Prozess wegen Dieselmanipulationen: VW-Chef Diess soll vor Gericht erscheinen – tut er nicht
Herbert Diess hatte in der Talkshow von Lanz von „Betrug“ gesprochen. Das Landgericht wollte Genaueres wissen und zitierte ihn nach Duisburg.
Am 18. Juni sagte VW-Konzernchef Herbert Diess in der Talkshow „Markus Lanz“ einen folgenschweren Satz: „Das, was wir gemacht hatten, war Betrug“, erklärte der Manager öffentlich. Lanz hatte nach Dieselgate und den Abgasmanipulationen gefragt. Während in der Rechtsabteilung von Volkswagen die Alarmglocken schrillten, rieben sich Anwälte und Kläger die Hände. Und das sind viele.
Über 60.000 Klagen sind anhängig, weil sich VW-Dieselfahrer durch die Softwaremanipulationen betrogen sehen. Mehr als 430.000 Menschen haben sich an der Musterfeststellungsklage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen beteiligt, mit der die Verbraucherschützer den Betrug gerichtsfest festgestellt sehen wollen. VW argumentiert dagegen. In Wolfsburg spricht man von der „Dieselthematik“, von Betrug ist nicht die Rede.
Die Äußerungen von Diess seien keinesfalls ein Schuldeingeständnis, bemühte sich VW umgehend nach Ausstrahlung der Sendung um Schadensbegrenzung. Diess habe sich nicht zu der Situation in Deutschland geäußert, sondern habe über eine frühere Bestrafung in den USA gesprochen.
Wo ist Diess? Der Anwalt hat angeblich „keine Kenntnis“
Doch einige Gerichte wollen jetzt Genaueres wissen. Dazu gehört das Landgericht Duisburg, das über Schadensersatzklagen gegen VW entscheiden muss. Der Vorsitzende Richter der 13. Zivilkammer, Bernd Bellenbaum, zitierte Diess vor Gericht, ordnete persönliches Erscheinen an.
Doch bei der Verhandlung am Dienstag erschien der VW-Chef nicht, er ließ sich von einem Anwalt der Kanzlei Freshfields vertreten, die für den Konzern arbeitet. Der betonte, er habe „keine Kenntnis“, wo Diess sei. „Ganz und gar unbegreiflich“ sei das, kritisierte Bellenbaum, sah aber von einem Ordnungsgeld ab. Dennoch muss sich nun der Vorsitzende rechtfertigen. Der VW-Anwalt stellte einen Befangenheitsantrag gegen den Richter.
Auch das Landgericht Oldenburg will mehr wissen
Doch Duisburg ist kein Einzelfall. Auch Günter König, Richter am Landgericht Oldenburg, will mehr über die Sicht des Konzernchefs wissen. Auch er hat Klagen von Dieselkunden auf dem Tisch. Und er hat „Lanz“ gesehen. „Nichts spricht dafür, dass es sich um eine unbedachte Spontanäußerung handelt, deren brisanten Erklärungswert er nicht überblickte“, schrieb König bereits Anfang Juli in einem Hinweisbeschluss, den Richter Prozessparteien geben, wenn sie bestimmte Fragen für klärenswert halten. Noch steht das Urteil aus, gut sieht es für VW aber wohl nicht aus.