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Im ersten deutschen Flughafen-Corona-Testzentrum wird zu Demonstrationszwecken eine Probe entnommen.
© dpa

Abstrich vor Abflug: So funktioniert das erste Corona-Testzentrum am Flughafen

In Frankfurt am Main können sich Fluggäste auf das Coronavirus testen lassen. Was hierzulande noch ein Modell ist, hat sich in China schon durchgesetzt.

Von Laurin Meyer

Reisewillige aus Landkreisen mit einem hohen Infektionsgeschehen haben es seit vergangenem Wochenende schwerer als andere. Ins Hotel kommen sie hierzulande nur, wenn sie einen negativen Covid-19-Test vorweisen können. Darauf hatten sich am Freitag die Chefs von Bundeskanzleramt sowie der Staats- und Senatskanzleien der Länder geeinigt.

Was da lokal schon gilt, könne bald zum Standard für die gesamte Mobilitätsbranche werden. Davon sind jedenfalls drei Unternehmen überzeugt: die Rostocker Biotech-Firma Centogene sowie die Lufthansa und Flughafenbetreiber Fraport. Sie eröffneten am Montag am Frankfurter Flughafen das erste deutsche Flughafen-Corona-Testzentrum (FTC).

Die Einrichtung umfasst einen Abstrichbereich und eine mobile SARS-CoV-2-Testeinheit, zusammen eine Art „Walk-Through-Test“ für Flugpassagiere. Das Ziel: das Infektionsrisiko bei Reisen deutlich zu reduzieren – sowohl für Passagiere, als auch für den Abreise- und Ankunftsort.

„Unser Corona-Testzentrum hat Modellcharakter“, betonte Centogene-Geschäftsführer Arndt Rolfs. Der Mediziner will zunächst zeigen, dass eine solche Einrichtung mit Massentests ohne Wartezeit und schneller Rückführung der Ergebnisse funktionieren kann. Die Laborkapazitäten in Frankfurt am Main reichen für 5000 PCR-Tests in der ersten Woche, in der zweiten sollen 12.000 Tests möglich sein. Insgesamt 384 Abstriche kann das Testpersonal pro Stunde nehmen, nach fünf bis sechs Stunden kommt das Ergebnis. 98 Prozent der Tests werden am selben Tag zurückgeführt, verspricht das Unternehmen.

Fast-Track soll schnelle Gewissheit bringen

Daneben wird es auch einen sogenannten „Fast Track“ geben. Bei bis zu 72 Tests pro Stunde sollen zwischen Abstrich und Ergebnis zwei bis drei Stunden liegen. Wer teilnehmen will, muss sich in einer eigens entwickelten App registrieren. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern habe das Programm bereits geprüft, erklärt Rolfs. Außerdem sei Centogene mit der Lufthansa im Gespräch, die Testergebnisse in die digitalen Tickets einzubinden. Doch auch Passagiere anderer Airlines sollen das Zentrum nutzen dürfen.

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„Langfristig kann es der Rückkehr zur Normalität bei der Mobilität dienen“, ist Rolfs überzeugt. Eine Idee: Airlines könnten den Zutritt ins Flugzeug an das Testergebnis koppeln. Entweder um ihren Passagieren mehr Sicherheit beim Reisen versprechen zu können oder weil Staaten es bei der Einreise gar verlangen.

In China werden ankommende Fluggäste getestet

China setzt bereits auf ein solches Konzept. Einreisende müssen damit rechnen, zu einem Covid-19-Test verpflichtet zu werden und die Kosten dafür selbst zu tragen, schreibt das Auswärtige Amt in seinen Reisehinweisen. Der Grund: Sollte eine Airline auf einem Flug insgesamt mehr als fünf Passagiere ins Land bringen, die positiv auf das Coronavirus getestet werden, muss sie die Flüge für eine Woche aussetzen.

Sind es zehn oder mehr Infizierte auf einer Route, greift sogar eine Sperre für vier Wochen. So will es eine Vorgabe der zivilen Luftfahrtbehörde Chinas (CAAC). Gleichzeitig gibt es aber Anreize für Fluggesellschaften, ihre Passagiere vor dem Abflug zu checken. Sind alle Tests bei drei aufeinanderfolgenden Flügen auf derselben Route negativ, dürfte eine Airline einen zusätzlichen Flug pro Woche anbieten.

Deutsche Behörden sind zurückhaltend

„Die Chinesen machen das sehr clever“, sagt Rolfs. Der Centogene-Chef zeigt sich optimistisch, dass es ähnliche Modelle auch hierzulande geben könnte. „Es wurde viel Geld in Temperaturmessstellen investiert“, sagt der Mediziner. Aus seiner Sicht seien die zwar wenig sinnvoll. So würden 80 bis 90 Prozent der Infizierten unter 50 Jahre kein Fieber als Symptom zeigen. „Es zeigt aber die Bereitschaft, überhaupt nach Lösungen zu suchen und diese einzusetzen.“ Und dennoch: „Deutschland wird sich schwerer tun, strukturelle Entscheidungen zu treffen als andere Länder“, befürchtet Rolfs.

Schilder führen zum ersten deutschen Flughafen-Testzentrum in Frankfurt am Main.
Schilder führen zum ersten deutschen Flughafen-Testzentrum in Frankfurt am Main.
© Reuters

Das Bundesgesundheitsministerium will Konzepte wie diese auf Anfrage nicht kommentieren und verweist auf die einzelnen Bundesländer. Schließlich obliege denen der Vollzug des Infektionsschutzgesetzes. Doch auch dort zeigt man sich teils zurückhaltend. „Private Corona-Teststellen sind weitere Angebote, sich im Gesundheitswesen testen zu lassen“, heißt es dazu nur von der Berliner Senatsverwaltung.

Veranstaltungsbranche will abwarten

Centogene-Chef Rolfs sieht sein Konzept keineswegs nur auf Flughäfen begrenzt. Es könnte langfristig auch der Eventbranche helfen, einen Schritt zurück zur Normalität zu gehen, würden Besucher vor Großveranstaltungen getestet. Die Branche ist jedoch vorsichtig. „Deren Nützlichkeit für die Praxis wird man danach beurteilen müssen, welchen zeitlichen Umfang die Auswertung eines solchen Walk-Through-Tests haben wird und welche Ergebnisse mit welcher Genauigkeit aus dem Test gewonnen werden können“, sagt Jens Michow, Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV).

Als Jurist habe er zudem erhebliche Bedenken, dass sich die Pflichterhebung und -verwendung der Tests für eine Entscheidung über den Zutritt zu einer Veranstaltung rechtlich tragfähig gestalten ließe.

Massentests dürften nicht überbewertet werden

Zudem mahnen Ärzte und Gesundheitspolitiker immer wieder, dass Massentests nicht überbewertet werden dürfen. „Umfangreiches Testen ist sinnvoll, insbesondere um regionale Ausbrüche schnell einzudämmen“, sagte etwa Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) der Deutschen Presseagentur. Allerdings sei ein Test immer nur eine Momentaufnahme.

Er dürfe nicht dazu führen, dass man sich in falscher Sicherheit wiege. Bayern hatte zuvor angekündigt, dass sich dort künftig jeder auf das Corona-Virus testen lassen kann, unabhängig davon, ob er Symptome hat oder einem besonderen Risiko ausgesetzt ist.

Test kostet mindestens 59 Euro

Centogene-Chef Rolfs sieht in der Diskussion eine gewisse Unehrlichkeit. „Keine der verfügbaren Möglichkeiten bietet einen hundertprozentigen Schutz vor einer Infizierung.“ Szenarien wie in Gütersloh seien kein tragfähiges Konzept für die Zukunft. „Wir sind als Gesellschaft derzeit bereit, enorme wirtschaftliche und soziale Einbußen hinzunehmen, statt nach Lösungen zu suchen, die uns wieder mehr Normalität ermöglichen könnten“, sagt Rolfs. „Testen ist momentan die einzige Chance.“

Wie sich die Kosten für das Flughafen- Testzentrum in Frankfurt aufteilen, will Rolfs nicht im Detail verraten. Nur so viel: Mindestens 59 Euro muss ein Passagier pro Test bezahlen. Sollte die Einrichtung gut anlaufen, habe man schon weitere Ideen in der Schublade, sagt Rolfs Bislang sei er aber nur mit der hessischen Landesregierung im Gespräch.

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