Insolvente Fluggesellschaft: Sammler reißen sich um Air Berlin-Souvenirs
Schals, Spucktüten und Schokolade: Auf Online-Auktionsplattformen werden die Artikel der Airline hoch gehandelt.
500 Euro für 20 Gramm Schokolade? Wer dahinter eine neue Feinkostmarke vermutet, der irrt. Diese horrenden Preise verlangen nun findige Online-Auktionare für eines der kleinen Schokoladenherzen der insolventen Air Berlin. Die Herzchen in der rot-glänzenden Verpackung, mit denen die Fluggesellschaft ihre Passagiere von Bord verabschiedete, werden auf Online-Plattformen jetzt schon als Sammlerstücke und Raritäten angepriesen.
„Eine schöne Erinnerung an eine Fluggesellschaft mit Herz“, schreibt etwa ein Anbieter in nostalgischem Gedenken auf der Auktionsplattform Ebay. Die Schokolade werde in einem versicherten Paket verschickt, damit die Erinnerungsstücke auch nicht verloren gingen, heißt es. Dabei können die Fans der Herzen die Schokolade auch günstiger bekommen – nämlich bei einem Flug bei Air Berlin. „Die Schokoherzen werden auch weiterhin auf den Flügen ausgegeben“, sagt Kommunikationschef Ralf Kunkel. Wie lange noch, wollte Kunkel allerdings nicht verraten. Zwischen 12 und 14 Millionen der Schoko-Herzen verteilt die Fluggesellschaft jährlich an ihre Fluggäste.
Lindt übernahm für Rausch
Die Produktion der Herzen übernahm vor knapp zwei Jahren der Schweizer Produzent Lindt, nachdem die Schokolade zuvor jahrelang aus der Berliner Confiserie Rausch stammte. Ob und wie hart die Air Berlin-Insolvenz Lindt trifft, wollten die Verantwortlichen nicht beantworten. „Wir bitten um Verständnis, dass Lindt & Sprüngli grundsätzlich die Geschäftsbeziehungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette vertraulich behandelt“, heißt es auf Anfrage. Dass die Herzen überhaupt gehandelt werden, findet Schokoladenexperte und Buchautor Georg Bernardini absurd. „Bei den Herzen handelt es sich um banale und sehr einfache Milchschokolade.“ Er erkenne darin nicht ansatzweise einen Wert. Außerdem könne Schokolade auch keinen Sammlerwert erzielen, da die Haltbarkeit endlich ist. Vor allem Milchschokolade werde sehr schnell ungenießbar.
Die einen wittern das große Geschäft, andere zeigen sich eher verzweifelt: Auch Vielflieger-Meilen finden sich nämlich zuhauf unter den Angeboten im Internet – und das, obwohl Topbonus, das Vielflieger-Programm von Air Berlin, ebenfalls kürzlich Insolvenz angemeldet hat. Zwar können die Sammler weiterhin auf ihr Konto zugreifen, einlösen lassen sich die Meilen vorerst bei Air Berlin aber nicht mehr. Dennoch: 330 000 Meilen wollen die Anbieter für knappe 1800 Euro verramschen. Und die zeigen sich ganz zuversichtlich. Unsere Politiker würden der Fluggesellschaft „auch weiterhin das Brot schmieren, so dass dieses Konto immer einen gewissen Wert behält", verspricht etwa ein Privatanbieter auf Ebay.
Für Sammler interessant
Doch damit nicht genug: Auch Decken mit Air Berlin-Logo, Anstecknadeln der Stewardessen oder ganze Bordtrollies wollen Online-Verkäufer zu Geld machen. Und auch Spucktüten tauchen vereinzelt auf – neu und ungenutzt, versprechen die Anbieter in ihren Inseraten. Doch Schnäppchen sind die Air Berlin-Souvenirs allesamt nicht. Dabei lassen sich einzelne Produkte sogar noch im Air Berlin-Shop kaufen – etwa Flugzeugmodelle, T-Shirts mit Aufdruck oder Kinderspielzeug.
„Spucktüten oder Postkarten werden bestimmt einen kurzfristigen Hype erleben“, sagt Dean Raineri, Veranstalter der größten deutschen Tauschbörse für Luftfahrt-Enthusiasten, dem Aviation Weekend Frankfurt. Der Markt sei dann aber sicher schnell gesättigt. Allerdings: In 20 Jahren könnten diese Teile vielleicht wieder für neue Sammler in der Branche interessant werden, meint Raineri. „Ich würde generell sagen, dass greifbare Give-Aways langfristig zu Sammlerstücken werden könnten.“ Eine Kaufempfehlung will der Sammel-Experte aber nicht aussprechen.