zum Hauptinhalt
Transparenz als Show. Bisher hat die Öffentlichkeit von VW wenig über den Stand der Aufklärung im Diesel-Skandal erfahren. Dies soll sich Ende April ändern.
© dpa

Weniger Käufer, sinkender Marktanteil: VW verliert an Boden

Der Diesel-Skandal vertreibt VW-Kunden in den USA und Europa. Einen Lichtblick für den Autokonzern gibt es aber - und ein überraschendes Angebot.

Volkswagen macht die Diesel-Affäre schwer zu schaffen, aber dass der Autokonzern eine Fusionsofferte von Fiat- Chrysler bekommen würde, das hatte sich in Wolfsburg wohl niemand vorstellen können. Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne, bekannt für vollmundige Ansagen, hat VW als möglichen Fusionspartner für seinen Autokonzern auserkoren. Nach dem fehlgeschlagenen Versuch, sich mit der Opel-Mutter General Motors zusammenzuschließen, sei dies eine verbliebenene Möglichkeit, sagte Marchionne am Freitag am Rande eines Aktionärstreffens in Amsterdam. Auch Toyota und Ford kämen in Frage. „Die Tür (für Fusionen und Übernahmen) wurde nie geschlossen, die Notwendigkeit zur Konsolidierung verschwindet nicht einfach“, sagte Marchionne.

Abgesehen davon, dass der VW-Konzern starke Großaktionäre hat – die Familien Porsche und Piëch und das Land Niedersachsen –, die eine Übernahme verhindern, treiben den VW-Vorstand ganz andere Sorgen um. Die aktuellen Verkaufszahlen zeigen, dass der Hersteller auf wichtigen Absatzmärkten verliert – Kunden und Marktanteile. Zwar konnte man sich mit einem starken Jahresauftakt in China trösten („das beste erste Quartalsergebnis seit Markteintritt vor mehr als 30 Jahren“), in Europa und in den USA sind die Folgen des Diesel-Skandals aber deutlich zu spüren. Dies ist für VW auch deshalb bitter, weil die Autokonjunktur in Europa dank niedriger Spritpreise und Zinsen angesprungen ist – in der EU im März um sechs Prozent auf gut 1,7 Millionen neu zugelassene Fahrzeuge.

Starker Jahresauftakt in China

Der Marktanteil der Marke VW schrumpfte in Europa hingegen im März von 23 Prozent auf – immer noch üppige – 22,2 Prozent. Die Pkw-Kernmarke des VW-Konzerns verkaufte weltweit im vergangenen Monat 722 800 Autos – 2,7 Prozent weniger als im Vorjahr. In den ersten drei Monaten lag das Minus bei 1,3 Prozent. In den USA, wo VW unter einem Diesel-Verkaufsstopp leidet und einen Image-Schaden bewältigen muss, brachten die ersten drei Monate im Jahresvergleich ein Minus von 12,5 Prozent. Auch der Heimatmarkt Deutschland ist für die Marke rund um Golf und Passat gegen den Trend rückläufig: minus 3,8 Prozent. Ein Lichtblick kommt aus China, wo die Marke VW mehr als die Hälfte ihrer Autos verkauft. Auf dem weltgrößten Automarkt lieferte die Kernmarke im ersten Quartal dieses Jahres 6,5 Prozent mehr aus. VW ist erneut die einzige von acht im Zwölf-Marken-Konzern versammelten Automarken, die seit Jahresanfang weniger verkaufte. Porsche, Audi oder Skoda legten hingegen zu.

Die Fusions-Gedankenspiele von Fiat- Chrysler-Chef Marchionne dürften auch vom Erfolg der Anglo-Italiener in Europa angeregt worden sein. „Von der anhaltenden Schwäche des europäischen Marktführers Volkswagen profitierte – neben BMW und Daimler – vor allem der Fiat- Konzern, dessen EU-Absatz im März um 14 Prozent stieg“, sagte Peter Fuß, Autoexperte des Beratungsunternehmens EY.

Kanzlei Hausfeld beantragt in den USA Akteneinsicht

Über die interne Aufklärung des Diesel-Skandals erfährt die Öffentlichkeit derweil offiziell nichts. Erste Ende des Monats will Volkswagen mitteilen, was die Recherchen der internen Revision und der US-Kanzlei Jones Day ergeben haben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben die Experten beim Durchleuchten der Geschehnisse bis jetzt noch keine Schuldigen für das Stickoxid-Debakel konkret feststellen können. Ein Sprecher wollte sich nicht zum Stand der Ermittlungen äußern.

Der Druck von außen auf das Unternehmen wird unterdessen größer. So hat der US-Staranwalt Michael Hausfeld beim zuständigen Bezirksgericht in San Francisco Akteneinsicht für europäische VW-Kunden beantragt, wie seine Kanzlei am Freitag bestätigte. VW habe die freiwillige Herausgabe von angeforderten Informationen verweigert. Ein Antrag auf Akteneinsicht ist nach US-Recht zur Unterstützung von Rechtsstreitigkeiten im Ausland möglich. Potenzielle Kläger, die in ihrem Land nicht an die Informationen kommen, können die Einsicht beantragen. Allerdings muss ein Bezug zu den USA vorliegen. Wie berichtet, will Hausfeld – seit Januar auch von einem Berliner Büro aus – die Interessen der rund 2,4 Millionen geschädigten deutschen VW-Kunden koordinieren. Bislang ist VW nur in den USA bereit, den betroffenen 600 000 Kunden in der Abgasaffäre eine Entschädigung von je 1000 Dollar zu zahlen. mit dpa, AFP

Zur Startseite