Reaktionen auf die Strafzölle: Die Welt lässt sich von Trump nicht provozieren
Nach dem Zoll-Beschluss für Stahl und Aluminium bleibt es vorerst bei verbalem Protest. Merkel will noch Gespräche führen. Eine Analyse.
Jetzt hat Donald Trump es also getan. Er hat Zölle auf Stahl und Aluminium verabschiedet, die bereits in 15 Tagen in Kraft treten sollen. Statt sofort Vergeltung zu fordern, haben Politiker und Wirtschaftsvertreter darauf am Freitag eher diplomatisch reagiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief zu einem besonnenen Vorgehen auf. Zwar sagte sie, das sei "eine ersten Situation", gleichzeitig betonte sie aber: „Den Vorzug müssen jetzt erst einmal noch Gespräche haben. Am besten wäre es, wir könnten ausgenommen werden.“ Vermutlich hofft die Kanzlerin, dass die Bundesrepublik zu den Staaten gehören könnte, die eine Sonderbehandlung bekommen. Auf Twitter hatte der US-Präsident angekündigt, sich „echten Freunden“ gegenüber flexibel und kooperativ zu zeigen. Gemeint hat er damit aber wohl eher Kanada und Mexiko, die von den Strafzöllen tatsächlich ausgenommen werden könnten – zumindest deutete das die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Sarah Sanders, an.
Wie die EU nun auf Trumps Strafzölle reagieren sollte, ist umstritten. Einige fordern weiterhin entschiedene Vergeltungszölle, wie die EU-Kommission sie bereits auf Jeans, Motorräder und Orangen aus den USA angekündigt hat. „Europa würde sich unglaubwürdig machen, verhielte es sich jetzt passiv“, meint Gabriel Felbermayr, Ökonom am Ifo-Institut in München. Gleichzeitig mehren sich in Wirtschaft und Politik aber die Stimmen, die wie Kanzlerin Merkel zu Besonnenheit aufrufen. „Niemandem hilft es, wenn die Auseinandersetzung eskaliert“, sagt zum Beispiel Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK).
EU-Handelskommissarin trifft den US-Handelsbeauftragten
Auch in Brüssel will man nun erst mal abwarten und mit den USA sprechen, statt sofort die bereits angekündigten Gegenmaßnahmen in Kraft zu setzen. An diesem Samstag trifft EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström den US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer. Allerdings bemühte man sich am Freitag in Brüssel bereits, die Erwartungen an diesen Termin zu dämpfen. „Das wird ein Treffen, nicht DAS Treffen“, sagte EU-Vizekommissionspräsident Jyrki Katainen. 90 Tage hat die Staatengemeinschaft jetzt Zeit, um sich zu überlegen, ob sie Beschwerde bei der Welthandelsorganisation (WTO) einlegt. In diesen knapp drei Monaten dürfte auch die Entscheidung über Vergeltungszölle fallen. „Wir hoffen, das wird nicht nötig“, sagt Malmström.
Die Industrie diskutiert nun vor allem über die Frage, was Trumps Zölle für den Wirtschaftsstandort Deutschland bedeuten. Denn auch wenn Vertreter der Stahlbranche jetzt gegen den US-Präsidenten wettern: So arg schlimm dürfte es für die Bundesrepublik zunächst nicht werden. Gerade einmal eine Million Tonnen Stahl verkaufen deutsche Konzerne wie ThyssenKrupp und Salzgitter jährlich in die USA. Was dem Laien viel erscheinen mag, ist tatsächlich wenig: Insgesamt produzieren die deutschen Konzerne nämlich 40 Millionen Tonnen Stahl im Jahr. Der Großteil (80 Prozent) bleibt in Europa, wird hier für die Produktion von Maschinen, Brücken, Turbinen oder Schienen eingesetzt.
Weltweit wird zu viel Stahl produziert
Eine gewisse Furcht lösen Trumps Strafzölle hierzulande dennoch aus, weil weltweit viel zu viel Stahl produziert wird und der europäische Markt einer der wenigen ist, die noch offen sind – auf denen es also bislang keine Zölle auf den Stahlimport gibt. Denn auch Länder wie Brasilien oder Indien schützen den heimischen Markt längst, indem sie selbst Abgaben für den Import von Stahl verlangen. Deshalb fürchten manche nun, dass vor allem die Chinesen jetzt versuchen könnten, ihren Billigstahl verstärkt in Europa statt in den USA auf den Markt zu bringen – mit der Folge, dass die Preise einbrechen. Der europäische Stahlverband Eurofer warnt, es bestehe die Gefahr, das zehntausende Jobs im europäischen Stahlsektor und angrenzenden Branchen verloren gehen könnten. Hierzulande argumentieren Branchenkenner dagegen damit, dass Stahl nicht gleich Stahl ist. Während die Chinesen vor allem auf Masse setzen, werben die deutschen Konzerne mit Qualitätsstahl. Die Beratungsfirma Wood Mackenzie geht deshalb auch davon aus, dass aufgrund der neuen Strafzölle der USA weltweit höchstens 18 Millionen Tonnen Stahl umgeschichtet werden könnten. „Das Volumen ist relativ gering. Es wird keine großen Auswirkungen auf die Preise haben“, heißt es auch beim südostasiatischen Branchenverband AISC.
Die Autoindustrie würden Zölle hart treffen
Deutschlands Industrie könnte also noch einmal glimpflich davonkommen. Anders sähe das aber aus, wenn Trump in einem nächsten Schritt Strafzölle auf importierte Autos einführen sollte. Schon jetzt hat der US-Präsident „Spiegel-Steuern“ angekündigt. Gemeint sind damit gleiche Steuersätze für gleiche Produkte. Er ärgert sich zum Beispiel darüber, dass US-Hersteller, die Autos nach Deutschland verkaufen, höhere Zölle zahlen müssen als deutsche Autobauer, die ihre Wagen in die USA schicken. Ein Strafzoll für die Automobilindustrie würde Deutschland allerdings empfindlich treffen. Auf Verständnis braucht man bei Trump nicht zu hoffen: „Wenn ihr Steuern vermeiden wollt, produziert in Amerika“, sagt er.