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Das von der Firma Tönnies zur Verfügung gestellte Foto zeigt Mitarbeiter, die an ihren Arbeitsplätzen von Plexiglasscheiben voneinander getrennt arbeiten.
© dpa/Tönnies

Nach Corona-Ausbruch: Tönnies reagiert auf Kritik – und plant 1000 Einstellungen

Der Fleischkonzern Tönnies reagiert auf die Forderungen der Bundesregierung. Bis September sollen 1000 Werksvertragsarbeiter einen Arbeitsvertrag erhalten.

Deutschlands größter Fleischkonzern Tönnies hat konkrete Veränderungen im Unternehmen angekündigt: So sollen bis zum 1. September 1000 Werkvertragsarbeiter einen Arbeitsvertrag direkt in Rheda-Wiedenbrück erhalten. Bis Jahresende sei das Ziel, alle „Mitarbeiter der Kernbereiche direkt beim Unternehmen einzustellen“, hieß es am Montag in einer Mitteilung.

Bereits am 23. Juni hatte Tönnies vermeldet, in Zukunft Werkvertragsarbeiter einstellen zu wollen, die bislang für Subunternehmer arbeiten. Damit würde der nach einem Corona-Ausbruch in seiner Belegschaft stark in die Kritik geratene Konzern eine Forderung der Politik erfüllen.

Die Bundesregierung hatte angekündigt, dass mit Beginn des Jahres 2021 Werkverträge und Leiharbeit in der Fleischindustrie abgeschafft werden. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will noch in diesem Monat einen Gesetzentwurf für bessere Arbeitsbedingungen vorlegen.

Ebenfalls bis Anfang September will Tönnies rund 400 Wohnplätze in Rheda-Wiedenbrück für die zukünftigen Angestellten anmieten. Dazu seien zwei Wohnungsgesellschaften gegründet worden. Je nach Bedarf soll auch an weiteren Standorten Wohnraum geschaffen werden. Die vorhandene Zeiterfassung werde bis 1. August in ein digitales System überführt.

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Am Montag hatte Tönnies seinen Probebetrieb in der Zerlegung fortgesetzt, also der Zerteilung geschlachteter Tiere. Dazu verarbeiten unter Aufsicht der Behörden nur Arbeiter einer Schicht bis zu maximal 10.000 Schweine am Tag.

Zum Ergebnis des dritten Testtages mit neuem Hygienekonzept und reduzierter Belegschaft wollte sich ein Unternehmenssprecher nicht äußern und verwies auf die Behörden. Der Konzern musste für den Infektionsschutz Trennwände aus Plexiglas zwischen die Arbeitsplätze bauen und eine neue Filtertechnik für die gekühlte Umluft installieren.

Das Tönnies-Werk neben der Firmenzentrale in Rheda-Wiedenbrück stand nach dem massenhaften Corona-Ausbruch unter den Mitarbeitern rund vier Wochen lang still. In der Zerlegung waren die meisten der insgesamt mehr als 1400 coronainfizierten Mitarbeiter tätig. Die Behörden hatten die Produktion daraufhin untersagt.

Clemens Tönnies, Chef des größten deutschen Schlachtkonzerns (Archivbild)
Clemens Tönnies, Chef des größten deutschen Schlachtkonzerns (Archivbild)
© dpa/Friso Gentsch

Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern, gab es zeitweise für die Bewohner der Kreise Gütersloh und Warendorf wieder verschärfte Hygieneregeln und Kontaktbeschränkungen. Betroffen waren zusammen über 600.000 Menschen. Für die Tönnies-Mitarbeiter galt eine strenge Quarantäne-Regelung, die am Freitag auslief.

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Von den rund 1400 mit Corona infizierten Tönnies-Mitarbeitern liegen (Stand Montag) nach Angaben der Bezirksregierungen in Detmold und Arnsberg noch sechs Patienten in Krankenhäusern. Drei Betroffene werden auf Intensivstationen betreut, zwei Patienten müssen beatmet werden.

Nach der Kritik des Mitgesellschafters und Geschäftsführers Clemens Tönnies an einer fehlenden schriftlichen Begründung für die Schließung des Stammwerks reagierte der Kreis Gütersloh. „Ja, es ist richtig, es steht noch eine schriftliche Bestätigung der mündlichen Verfügung aus. Die bekommt Herr Tönnies noch“, sagte eine Kreis-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Die Eindämmung des Infektionsgeschehens habe bislang Vorrang gehabt.

Tönnies hatte in einem Zeitungsinterview beklagt, dass das Unternehmen bis heute nicht wisse, welchen Rechtsbruch es begangen haben soll. (dpa)

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