Frauenquote beschlossen: 30 Prozent Frauen in Aufsichtsräte
Der Bundestag hat die Frauenquote von 30 Prozent in den Aufsichtsräten der deutschen Konzerne mit großer Mehrheit beschlossen. Kleinere Unternehmen müssen sich selbst öffentlich "Management-Quoten" geben.
Der Bundestag hat mit großer Mehrheit die Einführung einer Frauenquote von 30 Prozent in Aufsichtsräten von Großunternehmen beschlossen. Betroffen sind ab 2016 gut 100 börsennotierte und mitbestimmungspflichtige Unternehmen. Für den Gesetzentwurf der schwarz-roten Bundesregierung stimmten am Freitag Union und SPD. Grüne und Linke enthielten sich. Familienministerin Manuela Schwesig sprach von einem „historischen Schritt“ zur Durchsetzung der Gleichberechtigung. 3500 weitere Unternehmen müssen sich künftig verbindliche Ziele für die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen setzen.
Um solch eine gesetzliche Regelung wurde gerade in den vergangenen zehn Jahren hart gerungen. Das Gesetz hat den etwas sperrigen Namen „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“, wird den meisten aber unter dem Begriff „Frauenquote“ geläufig sein.
Die Frauenquote ist für die Befürworter ein Meilenstein auf dem langen Weg, dem Artikel 3 des Grundgesetzes zur Durchsetzung zu verhelfen. Denn in der Verfassung steht seit der Gründung der Bundesrepublik, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind und der Staat dies zu fördern hat. Wenn es um den Einfluss der Frauen an den Schaltstellen der Macht in der Wirtschaft geht, dann kann aber davon auch heute noch keine Rede sein. Gerade einmal 15 Prozent der Aufsichtsratsposten in den 200 größten Unternehmen sind hierzulande in der Hand von Frauen – und das, obwohl der Anteil der Frauen an der Gesamtbevölkerung bei mehr als 50 Prozent liegt und niemand mehr ernsthaft behauptet, dass Frauen weniger gut ausgebildet oder weniger kompetent für Führungsaufgaben wären.
Wenn ein Posten frei wird, muss eine Frau genommen werden
Dieses Missverhältnis der Geschlechter an den Schalthebeln der Unternehmen soll sich nun ändern. Unter dem Druck einer gesetzlichen Regelung und unter dem Druck der Öffentlichkeit. Ab dem kommenden Jahr soll in den größten deutschen Unternehmen eine Quote von 30 Prozent für die Aufsichtsgremien gelten, wobei die Quote sukzessive erreicht werden soll. Immer dann, wenn die Wahl eines neuen Aufsichtsrates ansteht, müssen die Unternehmen Bewerberinnen zum Zug kommen lassen. Findet sich keine geeignete Frau für den Job, muss das Mandat unbesetzt bleiben.
In etwas kleineren Unternehmen (von 500 bis 2000 Mitarbeiter) müssen sich Unternehmen selbst öffentlich Management-Quoten geben und danach regelmäßig über deren Einhaltung berichten. Auch Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, und Bundesbehörden werden mit Quoten ausgestattet. Dass es überhaupt eines Gesetzes bedarf, um im 21. Jahrhundert Frauen den Weg in Führungspositionen zu ebnen, hat in erster Linie mit den gesellschaftlichen Strukturen in Deutschland zu tun.
Anderswo in Europa ist die Berufstätigkeit von Frauen und Müttern dank moderner Familienpolitik seit Jahrzehnten zur Selbstverständlichkeit geworden. Doch hierzulande bringen es insbesondere die Angebote für Kinderbetreuung, aber auch das deutsche Steuersystem häufig mit sich, dass Frauen in ihren beruflichen Möglichkeiten beschnitten werden, wenn sie Familien gründen und Kinder erziehen. Zwar wurde der Anteil von Frauen in den politischen Parteien schon sehr lange thematisiert und Quoten wurden eingeführt. Doch die deutsche Wirtschaft konnte sich der Genderfrage erfolgreich entziehen.
Diese Tatsache wurde erst Ende der neunziger Jahre öffentlich thematisiert. Statt allerdings schon damals die Quote als Starthilfe für einen gesellschaftliche Trendwende zu nutzen, ließen sich die Unternehmen nur auf eine Selbstverpflichtung ein. Welchen Erfolg diese hatte, listete das Berliner Forschungsinstitut DIW unlängst im „Managerinnen Barometer 2015“ auf. Der Frauenanteil in den Vorständen der umsatzstärksten 200 Unternehmen lag demnach Ende 2014 bei lediglich fünf Prozent. Nur jedes fünfte der Top-200-Unternehmen hatte überhaupt eine Frau im Vorstand.
Es war ein weiter Weg für die Union
Wenn der Bundestag an diesem Freitag über das Quotengesetz abstimmt, werden die Abgeordneten von CDU und CSU den weitesten Weg zurückgelegt haben. Für SPD, Grüne und Linke ist die Notwendigkeit der Quote längst keine Frage mehr. Wohl aber für die Union, deren Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) noch unter Schwarz-Gelb versuchte, die Verzögerungstaktik der Wirtschaft mit einer „Flexi-Quote“ zu bedienen. Unvergessen in diesem Zusammenhang werden die Hinterzimmerverabredungen von Frauen der Union mit der damaligen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an der Spitze und der oppositionellen Grünen-Fraktion über einen Gesetzentwurf bleiben, dem die Unions-Frauen zustimmen wollten – auch auf die Gefahr eines Eklats, der wegen der Brüskierung der eigenen Fraktion und der Koalition mit der FDP unausweichlich gewesen wäre. Am Ende zogen die Unions-Frauen im Frühjahr 2013 zurück, rangen jedoch im Gegenzug der Kanzlerin das Versprechen ab, die Einführung der Frauenquote ins Wahlprogramm der CDU aufzunehmen. Im Herbst 2013 kam die Quote so in den Koalitionsvertrag von Union und SPD.
So groß an diesem Freitag die Genugtuung der Befürworter darüber sein wird, dass dieses Gesetz nun verabschiedet ist und den Frauen den Weg an die Schaltstellen der ökonomischen Macht erleichtert wird, so berechtigt sind gleichzeitig die Zweifel, wie wirkungsvoll es am Ende sein kann. Denn den Beweis dafür, dass Frauen aus eigener Kraft und nicht wegen der Quote Unternehmen führen können, den werden die Frauen in der alltäglichen Auseinandersetzung mit denen zu bestehen haben, die im Augenblick in übergroßer Zahl auf den Spitzenposten sitzen – und das Quotengesetz noch immer für eine sinnlose Einmischung der Politik halten. Dem Quotenbeschluss muss also ein Prozess des Umdenkens folgen.
Am Donnerstag wurden übrigens 15 neue Richterinnen und Richter für die höchsten Ämter in Bundesgerichten gewählt. 15 an der Zahl, sechs davon Frauen, mithin 40 Prozent.
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