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Weltchampion ist Varta bereits bei Mikrobatterien für Hörgeräte. An die Spitze will man noch mit Akkus für Kopfhörer.
© dpa

Alle Welt braucht Batterien: Varta elektrisiert die Börse

Am ersten Handelstag schießt die Aktie des Batterieherstellers nach oben. Der Weltmarktführer aus Schwaben hat noch viel vor.

Es war wie in der Hochzeit der New Economy damals um die Jahrtausendwende: Die Anleger rissen sich um jede neue Aktie, und jeder Börsengang versprach fetten Profit in kurzer Zeit. Am Donnerstagvormittag kamen die Erinnerungen hoch: Wer Aktien der Varta AG gezeichnet und bekommen hatte, zahlte dafür 17,50 Euro je Anteilsschein. Doch der erste Kurs lag mit 24,25 Euro rund 40 Prozent darüber. Viele Anleger nahmen dann den schnellen Gewinn mit und verkauften die Papiere, sodass der Kurs zwischenzeitlich unter 20 Euro rutschte. Das war aber immer noch weit weg von den 17,50 Euro, sodass sich Anleger und Unternehmen über einen rundum gelungenen Börsenauftakt freuen konnten.

150 Millionen für Investitionen

Der Erfolg hatte sich abgezeichnet, als Varta vor ein paar Tagen den Angebotszeitraum für die Aktien verkürzt und den Preis am obersten Ende der Preisspanne (15 bis 17,50 Euro) festgelegt hatte. „Unsere Erfolgsgeschichte und die Aussichten unseres Unternehmens haben die Investoren überzeugt“, freute sich Vorstandschef Herbert Schein. Mit dem eingenommenen Geld, gut 150 Millionen Euro, will er den Wachstumskurs fortsetzen und beschleunigen. Tatsächlich ist das Unternehmen von der Schwäbischen Alb einer der vielen Hidden Champions im deutschen Mittelstand, die als Weltmarktführer in ihren Segmenten erfolgreich sind, aber kaum in der Öffentlichkeit auftauchen.

Dabei ist Varta ein großer Name. Gegründet wurde der Batteriehersteller im westfälischen Hagen. Varta steht als Abkürzung für „Vertrieb, Aufladung, Reparatur, Transportabler Akkumulatoren“. In den 1990er Jahren begann der Anfang vom Ende der Traditionsfirma mit Umstrukturierung, Zerschlagung und Teilverkäufen. Die Autobatterien gingen an den US-Konzern Johnson Controls und die Haushaltsbatterien an Spectrum Brands. Für rund 30 Millionen Euro landeten schließlich 2007 die Mikrobatterien in Österreich bei der Montana Tech, deren Eigentümer Michael Tojner jetzt Kasse macht: Ihm fließen aus dem Börsengang 83 Millionen Euro zu.

Weltmarktführer bei Hörgeräten

2011 sichert sich Montana auch den Namen Varta AG, der nun an der Börse notiert wird und unter dessen Dach sich die Varta Microbattery GmbH und die Varta Storage GmbH befinden. Der Großteil des Börsenerlöses fließt in den Ausbau der Mikrobatterien, mit denen das Unternehmen aus Ellwangen in den vergangenen Jahren eine Erfolgsgeschichte schrieb. „Mit der Luft-Zink-Technologie sind wir Weltmarktführer bei Hörgeräten geworden“, hatte Schein im Frühjahr im Gespräch mit dem Tagesspiegel gesagt.

30 Millionen Euro aus dem Börsengang investiert Varta in den Aufbau einer neuen Produktionslinie für Hörgerätebatterien. 80 Millionen Euro will Schein für die Ausweitung der Produktionskapazität von wiederaufladbaren Lithium-Ionen Mikrobatterien ausgeben. Diese Akkus setzt Varta unter anderem in Kopfhörern ein und peilt auch hier die Spitze an. „Wir wollen in diesem Markt der kleinformatigen Lithium-Ionen-Batterien in der Welt dominieren“, sagt Schein.

Noch werden nur kleine Formate produziert

Der schwäbische Tüftler ist mit einem gehörigen Selbstbewusstsein unterwegs – und hat dazu auch Gründe. „Wir haben die Energiedichte in den Lithium-Ionen- Zellen im letzten Jahr um 20 Prozent erhöht und werden bis zu weitere 30 Prozent bis Ende 2018 erreichen“, sagt Varta-Chef Schein.

Die Zellen werden also immer leistungsfähiger, und irgendwann wird sich Varta auch mit dem vielversprechenden Markt der Elektromobilität befassen. Dazu sind allerdings größere Zellformate als bislang erforderlich. Schein geht Schritt für Schritt vor und sieht in der vorhandenen Entwicklungs- und Produktionsinfrastruktur bei Varta „eine hervorragende Basis für andere Größen bei Lithium-Ionen-Zellen“.

2000 Mitarbeiter an fünf Standorten

Neben den kleinen Akkus forciert Varta den Ausbau der größeren Energiespeicher zum Beispiel für Häuser mit Solarmodulen auf dem Dach. In diesen Bereich fließen 20 Millionen Euro aus dem Börsengang. Die restlichen 20 Millionen Euro werden „für allgemeine Unternehmenszwecke verwendet“, teilte Varta mit.

Das Unternehmen mit gut 2000 Mitarbeitern hat inzwischen fünf Fertigungsstätten in Europa und Asien. Der Marktwert an der Börse liegt am ersten Handelstag bei knapp 700 Millionen Euro. Ursprünglich wollte Schein bereits vor einem Jahr auf das Parkett, doch damals passte das Umfeld nicht und der Plan wurde vertagt. Der Erfolg gibt ihm recht, wobei sich Schein womöglich ärgert über die geringe Preisspanne zwischen 15 und 17,50 Euro. Am Ende des ersten Handelstages lag die Aktie bei rund 20 Euro.

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