Allianz-Kohleausstieg: Schwarzer Tag für die Braunkohle
Der Ausstieg der Allianz aus dem Kohlegeschäft könnte zu einem generellen Umdenken in der Finanzbranche führen. Das hoffen zumindest Umweltschützer.
Dienstagvormittag an der Frankfurter Taunusanlage: Vor der Konzernzentrale der Deutschen Bank stapelt sich ein großer Haufen Briketts, Demonstranten halten ein Plakat mit der Aufschrift „Klima-Killer-Bank Nr. 1 – Raus aus der Kohle“. Unter diesem Motto übte die Umweltorganisation Urgewald wenige Tage vor Beginn der UN-Klimakonferenz "COP 21" in Paris heftige Kritik nicht nur an Deutschlands größtem Bankhaus, sondern auch an anderen Instituten. Insbesondere an deren Engagement bei der Förderung und Verwendung der besonders umweltschädlichen Braunkohle. Während Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften im europäischen Ausland aus solchen Finanzgeschäften aussteigen wollen, sei davon bei deutschen Finanzunternehmen nichts zu sehen.
Vor allem die Deutsche Bank und die Commerzbank finanzieren weiterhin maßgeblich das Geschäft mit fossilen Brennstoffen. Auf sie entfallen für die Zeit zwischen 2010 und Mitte 2015 mehr als 70 Prozent aller Finanzierungen der europäischen Braunkohleindustrie durch deutsche Finanzunternehmen.
Umweltlobbyisten hoffen auf Nachahmer
Anders hingegen der Versicherungskonzern Allianz. Noch vor Beginn der Aktion gab Allianz-Chef Oliver Bäte bekannt, dass man mit Blick auf den Klimaschutz keine Kohlegeschäfte mehr finanzieren werde. Man werde nicht mehr in Unternehmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes durch Kohleabbau oder mehr als 30 Prozent ihrer Energie aus Kohle gewinnen. „Das ist ein riesiger Schritt mit Vorbildfunktion für die gesamte Finanzbranche“, begrüßt Katrin Ganswindt von Urgewald diese Absicht. Bereits zuvor hatten die französische Axa und der norwegische Pensionsfonds Oljefondet den Ausstieg aus Kohle-Geschäften angekündigt.
Die Allianz hatte indes bereits in den vergangenen Jahren ihr Geld verstärkt in erneuerbare Energien gesteckt. Der Versicherer besitzt inzwischen zahlreiche Wind- und Solarparks in Deutschland, Frankreich, Italien, Schweden und Österreich. Vor wenigen Monaten überstiegen die Investments in erneuerbare Energien erstmals die Marke von 2,5 Milliarden Euro. Entscheidend für die Allianz ist dabei allerdings auch die Rendite, die mit fünf bis sechs Prozent höher liegt als viele andere Investments.
Andere Finanzgrößen halten an Kohlefinanzierung fest
Bei anderen deutschen Finanzfirmen tut sich allerdings bislang wenig. „Wir konnten bei keiner Bank und keinem anderen Investor Bemühungen erkennen, die Finanzierung der Kohleindustrie ernsthaft einzustellen“, klagt Urgewald.
Das Gesamtvolumen deutscher Banken für das Braunkohlegeschäft von Konzernen wie Vattenfall oder RWE seit 2010 beziffert Urgewald auf 8,7 Milliarden Euro. Davon entfielen 3,3 Milliarden auf die Deutsche Bank. Knapp 3,1 Milliarden sind es bei der Commerzbank. Die BayernLB kommt auf 834, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) auf 724 Millionen Euro. Es gebe je nach Institut allenfalls Beschränkungen bei einzelnen Braunkohle-Finanzierungen. „Eigeninitiative für umfassenden Klimaschutz, der auch das Bankenportfolio betrifft, konnten wir nicht entdecken“, sagt Urgewald-Kohle-Expertin Kathrin Petz.
Größter Kunde der Deutschen Bank unter den Braunkohlefirmen sei RWE, die allein seit 2010 mit 1,8 Milliarden Euro unterstützt worden sei. Dazu gehörten auch die tschechische Kohlefirma CEZ, Vattenfall in Schweden und PPC in Griechenland. Bei Deutschlands größtem Geldhaus will man Investitionen in fossile Energien auch künftig nicht ausschließen, sondern von Fall zu Fall entscheiden. Ein Sprecher der Bank erklärte: „Die Deutsche Bank unterstützt insgesamt ein ausgewogenes Energiekonzept und berücksichtigt dabei sowohl wirtschaftliche als auch ökologische und soziale Aspekte.“ In der Vermögensverwaltung des Konzerns gibt es einen generellen Ausschluss nur für Firmen, die mit dem Thema Streumunition in Verbindung gebracht werden.
RWE größter Kohle-Kunde der Commerzbank
Auch beim zweitgrößten deutschen Geldhaus, der Commerzbank, zeichnet RWE für die größten Geschäftsvolumen verantwortlich. So wurden laut Urgewald seit 2010 gut 2,5 Milliarden Euro für Braunkohlefinanzierungen an den Essener Konzern von der Commerzbank vergeben. Insgesamt finanzierte die Bank Braunkohleaktivitäten in diesem Zeitraum mit einem Gesamtvolumen von 3,1 Milliarden Euro, so Urgewald. Allerdings könnte sich das künftig ändern: Laut der Lobbyorganisation überarbeite die Bank derzeit ihre Kohlestrategie. RWE ist auch der mit Abstand größte Braunkohle-Kunde der BayernLB und der LBBW.
Die Studie von Urgewald untersucht auch, wer die größten deutschen Finanzinvestoren bei Braunkohle sind. Die DZ Bank, das Spitzeninstitut der Raiffeisen- und Volksbanken, steht dabei im laufenden Jahr mit Investments in Anleihen und Aktien im Volumen von 128 Millionen Euro an der Spitze, vor der DekaBank, der Fondstochter der Sparkassen, mit 113 Millionen Euro. Auch bei diesen Instituten gibt es Urgewald zufolge derzeit keine Überlegungen zum Kohleausstieg. An dritter Stelle rangiert bislang die Allianz mit 61,5 Millionen Euro, die in Aktien und Anleihen von Braunkohlefirmen stecken.