EZB in der Kritik: Stoppt das Bundesverfassungsgericht die Anleihekäufe?
Das Bundesverfassungsgericht muss an diesem Dienstag über die Anleihekäufe der EZB entscheiden. Das kann weitreichende Folgen für den Finanzmarkt haben.
Es ist eine grundsätzliche Frage, die das Bundesverfassungsgericht an diesem Dienstag klären muss: Darf die Europäische Zentralbank (EZB) Anleihen der Mitgliedsstaaten kaufen oder verstößt sie damit gegen das Verbot der Staatsfinanzierung?
Je nachdem wie die Antwort ausfällt, kann das gravierende Folgen haben. Denn die Anleihekäufe sind das wichtigste Instrument der EZB im Kampf gegen Krisen – auch die aktuelle: Die Zentralbank kauft den Geschäftsbanken Staatsanleihen in der Hoffnung ab, dass sie das Geld als Kredite an Unternehmen weiterreichen.
Anleihekäufe setzt die EZB seit der Eurokrise ein. Über die nationalen Notenbanken – in Deutschland die Bundesbank – erwirbt sie seit 2015 Papiere der Mitgliedsstaaten. Allein bis Ende 2018 hat sie auf diese Weise 2,1 Billionen Euro in den Markt gepumpt.
Nach einer Pause hat die EZB die Anleihekäufe Ende November wieder aufgenommen, wenn auch in einem geringeren Umfang. Im Zuge der Coronakrise ist dann zuletzt ein weiteres Notkaufprogramm dazu gekommen, über das die Zentralbank Papiere für 750 Milliarden Euro erwerben will.
Vor Gericht zieht sich der Streit um die Anleihekäufe bereits seit Jahren hin. Durch die Corona-Krise jedoch gewinnt er nun Aktualität. Denn die Vorgaben für das Notkaufprogramm sind noch lockerere als die des Ankaufprogramms, mit dem sich das Bundesverfassungsgericht nun befassen muss.
Warum die Kläger die Anleihekäufe ablehnen
Geklagt haben unter anderem der frühere CSU-Politiker Peter Gauweiler, AfD-Mitgründer Bernd Lucke und der Berliner Jurist Markus C. Kerber.
Sie argumentieren, die EZB betreibe mit den Anleihekäufen Staatsfinanzierung, womit sie ihr Mandat überschreitet. Die Zentralbanker selbst haben dagegen stets argumentiert, dass sie die Papiere den Staaten ja nicht direkt abkaufen, sondern am Zweitmarkt erwerben.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Kläger gegen die Anleihekäufe bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen. Auch gegen das zuvor von der EZB aufgelegte Kaufprogramm OMT haben sie Argumente vorgebracht.
Dieses Programm haben die Verfassungsrichter in Karlsruhe unter Auflagen gebilligt. Der entscheidende Unterschied: Anders als das Anleihekaufprogramm, um das es jetzt geht, ist das OMT-Programm nie zum Einsatz gekommen.
Wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet
Wie der Streit an diesem Dienstag ausgeht, ist offen. 2017 hat das Bundesverfassungsgericht starke Bedenken gegen die Anleihekäufe geäußert, den Fall dann aber zunächst dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Der erklärte die Anleihekäufe daraufhin für rechtens. Das Bundesverfassungsgericht kann das EuGH-Urteil annehmen – muss es aber nicht.
Sollte die Karlsruher Richter den Klägern Recht geben, hätte das Konsequenzen: Zwar können sie der EZB die Anleihekäufe nicht verbieten – sie können aber der Bundesbank Grenzen setzen, die einen Teil dieser Anleihekäufe für die EZB ausführt. Für diesen Fall fürchten Beobachter Verwerfungen an den Finanzmärkten.