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Allein unter Männern: Frauen auf Chefposten sind nach wie vor eher selten.
© dpa

Studie der AllBright Stiftung: Viele Börsenunternehmen planen nicht mit Frauen im Vorstand

Mehr Frauen sollen in deutschen Chefetagen sitzen - seit Anfang des Jahres gibt es dafür ein neues Gesetz. Eine Studie zeigt, dass es nur schleppend vorangeht.

Mehr als zwei Drittel der großen börsennotierten deutschen Unternehmen sehen in der schnellen Berufung von Frauen in Spitzenpositionen einer Studie zufolge keine vordringliche Aufgabe. Von den 160 Unternehmen, die im Dax, MDax, SDax und TecDax notiert sind, hätten 110 keine Ziele veröffentlicht oder sich eine Zielgröße von Null für den Anteil von Frauen in ihren Führungsgremien gesetzt, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht der AllBright Stiftung in Berlin hervorgeht.

„Wir haben diese erschreckend niedrigen Zielgrößen nicht erwartet“, sagte Geschäftsführerin Wiebke Ankersen. Dem Bericht zufolge begründeten viele Unternehmen dies mit Verträgen, die über die gesetzlich festgelegte Frist vom 30. Juni 2017 hinausgingen. Die zweithäufigste Erklärung war demnach, dass Kompetenz wichtiger als ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis sei. „Wenn sich 110 von 160 Unternehmen hinter Ausreden verstecken, dann gibt es da ein strukturelles Problem, und das heißt Abwehrhaltung“, sagte Ankersen. „Die Unternehmen wollen sich die Zusammensetzung ihrer Führungsteams nicht vorschreiben lassen.“

Im Mai 2015 trat das Gesetz für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen in Kraft. Seit dem 1. Januar gilt für Neubesetzungen in Aufsichtsräten von rund 150 großen Unternehmen eine Quote von 30 Prozent. Zudem mussten rund 3500 deutsche Unternehmen bis zum 30. September 2015 erstmals konkrete Ziele für die Erhöhung des Frauenanteils in ihrer obersten Führungsebene bis zum 30. Juni 2017 festlegen.

Der Studie der AllBright Stiftung zufolge sind derzeit (Stichtag 1. September) 6,5 Prozent der 675 Vorstände in deutschen börsennotierten Unternehmen Frauen. Demnach gab es unterm Strich in diesem Jahr einen Zuwachs von sieben Frauen in den Führungsgremien, dies entspreche einer Steigerung von rund einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Unternehmen müssten ihre Strukturen anpassen, so die Studie

Setze sich die Entwicklung in diesem Tempo fort, gebe es erst 2050 einen Frauenanteil von 40 Prozent in den Vorständen. Vorstandsbesetzungen könnten durchaus flexibel sein, sagte Ankersen. Im vergangenen Jahr seien mehr als 80 Stellen in den Vorständen von Börsenunternehmen neu besetzt worden, oftmals ungeplant. Zudem könne ein neuer Vorstandsposten geschaffen werden, wie man am Beispiel VW sehe. Der Konzern schuf im Zuge des Abgasskandals das Ressort Integrität und Recht, das Ex-Daimler-Vorstand Christine Homann-Dennhardt führt.

Auch gebe es Alternativen, etwa, dass sich zwei Personen eine Führungsposition teilten, sagte Elke Holst von dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Vor allem aber müssten sich Strukturen in Unternehmen mehr an Frauen anpassen. „Anforderungen insbesondere an Führungskräfte leiten sich aus den Lebensrealitäten der Männer ab.“

Ankersen zufolge hätten einige wenige Firmen bereits begriffen, dass mehr Frauen in Vorständen ein Wettbewerbsvorteil sei. Unternehmen wie Bayer und Fuchs Petrolub haben seit vergangenem Jahr eine Frau in den Vorstand geholt, die Deutsche Bank hat zwei Vorstandsfrauen berufen. Das ausgewogenste Geschlechterverhältnis hat dem Bericht zufolge der Vorstand der Aareal-Bank, in dem zwei von fünf Mitgliedern Frauen sind.

In der Privatwirtschaft sind laut der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) 25 Prozent der Führungskräfte der obersten Leitungsebene Frauen. Allerdings sei es für Unternehmen mit einem geringen Frauenanteil schwierig, geeignete Kandidatinnen zu finden, so ein Sprecher. „Die Politik muss die tatsächlichen Ursachen angehen“, etwa Kinderbetreuungsangebote auszubauen. (dpa)

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