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Hahn zu. Auch bei den Feuerwehren sieht die Personallage zunehmend mager aus, dort fehlen rund 5000 Mitarbeiter. Insgesamt gibt es im öffentlichen Dienst eine Lücke von rund 142.000 Stellen.
© picture alliance / dpa

Beamtenbund schlägt Alarm: Öffentlicher Dienst fürchtet Personallücke von 700.000

Fachkräfte sind Mangelware: Der öffentliche Dienst steht vor einem enormen Nachwuchsproblem - und will deshalb verstärkt in Migrantenfamilien werben.

Leere Amtsstuben und Polizeistreifen auf Sparflamme – so könnte es bald im öffentlichen Dienst aussehen, warnt der Beamtenbund dbb. Der Mangel an Fachkräften entwickle sich zunehmend dramatisch, sagte der dbb-Vorsitzende Klaus Dauderstädt am Dienstag dem Tagesspiegel. „In vielen Bereichen sind die Mitarbeiter bereits überlastet, das führt wiederum zu mehr Ausfällen wegen Krankheit.“ Momentan gebe es eine Personallücke von rund 142.000 Beschäftigten, die in den kommenden 15 Jahren auf etwa 700.000 wachsen könnte.

Am härtesten trifft es nach dbb-Angaben bislang den Erziehungsbereich: Mehr als ein Jahr nach der Einführung des Rechtsanspruches auf Kita-Plätze für Kleinkinder fehlten noch immer 120.000 Erzieher. In den Jobcentern schätzt der Dachverband den derzeitigen Mangel auf 6000 Mitarbeiter, bei den Feuerwehren belaufe sich das Defizit auf etwa 5000 Stellen. In den Gesundheitsämtern gebe es vor allem zu wenig Fachärzte, kritisierte Dauderstädt. „Sollte sich eine Erkrankung wie Ebola hierzulande ausbreiten, können die Stellen darauf nicht angemessen reagieren.“

Dauderstädt: Die Bezahlung stimmt nicht mehr

Die Gründe für die Defizite im Personalbereich sind aus seiner Sicht vielfältig: Der öffentliche Dienst bekomme die Folgen des demografischen Wandels besonders hart zu spüren. Jeder Fünfte der insgesamt 4,6 Millionen Beschäftigten werde in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Nachwuchskräfte seien schwer zu finden, selbst unter den eigenen Auszubildenden. „Wir qualifizieren, aber wir halten die Leute nicht“, sagte Klaus Dauderstädt.

So würden etwa 60 bis 80 Prozent der Absolventen der ländereigenen Fachhochschulen für Finanzen im Anschluss an ihr Studium etwa bei einem Steuerberater arbeiten statt für den Staat. „Die Bezahlung stimmt bei uns nicht mehr, und den Einsteigern wird keine langfristige Sicherheit geboten“, erklärte Dauderstädt.

Besonders eng werde es, wenn Extra- Aufgaben anfielen. So müsse die Zollverwaltung die Kontrolle der Mindestlohnzahlung vom kommenden Jahr an zusätzlich auf sich nehmen, ohne dafür mehr Personal zu bekommen.

Integrationsbeauftragte: Bund hat Nachholbedarf

Knappe Kassen seien indes keine Entschuldigung für die Personalsituation, betonte dbb-Chef Dauderstädt. Gerade in den Finanzämtern würden sich zusätzliche Stellen durch bessere Kontrollen der Umsatz- und Körperschaftsteuern schnell rentieren. Bei einer dbb-Veranstaltung, die am Dienstag in Berlin stattfand, diskutierten Vertreter des Bundes, des öffentlichen Dienstes und der Bundesarbeitsagentur die Auswirkungen des Fachkräftemangels und mögliche Lösungen.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özuguz, schlägt etwa vor, potenzielle Fachkräfte mit Migrationshintergrund stärker zu berücksichtigen. Für diese Bewerber müssten sich die Verwaltungen stärker öffnen. „Der Bund hat hier noch einigen Nachholbedarf“, sagte sie dem Tagesspiegel. Damit man mit einem Nachnamen wie zum Beispiel „Yilmaz“ faire Chancen habe, müssten Führungskräfte entsprechend sensibilisiert werden. Auch das anonymisierte Bewerbungsverfahren sei dabei sinnvoll, glaubt Özuguz. In einigen Bereichen der Berliner Landesverwaltung läuft dazu bereits ein Pilotprojekt. Schnelle Lösungen für den Fachkräftemangel sind dadurch aber kaum zu erwarten. Özuguz betonte, es handle sich um einen „langfristigen Prozess“.

Beamtenbund: Wir sind kein Restebecken

Während die Berliner Schulen den Lehrermangel seit dem Sommer mit Quereinsteigern ausgleichen wollen, ist dieses Verfahren im übrigen öffentlichen Dienst noch selten. Zwar seien ältere Bewerber von außen grundsätzlich willkommen, wichtig sei es aber vor allem, junge Leute von der Schulbank in die Ausbildung oder ins Studium zu bekommen, sagte dbb-Sprecherin Britta Ibald. „Wir wollen kein Restebecken sein.“

Seit Dezember läuft eine dbb-Kampagne, die die Berufe des öffentlichen Dienstes unter Schülern bekannter machen soll. Dass die Jobs gerade für Schulabgänger mit guten Noten weniger interessant geworden sind, liegt nach Meinung von Klaus Dauderstädt auch an den starren Verwaltungsstrukturen. Vorschläge von jüngeren Kollegen würden oft übergangen, Veränderungen im Prozedere möglichst vermieden, sagte der dbb-Vorsitzende. „Da gibt es viel zu wenig Möglichkeiten für Mitgestaltung und Selbstverwirklichung.“ Doch gerade dies sei jungen Jobanfängern wichtig.

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