KfW-Chef Günther Bräunig: Über Nacht zum mächtigsten Banker der Republik
Weil die Milliarden des Rettungspakets die KfW laufen, steht die Bank plötzlich im Fokus der Öffentlichkeit. Eine Position, die ihrem Chef nicht gefällt.
Es ist in diesen Tagen nicht Deutsche Bank-Chef Christian Sewing, der in der Finanzszene im Mittelpunkt steht, stehen muss. Es ist Günther Bräunig, Vorstandschef der Förderbank KfW. Und mit ihm seine Kolleginnen und Kollegen im Führungsgremium des Instituts, das zu 80 Prozent dem Bund und zu 20 Prozent den Ländern gehört. Dabei ist der 64-jährige geborene Wiesbadener alles andere als ein Banker, der sich in den Vordergrund drängt.
Allüren und Statussymbole sind Bräunig völlig fremd. Es geht und ging ihm immer um die Sache. „Noch nie haben wir ein Programm so schnell startklar bekommen“, sagt er zu den gemeinsam mit dem Bund wegen der Corona-Krise geöffneten und neu geschnürten KFW-Hilfs-Paketen. Innerhalb von nur einer Woche wurden sie festgezurrt, seit Montag können Anträge gestellt werden.
Bräunig war in der ihm eigenen klaren Besonnenheit und Analysefähigkeit schnell klar, dass die üblichen Kreditprüfungsverfahren und auch Haftungsbegrenzungen in dieser beispiellosen Krise kein Thema sein können. Wochen bis zur Bewilligung eines Liquiditäts-Kredits sind keine Option. Es muss in Tagen passieren. Besser noch schneller. Auch eine Begrenzung nach oben gibt es nicht. Bis Ende 2021 stellt der Bund der KfW erst einmal 100 Milliarden Euro bereit.
Homeoffice-Videokonferenzen mit Merkel
Bräunig hat sich deshalb mit Banken und Sparkassen verständigt – dort müssen die Kredite beantragt werden – dass die KfW auf eine zusätzliche Kreditprüfung verzichtet. Die Einschätzung der Hausbank wird übernommen. 80 und bei mittleren und kleineren Unternehmen auch 90 Prozent des Kreditrisikos übernimmt die KFW, abgesichert über Garantien des Bundes. Zehn respektive 20 Prozent bleiben bei der Hausbank, Sparkasse oder Volksbank. Übermittelt werden die Anträge vom Kreditinstitut über eine elektronische Plattform direkt an die KFW. Bei Beträgen bis drei Millionen Euro soll die Auszahlung mittlerweile binnen Minuten möglich sein, bei Summen bis zehn Millionen innerhalb weniger Tage, heißt bei der KfW.
Nahezu rund um die Uhr hat Bräunig in den letzten 14 Tagen gearbeitet, eingebunden in Krisensitzungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier – online und per Videoschalte. Bräunig saß und sitzt dabei sehr oft nicht in seinem Büro am Frankfurter Palmengarten, sondern zuhause in seinem Arbeitszimmer. Der Vorstand tauscht sich jeden Morgen per Telefon-Schalte aus.
Auch in der KfW gelten strenge Sicherheitsauflagen. Rund ein Drittel der 6000 Beschäftigten sitzt im Home-Office. Zum Glück gibt es in der Bank noch keinen Corona-Fall. Die hat er in einer Videoschalte auf die außergewöhnlichen Umstände eingestellt. „Unsere Bank steht – und damit wir alle – vor einer großen Bewährungsprobe.“ Die KfW werde in dieser Phase von der Bundesregierung als extrem wichtig eingestuft. Sie ist, das ist für den zweifachen Familienvater und Großvater klar, ein entscheidender Faktor dafür, dass vor allem kleinere Mittelständler, Selbständige und Freiberufler die beispiellose Krise einigermaßen meisten können.
Krisenerfahrungen 2008 gesammelt
„Mit Krisen und Sonderprogrammen kennen wir uns aus“, sagt der auch bei den Beschäftigten wegen seiner ruhigen, bedachten Art geschätzte Vorstandschef aber auch selbstbewusst. Speziell er selbst. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 hatte er das Ruder bei der durch windige Finanzgeschäfte schwer ins Schlingern geratenen Mittelstandsbank IKB übernommen. Die Schieflage bescherte der KfW 2007 und 2008 einen Verlust von insgesamt fast zehn Milliarden Euro.
Zugleich war die KfW bei der Bewältigung der Folgen der Finanzkrise in Konjunkturprogramme eingebunden. Auch bei Schieflagen großer Konzerne wird sie auf Weisung des Bundes immer wieder aktiv, zuletzt im vergangenen Herbst mit einem Hilfskredit von rund 380 Millionen Euro für den Ferienflieger Condor, der durch die Pleite des Reisekonzerns Thomas Cook in schwere Wasser geraten war.
Der passionierte Tennisspieler rückt auf
Dass jetzt auch Kritik auf die KfW niederprasselt, weil sie, wenn auch zu sehr günstigen Konditionen, Kredite ausreicht und keine nicht rückzahlbaren Zuschüsse gewährt, dürfte Bräunig verstehen. Aber dafür ist erst einmal die Politik zuständig, die dann auch mit einem Notprogramm für Kleinstunternehmen und Selbständige am Montag reagiert hat.
Seit Anfang 2018 steht der begeisterte Tennisspieler an der Spitze der KfW, nachdem er schon zwei Jahre zuvor den schwer erkrankten Vorgänger Ulrich Schröder vertreten hatte. Zuvor arbeitete der promovierte Jurist bei der Commerzbank und bei Airbus. 1989 wechselte er zur KfW und kümmerte sich zunächst um die Kapitalbeschaffung auf den Finanzmärkten. Dort genießt die KfW einen absolut untadeligen Ruf, auch wegen der Garantien des Bundes, weshalb sie sich sehr günstig refinanzieren kann. Im Jahr 2000 wird Bräunig Generalbevollmächtigter, 2006 rückt er in den Vorstand auf.
Seine besonderen Anliegen gelten dem Klimaschutz und der nachhaltigen Ausrichtung der Bank. Die KfW gilt neben der Förderung der deutschen Wirtschaft und besonders des Mittelstandes weltweit als einer der wichtigsten Finanzierer von Klimaschutzmaßnahmen. Ein starkes Augenmerk legt die Bank unter seiner Regie auch auf die Länder des Nachbarkontinents Afrika. Eigentlich sollte all das auch in diesem Jahr im Vordergrund stehen. Aber Corona hat auch in der KfW alles verändert. Der Gewährung von Not-Krediten werde in der Bank jetzt alles andere untergeordnet, sagt Bräunig. „Die ganze Republik wird schauen, wie schnell und effektiv wir sein werden.“
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