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Arbeitgeber lehnten den Entwurf als „Überdosis Bürokratie“ ab. Die reduzierte Arbeit müsste zudem ausgeglichen werden.
© Getty Images/iStockphoto

Teilzeit: Recht auf Rückkehr

Arbeitsministerin Nahles will ein Recht durchsetzen, das vor allem Frauen nützen könnte. Beschäftigte sollen zeitlich befristet in Teilzeit arbeiten können.

Die einen möchten mehr Zeit für ihre Familie haben. Die anderen müssen sie haben. Anderen ist ein gewisser Freiraum wichtig, für ehrenamtliches Engagement oder weniger Hektik im Leben. Die naheliegendste Option für jede dieser Varianten ist Teilzeit. Nur gab es bislang kein Rückkehrrecht zur Vollzeit.

Das wird sich bald wahrscheinlich ändern: Ein Referentenentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will einen Anspruch auf befristete Teilzeit ermöglichen. Arbeitnehmer können sich für eine Teilzeitstelle entscheiden, mit der Garantie, später wieder 40 Stunden in der Woche zu arbeiten. Immerhin gibt es zwar einen gesetzlichen Anspruch darauf, die Arbeitszeit zu verringern, aber keinen, sie später wieder zu erhöhen.

Trend zur Teilzeit hält an

Die Zahl der Teilzeitbeschäftigten ist laut Statistischem Bundesamt in den vergangenen 20 Jahren von 5,3 auf 10,3 Millionen im Jahr 2015 gestiegen. Davon sind 80,8 Prozent Frauen. Es sei ein „wichtiges arbeits- und familienpolitisches Anliegen“, dass Beschäftigte „nicht unfreiwillig in Teilzeit verbleiben müssen“, heißt es in dem Entwurf, den Nahles verschickt hat. Die SPD-Sozialexpertin Katja Mast ergänzte: „Wer immer über Fachkräftemangel klagt, kann nicht weiter zusehen, wie meist Frauen in der Teilzeitfalle landen.“ Was im Arbeitsleben und später in der Rente zu massiven finanziellen Nachteilen führt.

Auf den Anspruch zur befristeten Teilzeitarbeit hatten sich Union und SPD schon in ihrem Koalitionsvertrag verständigt. Seit dieser Woche befindet sich der Entwurf in der Ressortabstimmung innerhalb der Bundesregierung. Die Arbeitsministerin möchte die Idee noch in dieser Wahlperiode durchsetzen. Bislang gab es nur einen Anspruch auf unbegrenzte Teilzeitarbeit. Außerdem konnten Mitarbeiter nach einer Freistellung für Eltern- oder Pflegezeit sicher zu ihrer alten Arbeitszeit zurückkehren.

Arbeitgeber lehnen die Idee ab

Die neue Option – Teilzeitarbeit mit zeitlicher Begrenzung – soll für alle Beschäftigten gelten. Betriebe müssen mindestens 15 Mitarbeiter haben, das Arbeitsverhältnis sollte seit mehr als sechs Monaten bestehen und Beschäftigte müssen ihren Wunsch mindestens drei Monate vorher beantragen. Eine erneute Stundenreduzierung ist nach vollständiger Rückkehr frühestens nach einem Jahr wieder möglich.

Arbeitgeber lehnten den Teilzeit-Entwurf als „Überdosis Bürokratie“ ab. „Die Regulierung erreicht das Gegenteil von flexibler Arbeitsgestaltung“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands BDA, Steffen Kampeter. „Der befristete Teilzeitanspruch stellt Betriebe und alle anderen Arbeitnehmer vor große Belastungen: Wer befristet ausfällt, dessen Arbeit muss trotzdem gemacht werden.“

Unterstützung bekam Nahles von den Gewerkschaften. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann sagte: „Das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit ist längst überfällig.“ Die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie werde immer drängender. Beschäftigte dürften aber nicht ungewollt in Teilzeit verharren. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach meinte, Beschäftigte sollten mehr miteintscheiden können, wie sie arbeiten. Deswegen sei der Entwurf sinnvoll. Zur Kritik der Arbeitgeberseite sagte sie: „Wer Pinkelpausen kontrollieren kann, kann auch unbürokratisch flexible Arbeitszeiten ermöglichen.“

Experimente mit Acht-Stunden-Tag

Der Referentenentwurf sieht außerdem vor, dass Arbeitnehmer in unbegrenzter Teilzeit leichter mehr arbeiten können. Zwar sollen jene Beschäftigte schon heute bei der Besetzung freier Arbeitsplätze bevorzugt behandelt werden. Sie müssen aber von sich aus nachweisen, dass ein passender Arbeitsplatz zur Verfügung steht und sie dafür geeignet sind. Der Entwurf sieht nun „eine Beweislast-Verlagerung auf den Arbeitgeber“ vor. Von nun an muss er das Fehlen einer passenden Stelle oder eine unzureichende Eignung begründet darlegen.

Nahles hatte das Rückkehrrecht zuletzt im November angekündigt, als sie das „Weißbuch Arbeiten 4.0“ vorgelegt hatte. Darin heißt es auch, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer probeweise Varianten zum normalen Acht-Stunden-Tag vereinbaren können – beispielsweise mit Pausen zur Kinderbetreuung oder Homeoffice. Über eine gesetzliche Klausel, die eine solche Experimentierphase ermöglicht, wird in der Regierung gerade verhandelt.

Ein weiterer Schwerpunkt im „Weißbuch“ ist eine bessere Weiterbildung. Sie muss nach Ansicht von Verdi- Chef Frank Bsirske im Zeitalter der Digitalisierung „ganz nach oben auf die Agenda“. Wie in Frankreich und anderen Ländern brauche Deutschland Weiterbildungsfonds. „In Frankreich müssen die Betriebe 1,6 Prozent der Bruttolohnsumme für Weiterbildungsmaßnahmen aufwenden“, sagte er am Mittwoch. Nahles sprach im November ebenfalls von einem „Recht auf Weiterbildung“. Um in einer Welt zu bestehen, in der sich Wissen immer schneller überholt. mit dpa

Marie Rövekamp

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