Air Berlins DiCaprio-Problem: Pilotenuniformen können vorerst nicht versteigert werden
Air Berlins Insolvenzverwalter will 209 Paletten mit Uniformen versteigern, fürchtet aber, dass Hochstapler und Kriminelle mitbieten. Das erinnert an einen prominent besetzten Film.
Die erste Welle der Versteigerung des Air-Berlin-Nachlasses geht am Freitag zu Ende. Bereits am Donnerstag wurden mehr als 700 von insgesamt 1500 ersten Teil-Auktionen beendet. Noch sei es zu früh für eine finanzielle Zwischenbilanz, sagte Toke Bransky vom Hamburger Auktionshaus Dechow, das im Auftrag des Insolvenzverwalters die Gegenstände versteigert. „Aber wir können wohl sagen, dass es unsere Erwartungen weit übertroffen hat“.
So hätten einzelne Personen bis zu 150 Euro für rote Kaffeebecher verbindlich geboten, die vor zwei Wochen zum Startgebot von einem Euro eingestellt worden waren. Servierwagen zum Mindestgebot von 150 Euro erlösten jetzt in der Spitze 1888 Euro. Regenschirme in Herz-Form zum Beispiel gingen für 125 Euro weg. Und ein oder eine Unbekannte erhielt beim Gebot in Höhe von 9200 Euro den Zuschlag für einen vom Künstler Frank-Norbert Beyer gestalteten „Buddy Bären“: 2,10 Meter hohe airbärlinische Wohnzimmerdeko.
Alle genannten Summen gehen in voller Höhe in die Insolvenzmasse ein. Verwalter Lucas Flöther wird das Geld irgendwann an die Gläubiger verteilen – allen voran an die Staatsbank KfW, die Air Berlin unmittelbar vor dem Insolvenzantrag im August 2017 noch einen Kredit in Höhe von 150 Millionen Euro gewährt hatte. Er muss vorrangig mit Zinsen bedient werden. Die Erlöse aus der Auktion dürften aber nicht entscheidend sein, dass das auch gelingt.
Auf Bieter kommen hohe Nebenkosten zu
Allen Air-Berlin-Freunden als Bietern stellt das Auktionshaus zusätzlich noch 19 Prozent Mehrwertsteuer plus 15 Prozent Bearbeitungsgebühr in Rechnung – ebenfalls plus Mehrwertsteuer. Zudem müssen die meisten ersteigerten Waren abgeholt werden. Viele davon stehen in Dechows Zentrallager in Essen.
Ab Freitag will das Auktionshaus die zweite Welle starten. Diesmal kommen unter anderem Retro-Umhängetaschen unter den Hammer, auch alte Werbeplakate. Ein besonderes Angebot muss das Auktionshaus den Bietern noch vorenthalten: die Dienstbekleidung der Piloten und Flugbegleiter von Air Berlin: Sakkos, Blusen, Wintermäntel, Krawatten, Hüte und vieles mehr. 209 Euro-Paletten mit geschätzt 20.000 bis 30.000 Kleidungsstücken habe der Insolvenzverwalter in einer Lagerhalle in Süddeutschland sicherstellen können. Einige Teile wolle man im Paket, aber auch ganze Garnituren – also komplett zusammengestellte Uniformen – wolle man verkaufen, erklärte Dechows Marketingleiter Bransky.
Uniformen haben Hoheitsabzeichen: Ein Sicherheitsrisiko?
Das Problem: Es müsse noch geklärt werden, ob das Auktionshaus das überhaupt darf. „Die Uniformen sind teilweise mit Hoheitsabzeichen versehen, Streifen an den Ärmeln zum Beispiel“. Derzeit sei man mit dem Luftfahrt-Bundesamt in Braunschweig im Gespräch, ob und unter welchen Bedingungen die Kleidungsstücke versteigert werden dürfen – oder ob diese Abzeichen vorher entfernt werden müssten.
Man denke an Figuren wie den Schuhmacher Friedrich Wilhelm Voigt, der eine kaiserliche Hauptmann-Uniform ergatterte und im Jahr 1906 einen Trupp Soldaten abkommandierte, um sich die Rathauskasse von Köpenick aushändigen zu lassen. Oder an die Geschichte des Hochstaplers Frank Abagnale, verkörpert von Leonardo DiCaprio in dem 2002 erschienen Film „Catch Me If You Can“. Dort schlüpft der Schauspieler in die Uniform eines PanAm-Piloten und führt ein Jetset-Leben. Sollten Uniformen Kriminellen oder gar Terroristen helfen, Sicherheitskontrollen zu überwinden, hätte nicht nur der Insolvenzverwalter ein echtes Problem. Tatsächlich ist es Unbefugten schon gelungen, so bis ins Cockpit vorzudringen - etwa 2013 bei Air France in den USA. Also prüfen die Beteiligten gründlich, die Zeit drängt auch nicht so sehr. Bei Dechow gibt man sich noch einige Wochen, um die Waren zu versteigern. Am Ende kommen auch noch Flugzeugteile unter den Hammer.
Für weltweites Interesse könnten auch noch zwei Original-Teile der Berliner Mauer sorgen, die im Nachlass aufgetaucht sind. Diese sind jeweils rund 2,50-Meter breit. Auch sie wurden von Künstlern bemalt. Hier müssen zunächst die Rechte geklärt werden. Ähnlich wie bei dem „Buddy Bären“ müsste sich ein Bieter wohl verpflichten, die Kunst darauf dauerhaft zu erhalten. Wann sie zur Auktion freigegeben werden und zu welchem Startgebot, konnte man am Donnerstag noch nicht sagen.
Kevin P. Hoffmann