Krise bei Modehändler: Warum H&M Filialen schließen will
Wegen der starken Konkurrenz durch Primark und Co. verkauft H&M weniger. Jetzt will der Konzern Filialen schließen und mit Alibaba kooperieren.
Samstags standen sie bei H&M früher Schlange. Auch an anderen Tagen war es voll, wenn Jugendliche beladen mit T-Shirts, Hosen und Pullovern ihre Ausbeute anprobieren wollten. Mit trendiger, aber günstiger Mode hat der schwedische Handelskonzern eine Generation geprägt. Doch inzwischen häufen sich die Probleme bei Hennes & Mauritz. Mit Zara und Primark gibt es starke Konkurrenten, gleichzeitig kaufen viele lieber online statt in der Innenstadt ein. Auch deshalb konnte H&M im vierten Quartal sehr viel weniger Klamotten verkaufen als erhofft. Die Umsätze gingen im Vergleich zum Vorjahresquartal um vier Prozent zurück auf 50,4 Milliarden Schwedische Kronen (5,1 Milliarden Euro).
Für H&M-Chef Karl-Johan Persson ist das eine unangenehme Überraschung. Man sei signifikant hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben, sagte er am Freitag. Die Zahlen fürs Gesamtjahr will er an Silvester veröffentlichen. Doch schon jetzt ist absehbar, dass die nicht rekordverdächtig hoch ausfallen dürften. Denn auch im dritten Quartal ist das Geschäft schlechter gelaufen als erwartet. Das begründete Persson mit aggressiven Rabatten auf Sommerkleidung – und gestand damit Fehler ein. Der Händler konnte die Kleidung nicht schnell genug verkaufen und musste die ohnehin niedrigen Preise weiter senken, um Platz im Lager zu schaffen.
Bei Zara landen die Klamotten doppelt so schnell im Laden
Experten kritisieren bereits seit Längerem, H&M habe seine Warenströme nicht im Griff – zumindest nicht so gut wie Konkurrent Zara, der zum spanischen Konzern Inditex gehört. Goldman Sachs rechnete im Frühjahr vor, dass es bei H&M doppelt so lange dauert, bis die Mode im Laden liegt, wie bei Zara. In einer Branche, in der sich Trends binnen Tagen ändern können, ist das fatal. Die Banker empfahlen Anlegern daher, ihre H&M-Aktien zu verkaufen. Auf Jahressicht stehen die Papiere fast 35 Prozent im Minus, allein am Freitag verloren sie 15 Prozent. Das erhöht den Druck auf die schwedische Kette. Zumal H&M sein Alleinstellungsmerkmal längst verloren hat: Mode, die gleichsam billig und angesagt ist, verkaufen neben Zara auch Primark und Forever 21. Besonders stark merken die Schweden die Konkurrenz durch Primark: Eröffnet die irische Billigkette irgendwo einen neuen Laden, ist der Ansturm groß – und das H&M-Geschäft nebenan leer.
82 Prozent der Deutschen kaufen Kleidung online
Dabei haben es die klassischen Modekonzerne ohnehin schon nicht leicht. Nichts kaufen die Verbraucher inzwischen so gerne im Netz wie Kleidung. 82 Prozent der Deutschen sagen, sie hätten schon einmal Mode im Internet bestellt. Damit toppt Kleidung inzwischen sogar die Bücher, mit denen das Onlineshopping angefangen hat. Doch im Netz ist die Konkurrenz der Modehändler noch sehr viel größer als in der Innenstadt: Online müssen sie zusätzlich mit Techkonzernen wie Zalando und Amazon mithalten – was vielen nicht gelingt. Während Zalando zum Beispiel den Kunden die Waren kostenlos zuschickt, verlangt H&M dafür noch immer zwischen fünf und acht Euro pro Sendung.
Und das obwohl die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, wie ernst Modekonzerne die Konkurrenz aus dem Netz nehmen sollten. Auch aufgrund des Trends zum Onlineshopping sind zuletzt mehrere Modehändler pleite gegangen. American Apparel musste Insolvenz anmelden ebenso wie Zero, Promod, Sinn Leffers und Wöhrl.
H&M will Filialen schließen
Auch bei H&M scheint man nun erkannt zu haben, dass es so nicht weitergehen kann. Bisher haben die Schweden vor allem auf Expansion gesetzt. Noch in diesem Jahr ist im Schnitt jeden Tag irgendwo auf der Welt eine neue H&M-Filiale eröffnet worden. Auf diese Weise konnte die Kette ihre Probleme vertuschen. Denn öffnen neue Läden, heißt das automatisch, dass mehr verkauft wird, die Umsätze steigen. Gleichzeitig kosten neue Filialen aber auch Geld. Zu viel Geld, wenn nicht genug Kunden vorbeikommen. H&M reagiert darauf jetzt. Man wolle Filialen schließen und weniger neue Geschäfte aufmachen, kündigte H&M-Chef Persson am Freitag an. Genauere Zahlen nannte er nicht. Mitte Februar wolle er sich genauer zum Wandel des Konzern äußern, hieß es in einer Mitteilung.
Allerdings zeigt eine andere Nachricht bereits, in welche Richtung es gehen dürfte. So kündigte der H&M-Chef ebenfalls am Freitag an, in China stärker mit dem Techkonzern Alibaba zusammenarbeiten zu wollen. Der dominiert mit seiner Onlineplattform Tmall den Handel vor Ort. Viele Markenkonzerne bieten ihre Waren inzwischen notgedrungen über Tmall an, weil das für sie die einzige Möglichkeit ist, vom wachsenden Markt in China zu profitieren. Mode von Zara findet man zum Beispiel bereits seit über drei Jahren auf der Alibaba-Seite. H&M hat dagegen bislang auch in China auf seinen eigenen Onlineshop gesetzt und nur einzelne Marken wie Monki über Tmall angeboten. Jetzt knickte Persson jedoch ein und verkündete, auch Kleidung der Stammmarke H&M sowie Wohnaccessoires von H&M-Home würden bald über Tmall vertrieben. Weitere Marken des schwedischen Konzerns sollen folgen.