Bund fördert Zellfertigung: Von null an die Weltspitze der Batterieproduktion
Die Bundesregierung will die Batteriezellenfertigung mit einer Milliarde Euro fördern – ein später Start. Drei Konsortien zeigen Interesse.
Peter Altmaier (CDU) hat sehr ambitionierte Pläne „Ich glaube, dass wir uns zum Ziel setzen sollten, bis 2030 ein Drittel des weltweiten Bedarfs an Batterien mit eigenem Wissen und aus deutscher und europäischer Produktion zu decken“, sagte der Bundeswirtschaftsminister am Dienstag nach Gesprächen mit Maros Sefcovic, EU-Energiekommissar und Vizepräsident der Kommission, in Berlin. Verständigt haben sich beide mit zahlreichen Vertretern unterschiedlicher Branchen auf ein großes Vorhaben: den Rückstand Europas in der Elektromobilität nicht nur aufzuholen, sondern mit einer multinationalen Batteriezellenfertigung die Wertschöpfungskette zu schließen und an die Weltmarktspitze vorzurücken. Für die Förderung des Produktionsaufbaus wird die Bundesregierung bis 2021 aus dem Etat des Wirtschaftsministeriums eine Milliarde Euro bereitstellen. Sefcovic sagte weitere Mittel aus europäischen Fördertöpfen zu.
Allein Volkswagen braucht vier "Gigafactories"
Ein Drittel der Weltproduktion von Batteriezellen in zwölf Jahren – das ist eine Ansage. Allein Volkswagen benötigt im Jahr 2025 eine Batteriekapazität von mehr als 150 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr, wie der Konzern am Dienstag mitteilte. Das entspricht nach VW-Auskunft einer Jahreskapazität von mindestens vier „Gigafactories“ für Batteriezellen. Altmaier sagte, es werde in Deutschland mehrere Fabrikstandorte geben, drei Konsortien hätten Interesse am Aufbau. Namen nannte er nicht, erst zur Jahreswende sollen Details bekannt werden.
Ob auch VW zu einem der Konsortien gehört, ist offen. Wohl nicht zufällig teilte das Unternehmen, kurz nachdem Altmaier sein Projekt in Berlin vorgestellt hatte, mit, dass man den Batteriezellenhersteller SK Innovation (SKI) aus Südkorea als weiteren Lieferanten an Bord geholt habe. SKI soll den Kreis der bisherigen VW-Zulieferer aus LG Chem, Samsung (beide Südkorea) und CATL (China) komplettieren. Philosophie der Autobauer ist es bislang, die günstigen und guten Zellen in Asien einzukaufen und dann selbst weiterzuverarbeiten. Auch BMW und Daimler verfahren so. Bosch, der größte Autozulieferer der Welt, hatte einen Einstieg in die Zellfertigung abgeblasen. Zu teuer, hieß es. Bosch hatte mit Investitionen von 20 Milliarden Euro kalkuliert. Der Wettbewerber Continental hält sich einen Einstieg offen, will aber nicht sofort entscheiden.
EU-Kommissar: Wir müssen schnell sein
Altmaier und Sefcovic geht das zu langsam. Beide wiesen auf die zu erwartende rasante Entwicklung der Elektromobilität in den kommenden Jahren hin. Wolle der Standort Deutschland mit seinen europäischen Nachbarn wettbewerbsfähig bleiben, müsse nun gehandelt werden.
„Wir müssen sehr schnell und ambitioniert sein“, sagte Sefcovic mit Blick auf die starken Wettbewerber aus Asien und den USA (Tesla). Der Staat könne die Markteinführung unterstützen und Rahmenbedingungen setzen. „Wir brauchen einen Airbus für Batterien“, sagte der EU-Kommissionsvize.
Ende des Jahres werden in Europa 1,3 Millionen Elektroautos auf der Straße unterwegs sein. Nach Prognosen der Weltenergieagentur wird sich der Markt in den kommenden zwei Jahren verdreifachen und bis 2030 jedes Jahr um fast ein Viertel wachsen. „Wir brauchen Mut“, sagte Sefcovic, „und eine simultane Entwicklung aller beteiligter Sektoren und Industrien in Europa.“ Dann stünden die Chancen gut, dass das kommende Jahrzehnt ein europäisches werde – kein chinesisches oder amerikanisches.
Konkret will der Bund gemäß den EU- Beihilferichtlinien jedes Konsortium fördern, das eine Zellfertigung in Deutschland aufbaut. Der Einstieg soll auch noch bei der aktuellen Generation der Lithium-Ionen-Technik gelingen. Altmaier geht dabei von einer notwendigen Startinvestition der Unternehmen von rund 500 Millionen Euro aus, die dann bezuschusst wird. „Es geht nicht um die Förderung irgendeiner Batteriezelle“, sagte Altmaier. Die in Europa produzierten sollten die „internationalen Benchmarks bilden“, also besonders leistungsfähig, langlebig und nachhaltig sein, von der Rohstoffgewinnung über die Produktion bis zum Recycling.