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AMS und die Osram-Aktionäre fanden nicht zusammen – jedenfalls nicht genügend.
© Matthias Balk/dpa

Abfuhr von Aktionären: Osram-Übernahme gescheitert – doch AMS gibt nicht auf

Die Anteilseigner spielten nicht mit: Der österreichische Chip-Hersteller bekam nicht genug Aktien für eine Übernahme. Osram setzt jetzt auf Eigenständigkeit.

Der österreichische Chip-Hersteller AMS hat von den Osram-Aktionären eine Abfuhr bekommen, gibt aber die Hoffnung auf eine Übernehme des Münchner Lichtkonzerns nicht auf. Das Unternehmen aus Premstätten bei Graz sammelte nur 51,6 Prozent der Aktien ein - 62,5 Prozent wären nötig gewesen, um sich den dreimal so großen Traditionskonzern aus dem Nachbarland einverleiben zu können.

Doch ohne die Österreicher, die sich im Zuge des gescheiterten Versuchs mit 20 Prozent eingekauft haben, geht bei Osram künftig wenig. Osram-Vorstandschef Olaf Berlien zeigte sich am Freitag gesprächsbereit, setzt aber darauf, dass das angeschlagene Unternehmen zunächst eigenständig weitermacht.

AMS-Chef Alexander Everke will mit Berlien sprechen, um die Übernahme auf anderen Wegen doch zu verwirklichen: "Im Dialog mit Osram wollen wir auf unserer Stellung als größter Aktionär aufbauen, um weiter den vollen Erwerb von Osram zu verfolgen und so eine solide Zukunft für das Unternehmen zu sichern." Denn an der Sinnhaftigkeit der Übernahme habe sich nichts geändert.

Das 1918 in Berlin gegründete Unternehmen beschäftigt 26.000 Mitarbeiter, davon 700 in Berlin-Spandau mit der Produktion von Sensorik für die Autoindustrie sowie Software für autonomes Fahren. Osram steht zum Verkauf, weil der Konzern in schwieriges Fahrwasser geraten ist. In diesem Jahr könnte der Umsatz um gut zehn Prozent zurückgehen. Das Unternehmen produziert hauptsächlich LEDs und Optoelektronik für Auto- und Smartphone-Hersteller. Das Glühlampengeschäft wurde vor einigen Jahren nach China verkauft und firmiert jetzt unter dem Namen Ledvance. Der Name Osram darf gegen eine Lizenzgebühr noch bis 2026 genutzt werden.

Nach Bekanntwerden der gescheiterten Übernahme durch AMS sackte die Osram-Aktie im Späthandel vorübergehend um sieben Prozent auf 37 Euro ab, erholte sich aber wieder. Der österreichische Konzern hatte 41 Euro je Aktie geboten, insgesamt 4,5 Milliarden Euro. Um das Angebot abzusichern, hatten die Österreicher in den vergangenen Wochen für mehr als 770 Millionen Euro Osram-Papiere von Hedgefonds und anderen Anlegern zusammengekauft, die sie trotz des Scheiterns behalten dürfen. AMS ist damit der größte Osram-Aktionär.

Osram-Chef: „Wir gestalten unsere Zukunft jetzt selbst“

Berlien hätte aus strategischen Erwägungen die - ebenfalls gescheiterte - Offerte der Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle bevorzugt, die mit 35 Euro je Aktie aber am Ende klar unterlegen war. Er wollte Osram von der Börse nehmen und in Ruhe zu einem "Hightech-Photonik-Unternehmen" umbauen. "Nach dem Scheitern der bisherigen Übernahmeversuche behalten wir jetzt unsere Eigenständigkeit und gestalten unsere Zukunft selbst", sagte Berlien. Am 12. November will er seine Pläne vorstellen: "eine Verschlankung des Produktportfolios, ein zügiger Ausbau zukunftsfähiger Produkte und die Optimierung sämtlicher Bereiche sowie Verbesserung der Profitabilität".

Er wolle aber mit der Führung des neuen Großaktionärs AMS darüber sprechen, "wie eine sinnvolle und für beide Unternehmen vorteilhafte Kooperation im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben aussehen könnte", sagte Berlien. AMS-Chef Everkes Ziel bleibt aber eine Übernahme. Dazu hätte er zunächst zwei Möglichkeiten: Entweder Osram erlaubt ihm einen neuen Anlauf vor Ablauf der aus dem Scheitern folgenden Sperrfrist von zwölf Monaten, oder AMS stockt seine Beteiligung bis auf 30 Prozent auf - damit würde ein Pflichtangebot für Osram fällig. Eine Aufstockung sei aber zunächst nicht geplant, erklärte AMS. Dafür bräuchte man erst grünes Licht vom Kartellamt.

IG Metall fordert Investitionen

Das Tauziehen um die Zukunft von Osram, die den Konzern seit dem Frühjahr lähmt, dürfte damit weitergehen. Bain und Carlyle hatten bereits monatelang die Bücher geprüft, ehe ihnen AMS im Juli in die Parade fuhr. "Jetzt muss die Entwicklung von Osram im Mittelpunkt stehen", forderte Osram-Aufsichtsrätin Irene Schulz, die auch im Vorstand der Gewerkschaft IG Metall sitzt. "Nur mit Investitionen und Sicherheit für die Beschäftigten wird Osram in der Transformation erfolgreich bestehen."

Ein neues Übernahmeangebot von Bain mit dem neuen Partner Advent ist mit dem Großaktionär AMS jedenfalls in weite Ferne gerückt. Eine Mehrheit von 75 Prozent, wie sie sie in der Regel anstreben, um ein Unternehmen kontrollieren zu können, ist kaum zu erreichen, wenn sich ein Aktionär mit 20 Prozent dagegen sperrt. Bain und Advent hatten versucht, AMS in letzter Minute noch auszustechen, doch die Österreicher hatten sie mit einer erhöhten Offerte zunächst ausgebremst. Diese kam aber zu spät, um vor allem die Kleinanleger noch zu erreichen, die gut ein Viertel an Osram halten. Die Annahmefrist war am Dienstag abgelaufen, das Ergebnis stand aber erst am Freitagabend fest. (Tsp, Reuters)

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