Niedrigere Löhne im Paketgeschäft: Post will bis zu 20.000 neue Stellen schaffen
Die Post schafft neue Jobs im boomenden Paketgeschäft. Neue Mitarbeiter sollen aber nicht nach dem Haustarifvertrag bezahlt werden. Die Gewerkschaft reagiert mit scharfer Kritik.
Die Deutsche Post will neuen Mitarbeitern in ihrem boomenden Paketgeschäft künftig niedrigere Löhne zahlen als der Stammbelegschaft. Im Gegenzug will der Bonner Konzern Tausende Arbeitsplätze schaffen. “Wir rechnen im Paketgeschäft mit 10.000 neuen Stellen bis 2020 und wahrscheinlich 20.000 in Summe bis 2025“, sagte der für das Brief- und Paketgeschäft zuständige Vorstand Jürgen Gerdes am Donnerstag. Gerdes will aber auf die Kostenbremse treten: Neue Mitarbeiter sollen in neu gegründeten Gesellschaften arbeiten, der Hausvertrag der Post gilt für sie damit nicht. Vielmehr sollen sich die Löhne der neuen Zusteller an den Tarifen der Logistikbranche orientieren. Diese liegen vielfach unter denen des Bonner Konzerns.
Verdi spricht von einem "sozialpolitischen Skandal"
Die Gewerkschaft Verdi reagierte mit scharfer Kritik. Das Vorgehen der Post sei ein “sozialpolitischer Skandal ersten Ranges“, erklärte die Gewerkschaft am Donnerstag. Es handele sich um einen “klaren Fall von Tarif- und Mitbestimmungsflucht und eine Aushöhlung bestehender Verträge“, warf die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis dem Konzern vor. Dieser verdiene gut, die Beschäftigten zahlten indes die Zeche
Post-Vorstandsmitglied Gerdes hatte immer wieder beklagt, die Personalkosten seien im Durchschnitt doppelt so hoch wie die der Wettbewerber: “Die Paketzustellung ist auf Dauer nicht innerhalb der existierenden Tarifverträge machbar, der Wettbewerbsnachteil ist nicht tragbar“, sagte er. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte die Pläne als “groß angelegte Tarifflucht“.
Post und Gewerkschaft streiten über das Tarifgefüge im Konzern
Gerdes und Verdi liegen im Clinch, der Post-Vorstand forderte für Neueinstellungen immer wieder eine “marktgerechte Bezahlung“. “Unser altes Tarifsystem in der AG kommt aus den 70er Jahren, aus den Zeiten der Bundespost“, beklagte Gerdes: “Heute sind wir ein modernes Dienstleistungsunternehmen und brauchen somit auch ein modernes Tarifgefüge.“ Ziel ist dabei, die Lohnkosten näher an die von Wettbewerbern wie UPS oder TNT zu bringen. Die Tarifentgelte in der Logistik beginnen bei Stundenlöhnen von knapp über zehn Euro, in einigen Bezirken - etwa in Süddeutschland - liegen sie deutlich höher. An dem Logistik-Tarif orientiert sich auch der Versandhändler Amazon - Verdi macht dagegen vehement Front.
Für bereits unbefristet Beschäftigte gilt der alte Haustarifvertrag
Die Post habe bundesweit bereits 49 neue Gesellschaften gegründet, die die neuen Mitarbeiter einstellen sollen. Unter anderem in Rostock, Bremen und Frankfurt/Main sollen sie bald Bezirke für die Paketzustellung übernehmen. Der Bonner Konzern werde durch den Schritt auch bei den Arbeitszeiten flexibler, Überstunden würden leichter möglich. Die Post beschäftigt derzeit in Gerdes' Sparte in Deutschland rund 180.000 Mitarbeiter, die Personalaufwendungen machen einen großen Kostenblock aus. “Diejenigen Menschen, die bereits bei uns unbefristet beschäftigt sind, sind nicht Zielgruppe der neuen Gesellschaften“, stellte Gerdes klar: “Für sie gilt der Haustarifvertrag weiter.“ Die Gewinnprognosen der Brief- und Paketsparte änderten sich durch die Pläne nicht. Der operative Gewinn der Sparte soll danach 2016 bei über 1,3 Milliarden Euro liegen. Für 2014 peilt die Post rund 1,3 Milliarden Euro an. “Wir machen aus Umsatzwachstum zu geringes Gewinnwachstum“, sagte Gerdes mit Blick auf die alten Strukturen weiter: “Wir schaffen nun ein Tarifsystem, das gut für unsere Eigner, aber auch für unsere Mitarbeiter ist.“ Die Anleger konnte Gerdes aber noch nicht überzeugen: Post-Aktien notierten in einem schwachen Gesamtmarkt im Minus. rtr