Rote Zahlen und weniger Gäste: Vapianos Halbjahreszahlen zeigen den Absturz der Restaurant-Kette
Man habe die wesentlichen Aufgaben eines Restaurants aus den Augen verloren, sagt die Vapiano-Chefin. Nun will sie die "Gästeloyalität" verbessern.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, Vapiano habe die Wende geschafft. Die seit Jahren kriselnde Restaurant-Kette konnte ihren Umsatz im ersten Halbjahr 2019 um 12,3 Prozent auf 196,6 Millionen Euro steigern, wie das Kölner Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Doch ein zweiter Blick zeigt, dass Vapiano noch immer tief in der Krise steckt. Denn das Wachstum geht einzig auf Neueröffnungen und Zukäufe zurück. Auf vergleichbarer Fläche, wie es in der Mitteilung hieß, sank der Umsatz in Deutschland um 3,4 Prozent. Das bedeutet, dass die bereits bestehenden Restaurants weniger erwirtschaften.
Diese Zahlen bilden die Probleme Vapianos gut ab: Ein Expansionskurs, der kaum Erfolg bringt und ein Kerngeschäft, das ebenfalls keine Gewinne mehr einfährt. Auch Konzernchefin Vanessa Hall zeigte sich alarmiert und betonte, man müsse zügig die „Gästeloyalität“ verbessern. Denn sinkende Kundenzahlen werden als Hauptgrund für das schlechte Geschäft genannt. Insgesamt führte das zu einem Minus von 18 Millionen Euro im ersten Halbjahr. Mit Sonderabschreibungen und Einmaleffekten für die Restrukturierung lag Vapiano in den ersten sechs Monaten sogar mit 34,3 Millionen Euro in den roten Zahlen.
Schon im Vorjahr verbuchte man ein Minus von 101 Millionen Euro. Um die Defizite auszugleichen, musste das Eigenkapital herhalten – das schrumpfte seit Jahresbeginn von rund 47 auf nur noch 12 Millionen Euro. Zugleich stieg die Nettoverschuldung deutlich auf 470 Millionen Euro
Lange Schlangen trotz weniger Gäste
Überraschend kommt diese schlechte Bilanz allerdings nicht. 2015 machten erste Berichte die Runde, wonach es Hygienemängel in einzelnen Filialen gäbe. Mitarbeiter berichteten von „Nudeln mit grünlichem Schimmer“, Kunden beschwerten sich vermehrt über unsachgemäße Zubereitung. Es wuchsen die Zweifel, ob kurzfristig angelernte Aushilfskräfte wirklich die besten Köche für Speisen auf Restaurant-Niveau sein könnten.
Wer heute eine Vapiano-Filiale besucht, bekommt zudem vor Augen geführt, dass die Organisation der Restaurants nicht effizient genug ist. Selbst bei normalem Gästeaufkommen bilden sich lange Schlangen. „Die Zeit, die in die Umstrukturierung des Unternehmens investiert wurde, sowie die damit verbundenen Kosten haben die Gesellschaft von ihren wesentlichen Aufgaben abgelenkt“, gab Hall anlässlich der Zahlen zu.
Die Britin ist indes nur interimsmäßig an der Spitze von Vapiano eingesetzt. Denn erst vor wenigen Wochen hatte der bisherige Chef Cornelius Everke seinen Job nach nur neun Monaten hingeworfen. Hall, die zuvor im Aufsichtsrat und in verschiedene Führungspositionen in der Gastronomiebranche gearbeitet hatte, beerbte ihn kurzfristig. Sie muss nun ein Unternehmen, dass sich bei einer groß angelegten Expansion übernommen hat, zurück ins Plus führen.
Anlegerschützer sehen Vapiano-Aktie kritisch
Denn es sind vor allem die Auslandsmärkte, die Vapiano zu schaffen machen. In Ländern wie den USA oder Schweden ist das Minus noch größer als in Deutschland. Der geplante Verkauf des US-Geschäfts ist noch immer nicht spruchreif. Insgesamt hat Vapiano Vapiano 235 Restaurants auf der Welt. Die ehrgeizige Expansion hatte nach dem Börsengang 2017 begonnen.
Anlegerschützer sehen die Entwicklung von Vapiano kritisch. Seit dem Börsengang vor gut zwei Jahren hat die Aktie rund 80 Prozent ihres Ausgabewertes eingebüßt. Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte zu den Halbjahreszahlen, die Eigenkapitalquote sei „unterirdisch“. Vapiano müsse dringend seine Hausaufgaben machen und die Ertragssituation verbessern.
Nach der Bekanntgabe der Zahlen sank die Aktie am Mittwoch nur leicht. Dabei dürfte eine Rolle spielen, dass weiterhin finanzkräftige Großaktionäre an Bord sind, darunter die Tchibo-Erben Günter und Daniela Herz sowie Wella-Erbin Gisa Sander. Die waren im Frühjahr bereit, einen dicken Kredit zu geben und die akute Finanznot damit etwas zu lindern. (mit dpa)
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