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Peter Dussmann auf einem Archivbild aus dem Jahr 2007. Der Unternehmer verstarb 2013 nach langer Krankheit.
© dpa/Johannes Eisele

"Alles, alles" für die Witwe?: Schlammschlacht um das Erbe von Peter Dussmann

Die Zutaten sind bunt: Ein entmündigter Unternehmer, milliardenschwer; eine Tochter und ein Esoteriker; eine Ehefrau, die offenbar im Hintergrund die Fäden zieht. Es geht um die Macht im Dussmann-Konzern.

Manche Dinge gehen eben nicht. Wenn man Catherine von Fürstenberg-Dussmann auf ihre Tochter anspricht, sinkt die Stimmung unter den Nullpunkt. Charme und Nonchalance der Amerikanerin sind sofort verschwunden. Das Thema ist tabu oder das Gespräch beendet. Mutter und Tochter haben sich schon lange nichts mehr zu sagen, die Kommunikation überlassen beide ihren Anwälten.

Es geht dabei, wie fast immer im Leben, um Geld und Macht. Und um die Ehre: Hat Catherine Fürstenberg-Dussmann getrickst und ihrem todkranken Mann ein neues, zu ihren Gunsten ausfallendes Testament untergeschoben, um den Erbteil der Tochter zu halbieren? Demnächst befasst sich das Landgericht Berlin mit dem, was im Mai 2010 am Krankenbett geschehen ist. Damals änderte Peter Dussmann das Testament zugunsten seiner Ehefrau, indem er verfügte, dass sie drei Viertel und die Tochter Angela nur noch ein Viertel erben soll; ein Viertel ist der gesetzliche Pflichtteil. Aber war der schwerkranke, bewegungs- und sprachunfähige Dussmann überhaupt geschäftsfähig und mithin in der Lage, das Testament zu verändern?

Das Vermögen wird auf eine Milliarde Euro geschätzt

Die Antwort auf diese Frage entscheidet über den Streit um ein Vermögen, das inklusive Immobilien, einem Schloss, Kunst und gut gefülltem Weinkeller auf rund eine Milliarde Euro geschätzt wird. Peter Dussmann war ein erfolgreicher Unternehmer. Die von ihm in den 60er Jahren in München als Haushaltsservice gegründete Firma macht heute mit mehr als 60.000 Mitarbeitern fast zwei Milliarden Euro Umsatz. Aus einem Kleinbetrieb ist einer der größten Dienstleistungskonzerne Deutschlands geworden. In Los Angeles begegnet ihm die Schauspielerin Catherine von  Fürstenberg. Sie geht mit ihm, 1980 wird geheiratet. Nach der Wende kommt der findige Unternehmer mit seiner Firma, die vor allem in Osteuropa rasant wächst, nach Berlin. Dussmann baut an der Friedrichstraße die Unternehmenszentrale und das Kulturkaufhaus.

1981, kurz vor der Geburt der Tochter Angela, verfügt Peter Dussmann in einem handschriftlichen, knapp zwei Seiten umfassenden Testament, dass Ehefrau und Tochter ihn jeweils zur Hälfte beerben mögen. Dieses Testament sollte fast 30 Jahre gültig bleiben. Angela, das einzige Kind der beiden, heiratet 2006 Ronald Göthert, der sich, so heißt es auf seiner Internetseite, „aus dem eigenen Erleben intensiv mit den Zusammenhängen und Wirkungsweisen der feinstofflichen Ebenen und deren Bedeutsamkeit für den Menschen“ beschäftigt. Der Vater ist entsetzt, er hält den Schwiegersohn für einen Scharlatan, nennt ihn „Guru“. Der zornige Alte, so hieß es damals in Unternehmenskreisen, gründete eine Stiftung zur Führung des Konzerns , damit Angela und ihr Mann auch nach dem Ableben des Gründers nur ja nicht direkt Einfluss nehmen können auf die Firma.

Nicht geschäftsfähig, aber geistig rege?

Peter Dussmann hatte Ende der 90er Jahre einen Schlaganfall erlitten, und er wusste seit 2006 um eine lebensgefährliche Arterienverkalkung. Ein Arzt gab ihm damals noch zwei bis fünf Jahre. Im Oktober 2008 bekommt er dann auf einem Schiff im Mittelmeer einen weiteren Schlaganfall, in dessen Folge sein Gehirn so geschädigt ist, dass er pflegebedürftig wird und fast nicht mehr sprechen kann. Neben seiner Frau wird ein Rechtsanwalt zum Betreuer bestellt.

Ein Bild aus besseren Tagen: Konzernchef Peter Dussmann mit Ehefrau Catherine (rechts) und der gemeinsamen Tochter Angela 2002 auf dem Sommerfest des Bundespräsidenten. Angela war damals Anfang zwanzig und noch nicht verheiratet.
Ein Bild aus besseren Tagen: Konzernchef Peter Dussmann mit Ehefrau Catherine (rechts) und der gemeinsamen Tochter Angela 2002 auf dem Sommerfest des Bundespräsidenten. Angela war damals Anfang zwanzig und noch nicht verheiratet.
© adolph press REETZ

Die Ehefrau pendelt nun zwischen dem Pflegezimmer ihres Mannes in Südfrankreich und der Unternehmenszentrale in Berlin. Sie versichert Peter, dass er „keine Angst um mich haben muss, denn ich bin eine starke Frau“. Sie wird zur Vorsitzenden des Stiftungsrates der Dussmann-Stiftung, wirft den Vorstandsvorsitzenden Thomas Greiner raus, einen alten Vertrauten ihres Mannes, und ersetzt ihn durch Dirk Brouwers, einen Manager ihrer Wahl.

Im Mai 2010, so wird es in Anwaltskreisen berichtet, bekommt der schwerkranke Peter Dussmann Besuch von einem Notar und einem Arzt. Der Mediziner Peter Sperling, ein Vertrauter von Frau Dussmann, hatte in den Monaten zuvor in zwei Gutachten die Geschäftsunfähigkeit Peter Dussmanns festgestellt. Nun aber kommt er am Krankenbett zu der Einschätzung, Dussmann sei durchaus in der Lage, die Veränderung der Erbquoten im Testament zugunsten der Mutter und zulasten der Tochter anzuordnen.

Tochter will Konzern-Struktur rückgängig machen

Catherine ist bei dem entscheidenden Termin nicht zugegen, sie soll das Treffen von Arzt und Notar bei ihrem Mann nur veranlasst haben. Denn angeblich hat Peter Dussmann, als es einmal ums Erbe ging, auf seine Ehefrau gezeigt und „Alles, alles“, gerufen. Daraufhin habe Catherine ein neues Testament veranlasst, heißt es in Anwaltskreisen, mit nur noch 25 Prozent für die Tochter. Die will aber mindestens 50 Prozent und klagt nun gegen die Mutter.

Angela will auch, dass alle Strukturmaßnahmen, die von ihrer Mutter nach der Pflegebedürftigkeit Dussmanns an der Spitze des Konzerns wirksam geworden sind, rückgängig gemacht werden. Catherine soll entmachtet werden. Schließlich möchte die Tochter ihre Mutter vor Gericht für „erbunwürdig“ erklären lassen, da sie das erste Testament durch ein mutmaßlich unkorrekt zustande gekommenes zweites ersetzt habe. Catherine Dussmann könnte vom Erbe ausgeschlossen werden. „Der Wille des Vaters wird entstellt“, heißt es in der Juristensprache.

Im Unternehmen gibt man sich gelassen. In fünf Wochen wird die Jahresbilanz für 2014 vorgestellt, „wir sind auf einem sehr guten Wege und werden unsere erfolgreiche Arbeit fortsetzen“, sagt ein Dussmann-Sprecher. Auf ihrem Weg zum Landgericht sind Mutter und Tochter kaum noch aufzuhalten, der Prozess wird im Spätsommer erwartet. Es fehlt ein wichtiger Zeuge: Der Arzt, der Peter Dussmann als Betreuungsfall einstufte und ihm später doch die Geschäftsfähigkeit zubilligte, nahm sich vergangenen September das Leben.

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