte eingehalten werden.

Trotzdem argumentieren die deutschen Ministerinnen noch immer damit, dass der EuGH in seinem Urteil gegen Deutschland aus dem Jahr 2018 noch nicht die Düngeverordnung von 2017 einbezogen habe. Dabei hat die Kommission bereits durchblicken lassen, dass auch die neue Verordnung nicht ausreiche.

Daher werden die deutschen Ministerinnen versprechen, Aufzeichnungspflichten zum Düngen für Betriebe einzuführen, Sperrzeiten für das Ausbringen von Dünger in gefährdeten Gebieten zu verlängern und schärfere Vorgaben für das Düngen an Hängen zu machen.

Martin Weyand vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hält es für ausgeschlossen, dass dies ausreicht: „Mit den bisherigen Vorschlägen der Bundesregierung lassen sich die Nitrateinträge nicht wirksam reduzieren.“ Er nennt es eine Frage der Generationengerechtigkeit, nach über 25 Jahren die Grenzwerte endlich einzuhalten.

Dafür müsse der Schutz des Grundwassers gegenüber der Landwirtschaft Priorität haben. „Die Verbraucher dürfen nicht durch die steigenden Aufbereitungskosten für das Grundwasser die Zeche zahlen für eine fehlende umweltorientierte Zukunftsstrategie in der Landwirtschaft.“

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