Braunkohlekraftwerke: Bund entschädigt Energiekonzerne mit 230 Millionen Euro
RWE, Vattenfall und Mibrag nehmen ab 2016 mehrere Braunkohlekraftwerke vorzeitig vom Netz. Grüne und Linke kritisieren die Entschädigung in Millionenhöhe als "versteckte Subvention".
Als Beitrag zum Klimaschutz legen die Energieerzeuger in Deutschland von 2016 an mehrere Braunkohlekraftwerke still und bekommen dafür vom Bund eine Milliardenentschädigung. Nach monatelangem Streit verkündete das Bundeswirtschaftsministerium am Samstag eine Einigung mit den Konzernen RWE, Vattenfall und Mibrag über die schrittweise Abschaltung der Kohleblöcke.
Opposition und Umweltverbände kritisierten die geplante Entschädigung als versteckte Subvention für die Betreiber. Die Einigung sieht vor, dass die drei Konzerne von 2016 bis 2019 mehrere Kraftwerksblöcke im rheinischen Braunkohlerevier und in Ostdeutschland Schritt für Schritt vom Netz nehmen. Jeweils vier Jahre lang sollten die Blöcke dann als letzte Absicherung zur Stromversorgung bereit stehen, ehe sie endgültig abgeschaltet würden. Die Unternehmen erhalten dafür eine erhebliche Vergütung: Das Wirtschaftsministerium bezifferte diese auf rund 230 Millionen Euro pro Jahr über einen Zeitraum von sieben Jahren.
Bis zu 12,5 Millionen Tonnen Kohlendioxid weniger bis 2020
Die Netzentgelte würden dadurch um rund 0,05 Cent pro Kilowattstunde ansteigen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte die Einigung mit den Unternehmen. "Die Maßnahme ist wichtig, um unsere Klimaziele zu erreichen und zugleich sicherzustellen, dass es in den betroffenen Regionen nicht zu Strukturbrüchen kommt", erklärte Gabriel. "Damit ist sie für Beschäftigte und Unternehmen eine gute und tragbare Lösung." Insgesamt würden Kapazitäten von 2,7 Gigawatt stillgelegt. Dadurch sollen die Emissionen des klimaschädlichen Kohlendioxids bis 2020 um elf bis 12,5 Millionen Tonnen pro Jahr reduziert werden.
"Dieser Minderungsbeitrag ist nötig, um unsere nationalen Klimaziele zu erreichen", hieß es in der Erklärung aus Gabriels Ministerium. Deutschland hatte sich international verpflichtet, die Treibhausemissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu reduzieren.
Grüne, Linke und Greenpeace kritisieren Deal mit Energiekonzernen
Die Grünen kritisierten die Einigung mit den Konzernen. "Gabriel schafft mit Milliardenkosten eine Kohlereserve, die niemand braucht", erklärte Vizefraktionschef Oliver Krischer. "Es geht einzig und allein darum, RWE, Vattenfall und Mibrag milliardenschwere Stilllegungspläne für altersschwache Kraftwerke zu zahlen."
Die Linken Energieexpertin Eva Bulling-Schröter monierte, aus dem geplanten Klimabeitrag der privaten Stromwirtschaft sei nun "nach starkem Lobbydruck eine öffentliche Kohlesubvention in Milliardenhöhe geworden". Ähnlich positionierte sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Das ist ein milliardenschweres Geschenk an die Kohlekonzerne auf Kosten der Stromkunden", kritisierte Greenpeace-Energieexperte Niklas Schinerl.
Die Wertung der beteiligten Unternehmen fiel anders aus. RWE-Vorstandschef Peter Terium sprach von einem "tiefen Einschnitt, der unserem Unternehmen und unseren Mitarbeitern eine Menge abverlangt". Mit der Stilllegung von fünf Kraftwerksblöcken mit 1,5 Gigawatt Leistung trage sein Konzern den größten Teil der Last. Die Gewerkschaft Bergbau, Chemie und Industrie forderte, den absehbaren Abbau von Arbeitsplätzen ohne Entlassungen umzusetzen. "Wir erwarten, dass das Prinzip der Sozialverträglichkeit nirgends in Frage gestellt wird", erklärte IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis.
Genehmigung der EU-Kommission steht noch aus
Gabriel hatte ursprünglich eine Strafabgabe für alte Braunkohle-Kraftwerke vorgeschlagen, war damit aber auf erheblichen Widerstand bei Betreibern, Gewerkschaften und den betroffenen Landesregierungen gestoßen. Die nun vereinbarte Lösung geht auf einen Beschluss der Koalitionsspitzen vom Juli zurück. Sie soll noch im November ins Bundeskabinett. Gabriels Ministerium zeigte sich überzeugt, dass die Einigung mit den Stromkonzernen auch die erforderliche Genehmigung der Europäischen Kommission bekommt (AFP)