Streit um Verbraucherpolitik: Stühlerücken im Verbraucherministerium
Der langjährige Abteilungsleiter für Verbraucherpolitik, Christian Grugel, muss gehen. Kommt seine Nachfolgerin - wie schon Staatssekretär Gerd Billen - vom Bundesverband der Verbraucherzentralen?
Überraschendes Stühlerücken im Bundesjustiz- und Verbraucherministerium. Der langjährige Abteilungsleiter Christian Grugel, im Ministerium für die Verbraucherpolitik zuständig, muss seinen Stuhl vorzeitig räumen. Den Herauswurf soll nach Tagesspiegel-Informationen maßgeblich sein Chef, Staatssekretär Gerd Billen, betrieben haben. Billen verantwortet als beamteter Staatssekretär im Ministerium die Verbraucherpolitik. Mit Grugel soll es zunehmende Differenzen über die Schwerpunktsetzung gegeben haben. „Die Hausleitung hat entschieden, den Bundespräsidenten zu bitten, Herrn Grugel in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen“, bestätigte am Donnerstag ein Sprecher auf Anfrage die Personalie. Damit endet die Amtszeit des Ministerialdirektors neun Monate vor dem planmäßigen Ende. Grugel, Jahrgang 1950, wäre 2016 in den Ruhestand gegangen.
Unbestätigten Gerüchten zufolge kann sich Helga Springeneer Hoffnungen auf eine Nachfolge Grugels machen. Springeneer leitet derzeit beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) den Geschäftsbereich Verbraucherpolitik. Sie sitzt zudem im Sachverständigenrat für Verbraucherfragen, der im November vergangenen Jahres seine Arbeit aufgenommen hat. Das Gremium, das überwiegend aus Wissenschaftlern besteht, soll Bundesverbraucherminister Heiko Maas (SPD) beraten und regelmäßig Gutachten zur Lage der Verbraucher und zu verbraucherpolitischen Themen erstellen.
Sollte sich die Personalie bestätigen, würde das die Verbindung zwischen dem Verbraucherministerium und dem Verbraucher-Lobbyverband weiter intensivieren. Schon Gerd Billen kam vom Dachverband der Verbraucherzentralen. Vor seinem Wechsel in das Ministerium hatte der Verbraucherschützer, der Mitglied der Grünen ist, den VZBV geleitet.
Auslöser für den Herauswurf Grugels soll die wachsende Unzufriedenheit mit dem neuen Sachverständigenrat sein. Ein Projekt, das Grugel sehr am Herzen gelegen hat. Obwohl das Gremium bereits seit Monaten arbeitet, ist der Output bislang übersichtlich. Der Sachverständigenrat besteht aus neun Mitgliedern und wird von der Professorin Lucia Reisch geleitet. Grugels Vorliebe für wissenschaftliche Themen und akademische Fragestellungen rührt aus seiner Vergangenheit. Vor seinem Wechsel in die Ministerialbürokratie hatte Grugel die „Bundesanstalt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ geleitet, Ende 2007 war er in das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz gegangen, um dort die Fachabteilung für Verbraucherpolitik zu leiten. Nach der Bundestagswahl wanderte die Zuständigkeit für Fragen des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes und damit das Verbraucherschutzreferat in das Bundesjustizministerium.
Dies ist eine aktualisierte Fassung. In einer früheren Fassung war Grugel fälschlicherweise als Ministerialdirigent bezeichnet worden.