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Schweres Erbe. Die beiden Co-Chefs der Deutschen Bank müssen noch mehr Geld für Rechtsstreitigkeiten zurücklegen.
© REUTERS

Deutsche Bank: Offene Rechtsstreitigkeiten bereiten Sorgen

Die Deutsche Bank muss noch mehr Geld für Rechtsstreitigkeiten zurücklegen. Sparen will das Institut aber nicht.

Anshu Jain und Jürgen Fitschen sprechen zwar von „einem starken operativen Quartalsergebnis“ bei der Deutschen Bank. Wie dunkle Wolken hängen aber weiter unzählige offene Rechtsstreitigkeiten über dem Institut. Deshalb haben Jain und Fitschen zwischen März und Juni weitere 470 Millionen Euro in die Vorsorge für Prozesse und Vergleiche gepackt, wie die beiden Ko-Chefs am Dienstag bei der Vorlage der Quartals- und Halbjahreszahlen in Frankfurt am Main sagten.

Insgesamt hat die Bank aktuell 2,2 Milliarden Euro zurückgelegt. Für weitere von ihr selbst bezifferte Risiken in Höhe von 3,2 Milliarden Euro hat sie noch nicht vorgesorgt. Trotzdem sehen Jain und Fitschen entgegen den in den vergangenen Tagen aufgekommenen Spekulationen keinen Anlass für eine Verschärfung des Sparkurses. Bis Ende 2015 wollen sie 4,5 Milliarden Euro durch Kostensenkung und mehr Effizienz erlösen. „2,6 Milliarden Euro haben wir bereits erreicht“, sagte Jain. Den Vorsteuergewinn steigerte das Institut im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um 16 Prozent auf 917 Millionen Euro. Nach Steuern ergab sich allerdings ein Minus von 29 Prozent auf nur noch 237 Millionen Euro. Grund dafür war nach Angaben von Finanzchef Stefan Krause unter anderem, dass die Zahlungen für Strafen und Vergleiche nicht beim Finanzamt geltend gemacht werden können.

Die Deutsche Bank verdient mehr im Investmentbanking

Auch der Gewinn im ersten Halbjahr fiel deutlich niedriger aus als in den ersten sechs Monaten 2013: Vor Steuern waren es 2,6 Milliarden und damit zehn Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Nach Steuern ging es um 700 Millionen und damit sogar um 33 Prozent auf 1,32 Milliarden Euro nach unten. Trotzdem sieht Jain die Bank in einer guten Lage – zumal man den Gewinn im Investmentbanking deutlich habe steigern können und in einigen Bereichen sogar die bislang höchsten Marktanteile erreicht habe. Zudem verwies er darauf, dass die Bank in der Vermögensverwaltung allein im zweiten Quartal rund elf Milliarden Euro an frischen Geldern eingesammelt habe, so viel wie nie zuvor in einem Quartal. Allerdings musste Jain auch einräumen, dass es im klassischen Privatkundengeschäft weniger gut lief: Der Vorsteuergewinn sank im zweiten Vierteljahr deutlich um 21 Prozent auf 403 Millionen Euro.

Jain und Fitschen gehen weiter von „erheblichen Prozessrisiken“ aus. Zusammen mit Auflagen der Bankenaufseher bleibe das Umfeld „auch künftig sehr herausfordernd“. Im Zwischenbericht beziffern sie die Summe möglicher Verluste auf bis zu 3,2 Milliarden Euro. Ende März war noch von 1,8 Milliarden Euro die Rede. Auf sechs eng bedruckten Seiten listet die Bank Kartell-, Straf- und Zivilverfahren auf. Neu ist, dass das Institut jetzt auch mit Blick auf den Hochfrequenzhandel in den USA am Pranger steht.

Die Liste der Rechtsstreitigkeiten ist lang

Ermittlungen und Verfahren beziehen sich auf Kreditausfall-Swaps, die Bewertung von Krediten, mögliche Verstöße im Devisenhandel, mögliche Manipulationen bei den Interbankenzinsen Libor und Euribor in den USA und in Großbritannien, die Verbriefung von Hypothekenkrediten in den USA, auf den Handel mit Edelmetallen und mögliche Verstöße gegen das US-Embargo für Geschäfte mit Ländern wie dem Irak, Sudan, Nordkorea oder Kuba. Daneben ermittelt die Staatsanwaltschaft in München im Zusammenhang mit dem mittlerweile beigelegten Streit mit der Kirch-Gruppe wegen möglicher Falschaussagen von Fitschen und Vorstandskollege Stephan Leithner. Die Bank sieht selbstverständlich keine Grundlage für die Vorwürfe.

Fitschen und Jain hatten auf der Hauptversammlung im Mai eingeräumt, dass die Bank in rund 6000 Rechtsstreitigkeiten angeklagt ist. 1000 hätten einen Streitwert von mehr als 100 000 Euro. Daneben liefen 180 Verfahren mit Aufsichtsbehörden. Aktionäre hatten das Institut deshalb als „gigantische Rechtsabteilung mit angeschlossener Bank“ bezeichnet. Seit 2009 hat die Deutsche Bank insgesamt rund 7,3 Milliarden Dollar, umgerechnet etwa 5,4 Milliarden Euro, für Vergleiche und Strafen zahlen müssen.

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