Umsatz wächst, Gewinn sinkt: Tourismussparte verhagelt Rewe die Freude über das Geschäft im Corona-Jahr
Die Rewe-Supermärkte florieren und legen beim Umsatz deutlich zu. Doch der Konzern hat auch eine Tourismussparte, die die Bilanz kräftig eintrübt.
Wenn es einen Gewinner der Coronakrise gibt, dann muss der doch wohl Rewe heißen, könnte sich mancher angesichts der leeren Supermarktregale und Hamsterkäufe in der Pandemie denken. Doch so einfach ist es nicht, denn der Düsseldorfer Konzern betreibt nicht nur Supermärkte, sondern hat auch eine Tourismussparte, die unter den Reiseeinschränkungen natürlich erheblich leidet. Unter dem Strich stand im Corona-Jahr 2020 für Rewe dennoch ein Plus, wie der Vorstandsvorsitzende Lionel Souque am Montag in Köln mitteilte.
Dank zweistelliger Zuwachsraten im Supermarkt-Geschäft konnten die Verluste im Tourismus-Bereich demnach mehr als wettgemacht werden. Auch dank der Übernahme des Fachgroßhändlers Lekkerland mit über 380.000 Mitarbeitern übersprang Rewe beim Umsatz erstmals die Hürde von 75 Milliarden Euro. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 62,7.
Die starken Verluste in der Touristik sorgten aber neben einer gestiegenen Steuerlast für einen Rückgang des Gewinns. Rewe-Chef Lionel Souque will trotzdem kräftig investieren und damit auch die Digitalisierung des Konzerns vorantreiben.
Baumärkte und Supermärkte mit starkem Wachstum
„Die positive Entwicklung in unserem Handelsgeschäft hat die schweren Belastungen unserer Touristik-Sparte ausgeglichen“, bilanzierte Souque. Im Supermarktgeschäft in der Bundesrepublik konnte Rewe allein den Umsatz um 12,3 Prozent auf 26,5 Milliarden Euro in die Höhe schrauben. Dabei legte auch der zum Konzern gehörige Discounter Penny in Deutschland um 5,4 Prozent zu; im Ausland war das Wachstum sogar noch stärker.
Auch das Geschäftsfeld Baumarkt mit der Marke Toom steigerte den Umsatz um knapp 20 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro. Im Touristik-Geschäft rund um die Marken DER, Jahn Reisen und ITS bekam Rewe indes die negativen wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise voll zu spüren: In der Sparte schrumpfte der Umsatz um 73,9 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Insgesamt schrieb Rewe im Touristik-Geschäft einen Verlust von 390 Millionen Euro. Nach Steuern sank der Rewe-Gewinn 2020 deshalb sogar von 507 Millionen Euro im Vorjahr auf nun 415 Millionen Euro.
Wettbewerbsverzerrung zugunsten von TUI?
Kritik übte Souque an den öffentlichen Hilfen für den Konkurrenten TUI. Zwar könne er verstehen, dass die Bundesregierung in der Coronakrise Arbeitsplätze in Deutschland schützen wolle. „Wenn man sieht, dass es 4,3 Milliarden Euro Kredite für eine Firma gibt, die nicht systemrelevant ist wie TUI, kann man schon die Frage stellen: Warum?“, sagte er. Es dürfe aber keine Wettbewerbsverzerrung dadurch geben, dass TUI Hilfen nicht zurückzahle. Rewe poche auf eine Rückzahlung. Im Tourismus-Markt stehe eine Konsolidierung an, einzelne Unternehmen dürften nicht künstlich am Leben gehalten werden.
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Touristik-Vorstand Sören Hartmann sagte, er traue sich für 2021 noch keine Prognose zu. Die Reiselust der Verbraucher sei aber weiter da: „Wenn der Korken aus der Flasche kommt, wird es richtig sprudeln.“ Eine Umfrage der Unternehmensberatung PwC hatte allerdings erst am Wochenende ergeben, dass die Deutschen ihre Reisepläne für das laufende Jahr eher skeptisch sehen.
Souque will nun die Investitionen in die Höhe schrauben, um Märkte zu modernisieren, die Logistikinfrastrukturen auszubauen und die Digitalisierung weiterzuentwickeln. „Nach rund 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2020 werden wir im laufenden Geschäftsjahr unsere Investitionen auf 2,3 Milliarden Euro aufstocken“, kündigte er an. „Mit Investitionen in dieser Höhe planen wir auch in den Folgejahren 2022 und 2023.“
Im Lebensmittelhandel will Rewe seit Jahren die Rolle des technologischen Vorreiters einnehmen. Gerade beim Online-Handel liegt der Konzern mit seinem eigenen Lieferdienst vor der Konkurrenz von Edeka oder der Schwarz-Gruppe, wo der Bereich E-Food vorerst wieder eingestampft wurde. Allerdings sind in der Coronakrise Start-ups wie etwa Gorillas auf den Markt getreten, die Lebensmittel-Lieferungen schneller und bequemer anbieten.