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Neu im Amt: Oliver Bäte hat Michael Diekmann bei der Allianz abgelöst.
© dpa

Allianz: "Mister Effizienz" tritt sein Amt an

Oliver Bäte hat bei der Allianz die Geschäfte übernommen. Von den Mitarbeitern des Versicherungskonzerns wird der neue Vorstandschef bisweilen noch misstrauisch beäugt.

Mit der bayerischen Gemütlichkeit tut sich Oliver Bäte noch schwer. Bei informellen Empfängen wirkt er angespannt, statt lockerem Smalltalk gibt es druckreife Antworten im Stakkato-Stil. Bestenfalls huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Dass nun ausgerechnet er auf der Hauptversammlung am Mittwoch neuer Allianz-Chef wird, gleicht einer Kulturrevolution bei Europas größtem Versicherer. Denn ihm fehlt der "Stallgeruch": Der 50-Jährige hat in Köln und New York Betriebswirtschaft studiert und lange für die Unternehmensberatung McKinsey gearbeitet. 2008 wechselte er zur Allianz, wo er direkt in den Vorstand einzog und systematisch zum Nachfolger von Michael Diekmann aufgebaut wurde.

Die einen beschreiben Bäte als exzellenten Zahlenmenschen, die anderen als unnahbar und kalt. Letzteres ärgert ihn, wie er unlängst in einem gemeinsamen Interview mit Diekmann im "Manager Magazin" preisgab - dem ersten seit seiner Ernennung im Oktober. Denn Bäte hält sich zugute, die Allianz ein Stück weit entstaubt zu haben. "Als ich in der Finanzabteilung anfing, saßen die Mitarbeiter wie in einem Finanzamt auf vier Etagen hinter verschlossenen Türen", erzählt er. "Wir haben Türen mit Glasfenstern eingebaut." Und überhaupt sei er inzwischen einer der dienstältesten Vorstände im Konzern. "Ich behaupte mal, dass ich mehr Mitarbeiter in der Holding kenne als viele andere Kollegen."

In der beschaulichen Münchner Königinstraße wird Bäte nicht nur wegen seiner Sprache misstrauisch beäugt, die vor Anglizismen nur so strotzt. Viele Mitarbeiter sehen ihn auch deshalb kritisch, weil er das Versicherungsgeschäft anders als Diekmann nicht von der Pike auf gelernt hat. In München ist Diekmann manchmal entspannt in der Kantine anzutreffen, bei den meisten Mitarbeitern ist er beliebt. Viele hatten gehofft, er würde noch ein oder zwei Jahre dranhängen. Doch die Allianz leitete den Generationswechsel früher ein als gedacht. Diekmann, inzwischen 60 Jahre alt, will mehr Zeit für die Familie haben - bevor er irgendwann als Aufsichtsratschef zurückkommt.

Einen ausgezeichneten Ruf genießt Bäte bei Investoren und Analysten. Der Zahlenmensch kennt ihre Bedürfnisse und hat dazu beigetragen, dass die Allianz zuverlässig das liefert, was sie verspricht. “Er ist ein guter Kommunikator“, sagt Analyst Cohen vom Finanzinstitut Canaccord Genuity in London. "Ich gehe davon aus, dass er ein sehr fordernder Chef sein wird." Bäte wurde am 1. März 1965 in Bensberg im Süden von Bergisch Gladbach geboren. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann bei der inzwischen zerschlagenen WestLB und dem Wehrdienst heuerte er 1993 bei McKinsey in New York an. Zwei Jahre später wechselte er nach Deutschland, wo er beim US-Konzern am Ende Chef-Berater für Versicherungen und Vermögensverwalter war. Hier beriet er auch die Allianz beim Kauf der Dresdner Bank - eine Übernahme, die sich für die Münchner im Nachhinein als großer Fehler entpuppte.

Die Allianz war angetan von Bäte, der vom Institutional Investor Magazin 2007 als "Mister Effizienz" ausgezeichnet wurde. 2008 trat er als Vorstand für das operative Geschäft an - ein Posten, der eigens für ihn geschaffen wurde. 2009 übernahm er als Finanzchef. Spätestens als Bäte Anfang 2013 die Zuständigkeit für das Versicherungsgeschäft in West- und Südeuropa übernahm, ahnten viele, dass er für Höheres geweiht ist. Im Kerngeschäft habe Bäte viel dazu gelernt, sagt ein Allianz-Manager, der ihm anfangs kritisch gegenüberstand. An der Gemütlichkeit muss Bäte aber noch arbeiten. (Reuters)

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