Sanierung: Opel kündigt sämtlichen Händlern in Europa
Der in der Sanierung steckende Autobauer Opel hat sämtlichen europäischen Händlern die Verträge gekündigt. In Deutschland sind 385 Betriebe betroffen.
Der in der Sanierung steckende Autobauer Opel hat sämtlichen europäischen Händlern die Verträge gekündigt. Ziel seien neue Vereinbarungen, mit denen Leistung und Profitabilität des Handels gesteigert werden könnten, sagte am Dienstag ein Unternehmenssprecher in Rüsselsheim. In Europa werden demnach rund 1600 Verträge gekündigt, auf Deutschland entfallen davon 385.
Nur zwölf dieser Betriebe solle kein neues Angebot gemacht werden, kündigte Deutschlandchef Jürgen Keller in einem Interview mit dem Fachblatt „Autohaus“ an. Von einer Ausdünnung des Vertriebsnetzes könne deshalb keine Rede sein. Die neuen Verträge sollen jetzt verhandelt werden und Keller zufolge Anfang 2020 in Kraft treten.
Experte: Tarifstreit möglicher Vorwand für Werkschließungen
Die stockende Sanierung des Autobauers Opel gefährdet nach Auffassung eines Experten den Bestand zweier Werke in Deutschland. Dass die IG Metall mit politischer Unterstützung auf die Einhaltung bestehender Tarifverträge poche, könnte dem neuen Mutterkonzern PSA als Vorwand für bislang ausgeschlossene Werkschließungen dienen, sagte der Direktor des CAR-Centers an der Universität Duisburg-Essen, Ferdinand Dudenhöffer, der Deutschen Presse-Agentur.
„Am Ende könnte die Schließung der beiden Opel-Werke in Kaiserslautern und Eisenach stehen“, sagte Dudenhöffer. Nur der Stammsitz Rüsselsheim sei wegen der dort sitzenden Entwicklung und der sehr modernen Produktion für PSA unverzichtbar.
Die Peugeot-Mutter PSA hatte am Montag eine Investitionsentscheidung für Eisenach verschoben, nachdem Verhandlungen mit IG Metall und Betriebsrat nicht zur gewünschten Kostensenkung geführt hatten. Die Arbeitnehmer bestehen auf der Erfüllung älterer Tarifverträge, die noch mit dem Opel-Vorbesitzer General Motors abgeschlossen und von PSA übernommen worden waren.
Darin sind nach Lesart des thüringischen Wirtschaftsministers Wolfgang Tiefensee (SPD) beispielsweise zwei Modelle für das Werk Eisenach vorgesehen. PSA will dort aber nur einen Geländewagen bauen und nennt dazu keine Zahlen für einen möglichen Arbeitsplatzabbau. Nach den vorerst erfolglosen Gesprächen muss Opel zum April auch die Tariferhöhung im Metall-Flächentarif von 4,3 Prozent zahlen.
Dudenhöffer sieht Opel aktuell in sehr schlechter Verfassung: Die Verkäufe sind in Deutschland trotz neuer SUV-Modelle in den ersten drei Monaten abgesackt, auch für Europa seien an diesem Mittwoch keine besseren Zahlen zu erwarten. In diesem und dem folgenden Jahr seien außer dem Nutzfahrzeug Combo keine neuen Fahrzeuge mehr geplant: „Opel steckt in einem Produktloch.“ Auch die Kündigung sämtlicher Händlerverträge sei überhaupt nicht hilfreich bei dem Vorhaben, mehr Autos zu verkaufen.
Die hohen Lohnkosten machten die deutschen Werke im PSA-Verbund sehr teuer, zumal die Produktivität nicht dem Branchenstandard entspreche, sagte Dudenhöffer. Die IG Metall sei aus seiner Sicht in ihrer Strategie gefangen, da sie selbstverständlich nicht dulden könne, dass gültige Tarifverträge vom Unternehmen nicht eingehalten werden. „Die festgefahrene Situation könnte PSA-Chef Carlos Tavares als Begründung dienen, doch noch die Werke Eisenach und Kaiserslautern zu schließen“, sagte der Auto-Professor. Derzeit versucht Opel, mit Kurzarbeit und hohen Abfindungen das vorhandene Arbeitsvolumen zu senken. Die Höhe möglicher Abfindungen von bis zu 275 000 Euro ohne Zuschläge zeige deutlich den Ernst der Lage, meinte Dudenhöffer. (dpa)
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