zum Hauptinhalt
In der Reserve: Zwei der sechs Blöcke des Vattenfall-Kraftwerks Jänschwalde sollen in die neue Kraftwerksreserve und anschließend stillgelegt werden. Wann genau, wird derzeit mit dem Bundeswirtschaftsministerium verhandelt.
© dpa

Energiewende: Vattenfall stürzt in die roten Zahlen

Drei Milliarden Euro Verlust wegen Abschreibungen auf deutsche Kohle und schwedisches AKW.

Der drittgrößte Energieversorger hierzulande kämpft weiter mit den Umständen der Energiewende. Im zweiten Quartal rutschte Vattenfall aufgrund von Abschreibungen und Wertberichtigungen auf das deutsche Kohlegeschäft und das schwedische AKW Ringhals in den roten Bereich. Der schwedische Staatskonzern, der in Deutschland knapp 15 000 Mitarbeiter hat, davon fast 5000 in Berlin, verbuchte einen Quartalsverlust von 3,1 Milliarden Euro. Ursächlich dafür sind die fallenden Strompreise an der Börse, die sich zunehmend negativ auf das Ergebnis auswirken, „da Termingeschäfte zu höheren Preise aus früheren Jahren nun sukzessive auslaufen“, erklärte Konzernchef Magnus Hall am Unternehmenssitz in Stockholm.

Auch in den kommenden Jahren erwartet das Management keine höheren Preise und prüft deshalb, „wo weiter Kosten reduziert werden können“. Nach Gewerkschaftsangaben ist die Unruhe im Unternehmen groß. Gerade eben erst sei entschieden worden, den Kundenservice in Berlin mit rund 400 Mitarbeitern ab 2019 von einem externen Dienstleister erledigen zu lassen. Grundsätzlich ist die Zukunft von Vattenfall in Deutschland ungewiss. Die Braunkohleaktivitäten in der Lausitz sollen verkauft werden, das Strom- und Fernwärmenetz in Hamburg ist schon weg, ob Vattenfall erneut die Konzession für das Berliner Stromnetz bekommt, ist offen. Der Senat führt derzeit Gespräche mit Vattenfall und Eon über eine Partnerschaft beim Aufbau des landeseigenen Stadtwerks und bei der Umsetzung der Energiewende überhaupt.

Bislang stand die Kohle mit gut fünf Milliarden Euro in den Büchern

Konzernchef Hall bekräftigte am Dienstag das Ziel, das Braunkohlegeschäft in der Lausitz mit fünf Tagebauen und vier Kraftwerken verkaufen zu wollen. Die vor wenigen Wochen von der Bundesregierung beschlossenen Kapazitätsreserve aus Braunkohlekraftwerken, die dann nach vier Jahren endgültig vom Markt genommen werden, „bedeutet für uns mehr Klarheit in unserem Verkaufsprozess für die Braunkohle“. Die tschechischen Energiekonzerne CEZ und EHP haben Interesse an der Lausitzer Kohle, deren Wert indes sinkt: Allein auf die Braunkohleaktivitäten schrieb Vattenfall im zweiten Quartal gut 1,5 Milliarden Euro ab. Das neue Steinkohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg wurde um 400 Millionen Euro zurückgestuft. Alles in allem standen die Braunkohle und Moorburg bislang mit einem Wert von gut fünf Milliarden Euro in den Büchern des Stockholmer Staatskonzerns; nun sind es noch gut drei Milliarden Euro. Das könnte den Verkauf der Braunkohle mit rund 8000 Beschäftigten erleichtern.

2500 Menschen sollen noch umgesiedelt werden

Bis Ende des Jahres wolle er der schwedischen Regierung dazu einen Vorschlag machen, kündigte Hall an. Anfang 2016 könnte dann der Verkauf wirksam werden. Ursprünglich wollte Vattenfall den Verkauf in diesen Wochen besiegeln. Die Zeit drängt, denn für die Erschließung weiterer Tagebaufelder in Welzow Süd (Brandenburg) und Nochten (Sachsen) sind Investitionen erforderlich, die Vattenfall aber nicht mehr tätigen will. Die Menschen vor Ort werden zunehmend ungeduldig, denn für beide Tagebaue müssen fast 2500 Personen umgesiedelt werden. Der ganze Prozess stockt aber nun so lange, bis Vattenfall einen Käufer gefunden hat und der die Vorarbeiten für die bereits genehmigten Tagebaue in Angriff nimmt.

Auch für das AKW Ringhals war eine Milliardenabschreibung nötig

Wie stark Vattenfall bei der kürzlich von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Wirtschafts-und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) und CSU-Chef Horst Seehofer beschlossenen Kapazitätsreserve betroffen beziehungsweise begünstigt sein wird, ist noch offen. Voraussichtlich wird Vattenfall zwei der sechs Blöcke des Kraftwerks Jänschwalde mit 1000 Megawatt in die Reserve geben. Aber wann und zu welchen Bedingungen ist offen; es soll jedenfalls Geld geben für die Reservekraftwerke, bis die dann nach vier Jahren endgültig vom Markt genommen werden und nicht länger CO2 in die Luft blasen. Braunkohle ist wegen der Feuchtigkeit schmutziger als Steinkohle oder Gas.

Der schwedische Konzern will auch deshalb raus aus der Kohle und konzentriert sich auf erneuerbare Energien. Und da Vattenfall Teile des schwedischen AKW Ringhals wegen „geringer Ertragskraft“ früher als geplant schließt, wurden hierfür auch Abschreibungen über 1,7 Milliarden Euro im zweiten Quartal fällig.

Zur Startseite