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Lockdown und Schnee: Verlassene Restaurantstühle in Berlin
© Imago/Andreas Gora

Wir müssen durchhalten statt lockern: Warum die Verfechter von No-Covid recht haben

Eine Lockerung der Corona-Maßnahmen käme zu früh – der nächste Lockdown würde strenger. Das wäre für Gesundheit und Wirtschaft nicht gut. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Die Sehnsucht nach Normalität ist groß. Mal wieder ins Kino, zum Friseur. Sich mit Freunden im Restaurant treffen. Viel zu lange ist das schon nicht mehr möglich. Deshalb ist es verständlich, wenn manch einer heimlich oder ganz offen auf Lockerungen hofft. Ein Stück mehr Freiheit. Nur zu welchem Preis?

Manche wiegen sich derzeit in trügerischer Sicherheit. Schließlich sinkt die Zahl der Neuinfektionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz ist mancherorts bereits unter die von der Politik stets hochgehaltene Marke von 50 gefallen. Doch wenn wir in den letzten Monaten etwas gelernt haben, dann doch, dass wir auf Experten hören sollten.

Auf Menschen wie RKI-Chef Lothar Wieler, der sagt: „Die Situation ist noch lange nicht unter Kontrolle.“ Schon jetzt ist die ansteckendere Variante B117 schließlich in 13 von 16 Bundesländern nachgewiesen worden.

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Es ist deshalb richtig, dass Bundesregierung und Bundesländer nicht mehr sklavisch am Inzidenzwert 50 festhalten. Zumal eine Gruppe hochrangiger Wissenschaftler die Marke ohnehin für fragwürdig hält. Es gebe „keine wissenschaftliche Evidenz, dass es bei dieser Zahl gut funktionieren kann“, sagt die Virologin Melanie Brinkmann.

Sie fordert, dass man die Inzidenz mit Lockdown, Tests und Masken auf einen Wert von unter zehn drückt – in der Hoffnung, die Pandemie dann dauerhaft besser im Griff zu haben. „No Covid“ ist das Schlagwort. Sinnvoll ist das nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich.

Virologin Melanie Brinkmann fordert, die Sieben-Tages-Inzidenz auf unter 10 zu drücken.
Virologin Melanie Brinkmann fordert, die Sieben-Tages-Inzidenz auf unter 10 zu drücken.
© imago images/photothek

Die Kosten eines dritten Lockdowns wären immens

Denn kommt die Lockerung zu früh, könnte der nächste Lockdown umso strenger und länger werden. Die Kosten für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft wären umso höher. Unternehmer halten dagegen, pochen auf frühere Lockerungen. Dabei unterstützen selbst manche Ökonomen wie Ifo-Chef Clemens Fuest die „No Covid“-Strategie.

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Er argumentiert: Wirtschaftswachstum kann es in einer Welt nicht geben, in der ein gefährliches Virus grassiert. Auch Unternehmen wäre nicht geholfen, wenn auf Lockerungen der nächste Lockdown folgt. Dann doch lieber durchhalten – in der Hoffnung, Läden, Schulen und Cafés später wieder dauerhaft öffnen zu können.

Darauf setzt nun auch die Politik. Eine Verlängerung des Lockdowns über den 14. Februar hinaus gilt als ausgemacht. Wenig sinnvoll hingegen ist, dass manche Ministerpräsidenten dennoch Lockerungspläne dabeihaben werden, wenn sie sich an diesem Mittwoch virtuell mit der Kanzlerin treffen.

Sie fordern einen Fahrplan, ab wann was wieder erlaubt sein wird. Da ist verständlich – doch wie verlässlich wäre ein solcher Fahrplan? Klar scheint doch bislang nur, was man nicht weiß: wie sich die Mutanten entwickeln und welche noch auftauchen werden. Dabei sind schon jetzt viele Menschen Covid-müde. Da einen Plan zu präsentieren, den die Politik am Ende womöglich nicht einhalten kann, ist kontraproduktiv.

Wichtiger, als über das Wann zu diskutieren, ist ohnehin die Frage, wie eine Lockerung aussehen soll. Wie zum Beispiel können Kinder wieder in die Schule gehen? Und wie schafft man dafür die Voraussetzungen? Wie sind irgendwann Restaurantbesuche möglich?

Und wie können Betriebe ihre Mitarbeiter schützen, wenn Homeoffice keine Option ist? Auch müssen die Hilfen für die Betriebe anders als bislang schnell und unbürokratisch fließen. Nur dann können sie überleben – und wir in die Normalität zurückkehren.

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