Hohe Renditen für Geringverdiener und Kinderreiche: Rentenversicherung: Riestern lohnt sich
Die Riesterrente hat keinen guten Ruf. Doch nun wirbt sogar die gesetzliche Rentenversicherung für die staatlich geförderte Zusatzvorsorge.
Bislang zählte es nicht zum Aufgabenspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung, für die private Konkurrenz zu werben. Insofern sind die Modellrechnungen ihrer Mathematiker zu den Renditeaussichten von Riesterrente-Produkten ebenso überraschend wie der Beschluss, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Der Befund der gesetzlichen Versicherer nämlich lautet: Für bestimmte Bevölkerungsgruppen lohnt sich das Riestern durchaus.
Unterm Strich bekommen alle Riester-Rentner mit durchschnittlicher Lebenserwartung mehr heraus als sie eingezahlt haben. Und für Frauen, Geringverdiener und Versicherte mit mehreren Kindern lassen sich mit aufgrund der staatlichen Förderung sogar vergleichsweise stattliche Renditen erzielen.
Kritik an den Kritikern
Damit widersprachen die Experten der Rentenversicherung einer erst jüngst veröffentlichten Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die zu einem ganz anderen Ergebnis kam. Diesem zufolge kommt die Riester-Förderung ausgerechnet bei denen nicht an, die sie besonders nötig hätten: die Kleinverdiener. Mit 38 Prozent fließe ein Großteil der Fördersumme an die oberen 20 Prozent der verfügbaren Einkommen, während auf die unteren zwei Zehntel lediglich sieben Prozent entfielen.
Was also stimmt nun? Bei der DIW-Berechnung gebe es methodische Fehler, behaupten die gesetzlichen Versicherer. So werde darin nicht berücksichtigt, dass die Riester-Rente in der Auszahlungsphase voll zu versteuern sei und die besser Verdienenden im Alter über höhere Steuersätze eines großen Teil ihrer Förderung wieder verlustig gingen. Zudem hätten Gutverdiener höhere Beiträge zu zahlen, um die volle Förderung zu erhalten. Vorgeschrieben sind für dieses Optimum Einzahlungen in Höhe von vier Prozent des jeweiligen Bruttoeinkommens.
Auch Steuereffekte mitberücksichtigt
Leicht jedenfalls haben es sich die gesetzlichen Versicherer mit ihrer Analyse nicht gemacht. Sie ermittelten nämlich nicht nur die Bruttorendite der Riesterrenten, sondern berücksichtigten – um die Sache möglichst lebensnah hinzubekommen – auch sämtliche Steuereffekte für die Betroffenen. Enthalten ist in ihrer Renditeberechnung also die Steuerförderung der Ansparphase ebenso wie die nachgelagerte Besteuerung im Alter – mit Blick auf die Gesamtversorgung des jeweiligen Rentners.
Einen Zins von 3,25 Prozent zugrunde gelegt käme ein männlicher Versicherter mit Kind und 35 000 Euro brutto, wenn er als 20-Jähriger mit Einzahlungen in eine Riesterrente beginnt, demzufolge bei voller Zulage auf eine Rendite von 2,8 Prozent. Würde er 17 500 Euro verdienen, läge sie bei 3,3 Prozent, mit 70 000 Euro bei 2,6 Prozent. Frauen haben wegen ihrer längeren Lebenserwartung jeweils 0,3 Prozentpunkte mehr. Und mit der Kinderzahl steigt die Rendite im Regelfall weiter.
Rendite bis zu 13,9 Prozent
Für Geringverdiener und Personen mit vielen Kindern sei es wegen der staatlichen Zulagen kaum möglich, Vorsorgeprodukte mit höherer Rendite zu finden, fasste Studienautor Christian Rieckhoff das Ergebnis zusammen. Allerdings gilt dies nicht für jede Konstellation (die Renditespanne liegt zwischen 0,6 und 13,9 Prozent) und sagt nichts über tatsächliche Rentenhöhen aus.
Hinzu kommt, dass Geringverdiener fürchten müssen, Riestereinkünfte später auf die Grundsicherung angerechnet zu bekommen und insofern überhaupt nichts von ihren Sparanstrengungen zu haben. Jedoch taugt diese Aussicht nicht viel zur Entscheidungsfindung für oder gegen die Riesterrente. Schließlich dürfte ein Berufseinsteiger kaum wissen, ob er zeitlebens auf niedrigem Einkommensniveau verharrt und ob die Grundsicherungsanrechnung bei seinem Renteneintritt immer noch gilt.
Den Vorwurf, mit der positiven Darstellung von Riesterrenten den Privatversicherern zuzuarbeiten, wollte Rieckhoff nicht stehen lassen. Es sei nun mal politisch entschieden, dass das Niveau der gesetzlichen Rente sinke, sagte er. Da gehöre es dann auch zu den Aufgaben der gesetzlichen Versicherer, die Betroffenen zu informieren, wie sie darauf sinnvoll reagieren können.
Rainer Woratschka