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Der Unternehmer Peter Dussmann starb wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag.
© dpa

Nachruf Peter Dussmann: Ein Meister des Einfachen

Peter Dussmann, der Gründer des Dienstleistungskonzerns mit 60000 Mitarbeitern, ist kurz vor seinem 75. Geburtstag gestorben. Freiheitsdrang und unternehmerische Freude machten ihn erfolgreich. Ein Nachruf.

Besser kann man ihn kaum beschreiben: „Ich bin Unternehmer geworden, weil ich einfach einen unbändigen Freiheitswillen habe“, hat Peter Dussmann einmal im Gespräch mit dem Tagesspiegel gesagt. Aber natürlich reicht das nicht aus, um aus einer Putzfirma für Junggesellenwohnungen einen Weltkonzern mit 60000 Mitarbeitern zu machen. Seine Ehefrau, Catherine von Fürstenberg-Dussmann, machte die Fähigkeiten des gelernten Einzelhandelskaufmanns an einem Beispiel deutlich: „Er konnte in eine Ruine kommen und hatte sofort eine Vorstellung, wie das fertige Gebäude irgendwann aussehen würde. Ebenso hat er gesehen, wo die Geschäftsfelder machteder Zukunft liegen.“

Das kann man wohl sagen. Peter Dussmann wurde am 5. Oktober 1938 im badischen Rottweil am Neckar geboren. Nach dem Abitur und einer Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann sowie Tätigkeiten im Vertrieb verschiedener Unternehmen gründete er 1963 den „Peter Dussmann Heimpflegedienst“. Die Idee war ihm gekommen, als er eine Anzeige über einen „Heimpflegedienst für Junggesellen in Köln“ sah. Auf „blödsinnige Chefs“, wie er sie als Vertriebsmann in einer Büromittelfirma ertragen musste, hatte er ebenso wenig Lust wie auf die elterliche Buchhandlung in Rottweil. Also ging er mit einem Kapital von 2000 Mark – das Geld brachte ihm der Verkauf seines Opels – in München an den Start, putzte private Wohnungen, konzentrierte sich dann auf gewerbliche Kunden und setzte zunehmend Reinigungsmaschinen ein. „Die Einfachheit ist der Meister“, war einer seiner Grundsätze, mit denen er ans Geschäft ging.

Die neuen Märkte eroberte Dussmann von Berlin aus

1968 gründete er in Österreich eine Tochtergesellschaft und es gab den ersten Reinigungsvertrag mit einer Klinik. 1975 betreute Dussmann 100 Kliniken. Mehr als 60000 Mitarbeiter in 21 Ländern bieten heute alle möglichen Dienstleistungen rund um Gebäude an, Reinigung, Sicherheit, Catering. Die Betreuung von 13600 Senioren in Pflegeheimen macht das zweite Geschäftsfeld aus. Und in Berlin ist Dussmann nicht zuletzt ein Name für eine Institution: das Kulturkaufhaus an der Friedrichstraße. Nach der Wende hatte der Schwabe Berlin als Unternehmenssitz gewählt, an der Friedrichstraße entstand für 200 Millionen Mark die Hauptverwaltung.

Als Dussmann keine Mieter fand für die Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss, fackelte er nicht lange. „Wir machen das jetzt selbst und richten dort Deutschlands größtes Medienkaufhaus ein.“ Er habe keine Lust, in die Unternehmenszentrale zu ziehen, „und unten sind alle Läden leer“. Das Kaufhaus wurde dann berühmt für seine langen Öffnungszeiten – der Freiheitsdrang und die unternehmerische Freude Dussmanns passten schlecht in den deutschen Ladenschluss.

Der kleine, zierliche Mann mit dem weißen Bart fühlte sich wohl in Berlin. Hier habe er „in drei Jahren mehr interessante Menschen kennengelernt als in 30 Jahren in München“. Dussmann kaufte sich das Gästehaus Erich Mielkes am Zeuthener See und ließ das Anwesen restaurieren. Und er machte glänzende Geschäfte von Berlin aus auch deshalb, weil er keine Berührungsängste hatte. Dussmann stellte ehemalige DDR-Funktionäre ein, die ihm und seinen Dienstleistungen viele Türen in Ostdeutschland und Osteuropa öffneten. Es gab reichlich Arbeit im Osten, „weil es hier dank Sozialismus einen enormen Dienstleistungsstau gab“.

Die neuen Märkte eroberte er von Berlin aus. „Viele alte Funktionäre der alten Systeme fielen in Schönefeld aus dem Flugzeug und hatten ihre Ameisenpfade zur Stadtmitte. Die fallen heute noch aus dem Flugzeug raus und kommen hierher nach Zeuthen.“ Zu Dussmann, der schneller als andere die Chancen des Ostens erkannt hatte und dessen Unternehmen nun rasant wuchs. „Wofür wir in Westdeutschland 30 Jahre brauchten, das haben wir hier in drei Jahren geschafft“, sagte er Mitte der 90er Jahre dem Tagesspiegel.

Ein Mäzen der Staatsoper unter den Linden

„Flipcharts und all das Zeugs“ brauchte Dussmann nicht. Er hatte seinen Bauch, Durchsetzungsstärke und das Selbstbewusstsein eines Mannes, der in überschaubarer Zeit einen Konzern gebaut hatte und reich geworden war. Der als Mäzen wirkte, vor allem für die Staatsoper unter den Linden, und der für sein Engagement für Kulturdenkmäler in Ostdeutschland mit dem Deutschen Preis für Denkmalschutz ausgezeichnet wurde.

Nach einem Hirnschlag zog sich Dussmann von 2003 an nach und nach zurück. 2005, nach dem Rücktritt des damaligen Vorstandsvorsitzenden Frank Wössner, musste er noch einmal ran. Er nahm „den Vorstand an die Hand, für ein, zwei Jahre, bis der alleine schwimmen kann“. Vor sechs Jahren dann wechselte er als Vorsitzender in den Aufsichtsrat. Im Oktober 2008 erlitt Dussmann in Rom einen schweren Schlaganfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Seitdem lebte er als Pflegefall in seinem Haus in Südfrankreich.

Mit Ja und Nein, so erzählte es einmal seine Gattin Catherine, antworte er auf ihre Fragen und nehme somit noch immer etwas Einfluss auf das Geschehen in seinem Unternehmen. Ende Mai kam Peter Dussmann noch einmal nach Berlin. In Zeuthen, auf der Feier zum 50. Geburtstag des Unternehmens, überraschte und berührte Catherine von Fürstenberg-Dussmann die Anwesenden, indem sie ihren Mann im Rollstuhl in die Festgesellschaft schob.

Am Donnerstagvormittag, wenige Tage vor seinem 75. Geburtstag, starb Peter Dussmann in einem Krankenhaus in Monaco an den Spätfolgen des Schlaganfalls. Als eine „ herausragende Unternehmerpersönlichkeit mit beeindruckendem Gestaltungswillen“ würdigte Wolfgang Clement den Verstorbenen. Der frühere Bundesminister sitzt im Stiftungsrat der Dussmann-Gruppe und gehört damit zum engsten Beraterkreis von Catherine von Fürstenberg-Dussmann, die in ihrer Funktion als Vorsitzende des Stiftungsrates das Erbe von Peter Dussmann verwaltet. Das ist schwer genug. „Ich kann natürlich nicht in den Fußstapfen meines Mannes laufen; er ist eine Legende.“

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