Justizministerin Katarina Barley: Schluss mit langen Verträgen und Abzocke am Telefon
Vergessen, den Zwei-Jahres-Vertrag zu kündigen? Am Telefon einen teuren Stromvertrag geschlossen? Dann bekommen Sie jetzt Hilfe aus der Politik.
Bundesjustizministerin Katarina Barley scheint mit den Tücken des Verbraucherlebens vertraut zu sein. „Unerlaubte Telefonwerbung, die einem auf die Nerven geht, die Kündigungsfrist vergessen, und gleich verlängert sich der Vertrag um ein Jahr oder mal eine Rechnung aus dem Blick verloren, und schnell kommen oft sehr hohe Inkassokosten auf einen zu“, beschreibt die SPD-Politikerin typische Verbraucherärgernisse.
Barley will all das ändern. Mit neuen Gesetzen sollen Verträge fairer werden, Verbraucher vor einer Überrumpelung am Telefon und vor hohen Inkassokosten geschützt werden. Das sehen Eckpunkte aus dem Ministerium vor, die im Laufe des Jahres zu Gesetzen werden und den Alltag der Menschen leichter machen sollen. Konkret geht es um drei Punkte.
Keine Zwei-Jahres-Verträge mehr
Wer kennt das nicht? Viele Verträge laufen über zwei Jahre. Wer sich über eine so lange Zeit bindet, bekommt beim Telekommunikationsanbieter als Gegenleistung das neue Handy ohne Aufpreis dazu, profitiert von niedrigeren Monatsraten oder Freimonaten im Fitnessstudio oder erhält vom Energieanbieter einen Bonus. Das Problem: Das vermeintliche Schnäppchen wird spätestens dann zum Minusgeschäft, wenn man vergisst, rechtzeitig zu kündigen. Denn dann verlängert sich der Vertrag oft um ein weiteres Jahr, ohne dass man ein neues Handy bekommt, einen Bonus oder andere Vergünstigungen wie attraktivere Tarife, die Firmen ihren neuen Kunden gewähren.
Barley will damit Schluss machen. Über Allgemeine Geschäftsbedingungen sollen künftig nur noch Ein-Jahres-Verträge erlaubt sein. Auch die automatische Laufzeitverlängerung will die Ministerin begrenzen – auf drei Monate. Das würde Strom-, Gas, Handy- und Fitnessstudioverträge genauso betreffen wie etwa Zeitungsabos.
Verbraucherschützer begrüßen den Vorstoß. „Lange Vertragslaufzeiten führen dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher so manchen Vertrag weiterführen, den sie gar nicht mehr haben wollen oder den sie in der Zwischenzeit zu deutlich günstigeren Konditionen abschließen könnten“, sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, dem Tagesspiegel. Das gelte umso mehr, wenn sich der Vertrag automatisch und immer weiter um einen längeren Zeitraum verlängere. „Kürzere Fristen könnten dazu führen, dass Verbraucher häufiger die Gelegenheit zum Wechseln haben“, lobte Müller die Initiative aus dem Ministerium.
Unerlaubte Telefonwerbung
Zweites Ärgernis: Unerlaubte Telefonanrufe, mit denen Verbrauchern Versicherungen, Strom- oder Mobilfunkverträge aufgeschwatzt werden. Mehr als 57.000 Menschen und damit doppelt so viele wie im Vorjahr haben sich 2017 bei der Bundesnetzagentur über solche „Cold Calls“ – also Anrufe ohne vorherige Einwilligung der Kunden – beschwert. 2018 dürften es noch mehr gewesen sein. Bis Ende November zählte die Bundesnetzagentur bereits 58.000 Fälle, im Rekordjahr 2017 waren es in diesem Zeitraum gerade einmal 52.000 Beschwerden gewesen.
Barley will schwarzen Schafen das Handwerk legen. So sollen Unternehmen künftig dokumentieren müssen, dass Verbraucher zuvor rechtsgültig in die Anrufe eingewilligt haben. Und wie es bei Gewinnspielen schon heute der Fall ist, sollen künftig auch telefonisch angebahnte Strom- und Gasverträge nur dann wirksam werden, wenn die Verbraucher sie später schriftlich bestätigen. Verbraucherschützer Müller hätte sich hier eine noch weitergehende Lösung gewünscht. Er fordert eine allgemeine Bestätigungspflicht bei unerlaubten Werbeanrufen. Handlungsbedarf sieht Müller nämlich auch im Telekommunikationsbereich, bei Versicherungen und darüber hinaus.
Inkasso
Während Barley einen Gesetzentwurf für die ersten beiden Punkte bis zum Sommer auf den Weg bringen will, wird ihr drittes Anliegen wohl erst zum Jahresende konkret. Darin geht es um den Schutz der Verbraucher vor überhöhten Inkassogebühren und mehr Transparenz im Verfahren. Verbrauchern soll deutlicher gemacht werden, bis wann sie eine Rechnung bezahlen müssen und was passiert, wenn sie das nicht tun.