E-Autos, Digitalisierung, Roboterwagen: VW investiert 44 Milliarden Euro für seine saubere Zukunft
Volkswagen will weltweit die Nummer eins der Elektromobilität werden – und baut drei Werke in Deutschland für E-Autos um. Das geht nur mit eiserner Kostendisziplin und mehr Produktivität.
Der Diesel-Skandal spielte am Freitag bei Volkswagen ausnahmsweise nicht die Hauptrolle. Aufsichtsrat und Vorstand des Autokonzerns stellten stattdessen in der „Planungsrunde 67“ die Weichen für die Zukunft: 44 Milliarden Euro will der VW-Konzern in den kommenden fünf Jahren in die Elektromobilität, in autonomes Fahren, neue Mobilitätsdienstleistungen und die Digitalisierung investieren. Das entspricht etwa einem Drittel der gesamten Ausgaben, die Volkswagen in den Jahren 2018 bis 2023 plant. Allein 30 Milliarden Euro davon gehen in die Entwicklung und Produktion von E-Fahrzeugen. Mehr als 50 Modelle will der Konzern bis 2025 auf den Markt bringen – vom Einstiegsmodell für weniger als 20000 Euro bis zur Oberklasse. „Wir nehmen uns vor, VW zur globalen Nummer eins in der E-Mobilität zu machen“, sagte Konzernvorstand Herbert Diess. Der Elektroanteil an der Produktion soll 2025 in Europa bei bis zu einem Fünftel liegen. Der Zwölf-Marken- Hersteller verkauft heute zehn Millionen Autos weltweit.
Diess bestätigte, dass der Autohersteller mit dem südkoreanischen Batterieproduzenten SKI über eine gemeinsame Zellfabrik spricht. Die Prüfung eines solchen Einstiegs sei „sehr viel konkreter“ als bislang, sagte Diess. „Wir trauen uns zu, in eine neue Zellchemie zu investieren.“ Weil der Bedarf an Batteriezellen, die mit 40 Prozent den wertvollsten Teil von E-Autos ausmachen, in Zukunft sehr groß sein werde, sei VW hier offen für weitere Kooperationen.
Kooperation mit Ford soll Kosten senken
Bei konventionellen leichten Nutzfahrzeugen stehen die Wolfsburger bereits in finalen Gesprächen mit dem US-Autohersteller Ford über eine enge Zusammenarbeit. Eine Kapitalbeteiligung sei aber nicht geplant, sagte Diess. Volkswagen ist in diesem wichtigen Segment relativ schwach aufgestellt und erhofft sich mit Ford Synergieeffekte und Kostenvorteile.
Auch wichtige Standortentscheidungen fielen am Freitag in Wolfsburg: Die drei Werke Emden, Zwickau und Hannover sollen für die Produktion von E-Autos umgerüstet werden. In Zwickau hat dieser Umbau schon begonnen. Die Produktion des Passat wird nach Tschechien verlagert, wo die VW-Marke Skoda in Kvasiny bereits die Modelle Superb und Kodiaq baut. Ab 2022 plant VW ein zusätzliches Werk in Osteuropa. Die Produktion von Elektroautos soll also gebündelt und zunächst am Standort Deutschland konzentriert werden. Hier, in der Nähe der Produktion, soll auch die mögliche Batterizellenfabrik entstehen.
Ministerpräsident Weil: "Ein großer Wurf"
Das Land Niedersachsen, mit 20 Prozent Großaktionär, profitiert besonders von den Plänen. Mehr als 15 Milliarden Euro stecke Volkswagen in seine Werke in Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Osnabrück und Emden mit 110000 Arbeitsplätzen, vor allem in die Elektromobilität, sagte Ministerpräsident Stephan Weil. „Niedersachsen ist Vorreiter beim Umbau der Industrie.“ Das Land werde VW „aktiv unterstützen“, beim „größten Umbau in der Konzerngeschichte“. Weil sprach von einem „großen Wurf“ und forderte: „Wir brauchen in der Politik ein Bewusstsein für die Herausforderungen der Autoindustrie.“ Der SPD-Politiker lobte insbesondere die Betriebsvereinbarungen für die Werke in Hannover und Emden. Hier sicherte VW den Arbeitnehmern zu, dass es bis 2028 keine betriebsbedingten Kündigungen gibt. „Das schafft das nötige Vertrauen bei den Beschäftigten“, sagte Weil.
Weniger Arbeit, mehr Produktivität
Dennoch müssen sich die Mitarbeiter auf unruhige Zeiten einstellen, wie Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh einräumte. „Die Beschäftigung wird tendenziell sinken.“ Elektromobilität sei weniger komplex und arbeitsintensiv, ein E-Motor bestehe aus 200 Teilen – ein Verbrenner aus 1200. Auch Diess wies darauf hin, dass die Wertschöpfungstiefe bei Elektrofahrzeugen um 30 Prozent unter der von konventionellen Fahrzeugen liege. Der VW-Chef sagte, dass der Konzern insgesamt „effizienter, produktiver und profitabler“ werden müsse, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Bis 2025 solle die Produktivität um 30 Prozent steigen. Die Marge von sieben Prozent solle gehalten werden. Das erfordere aber „extrem harte Kostenarbeit“. Außerdem ließ Diess durchblicken, dass der Autobauer die Preise erhöhen wird. „Wir müssen mehr für unsere Fahrzeuge erzielen.“
Herbert Diess, seit April 2018 im Amt, wird im Konzern noch einflussreicher. Anfang 2019 übernimmt der 60-Jährige zusätzlich die Verantwortung für das wichtige China-Geschäft. China-Chef Jochem Heizmann geht in den Ruhestand.